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EU wäre durch Lebensstiländerung zehn Jahre früher klimaneutral

Verhaltensänderungen können uns näher zu Klimazielen bringen - etwa der Umstieg auf Elektroautos und Co.
Verhaltensänderungen können uns näher zu Klimazielen bringen - etwa der Umstieg auf Elektroautos und Co. ©Pexels/Mike (Sujet)
Für das EU-Ziel einer vollständigen Dekarbonisierung bis 2050 sind definitiv strukturelle Veränderungen notwendig. Wie man das zehn Jahre früher erreichen könnte, zeigen Forscher mit dem Klimamodellrechner "EU Calculator".
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Denn auch Änderungen im Lebensstil seien entscheidend und könnten dazu beitragen, die EU schon 2040 - und damit zehn Jahre früher als geplant - klimaneutral zu machen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam, darunter Hannes Warmuth von der ÖGUT, in einer im Fachjournal "Environmental Research Letters" veröffentlichten Arbeit.

Simulationsmodell zu Europas CO2-Ausstoß zeigt Echtzeit-Ergebnisse

Die Wissenschafter um Luis Costa vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) haben für ihre Berechnungen den "EU Calculator" verwendet. Dieses im Vorjahr vorgestellte Simulationsmodell zu Europas CO2-Ausstoß wurde von einem Forscherteam aus neun europäischen Ländern, darunter die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), in drei Jahren entwickelt. Den Forschern zufolge hat der Klimamodellrechner gegenüber anderen derartigen Plattformen die Vorteile, Echtzeit-Ergebnisse zu liefern und vollkommen transparent zu sein.

Mit Lebensstiländerungen dem Klimawandel entgegenwirken

"Wir haben nun mit dem 'EU Calculator' untersucht, ob alle Klima-Hoffnungen auf technologischen Innovationen beruhen oder wie sehr man auch mit Lebensstiländerungen dem Klimawandel entgegenwirken kann", erklärte Warmuth gegenüber der APA. Die Conclusio der Forscher: "Wenn man sowohl beim Lifestyle, als auch bei der Technologie im Klimamodellrechner an den Stellschrauben ambitioniert - aber durchaus machbar - dreht, dann ist das Erreichen des Klimaziels sogar bis 2040 machbar. Andernfalls nicht."

Mit dem Klimamodellrechner konnten die Wissenschafter auch den Einfluss von Verhaltensänderungen auf die Zielerreichung im Vergleich zu technologischem Fortschritt und Entwicklung quantifizieren. "Mit rund 20 Prozent der gesamten erforderlichen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen ist das durchaus ein erheblicher Beitrag", so Warmuth. Daraus ergebe sich auch der Vorteil, auf den Einsatz von teuren und riskanteren Technologien wie CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) oder Atomkraft weitestgehend verzichten zu können, um eine Netto-Null bei den Emissionen zu erreichen.

Klimafreundliche Verhaltensänderungen: Mobilität hat stärksten Einfluss

Den stärksten Einfluss unter den klimafreundlichen Verhaltensänderungen hat dem Wissenschafter zufolge der Bereich der Mobilität, "vor allem wie wir uns fortbewegen" - also etwa Fahrgemeinschaften im Auto, der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bzw. auf das Fahrrad bei kurzen Distanzen oder weniger Fernreisen. Aber auch der Umstieg auf E-Autos, Gebäudesanierungen, ein angepasster Ernährungsplan mit weniger Fleischkonsum oder eine klimafreundliche Landwirtschaft mit weniger Einsatz von Pestiziden und synthetischem Dünger sind nur ein paar von zahlreichen Beispielen für Änderungen im Lebensstil - ein Bereich, der laut Warmuth bei der Modellierung von Klimaszenarien lange Zeit vernachlässigt worden sei.

Entscheidungsträger müssten Voraussetzungen schaffen

Jedenfalls würden die Bewältigung der Energie- und Klimaprobleme mehr Wissen über das Verhalten und darüber erfordern, wie menschliche und Verhaltensaspekte in die Politik integriert werden können. Bürger und Gemeinden müssten eine wichtige Rolle in Plänen und Strategien von Regierungen spielen, um die Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Die Entscheidungsträger müssten auch die Voraussetzungen für Verhaltensänderungen schaffen, etwa ein ausreichend dichtes Netz von Ladestationen für den Umstieg auf E-Autos.

Berechnungen für EU, Großbritannien und Schweiz erfolgt

In der Arbeit wurden die Berechnungen für die EU, Großbritannien und die Schweiz durchgeführt. Warmuth betont allerdings, dass es keine Einheitslösung gibt: Bürger seien keine einheitliche Gruppe, sondern heterogen. Faktoren wie Alter, Geschlecht, Einkommen und Bildung würden Einstellungen und Verhalten beeinflussen und müssten bei der Gestaltung von Richtlinien berücksichtigt werden. Erkenntnisse aus einem Land seien nicht immer auf andere übertragbar und auch kulturelle Unterschiede seien wichtig.

Das ist mit ein Grund, dass die Wissenschafter nun an einer Erweiterung des "EU Calculator" arbeiten: In einem soeben gestarteten Projekt wird gemeinsam mit rund zehn europäischen Kommunen an einem "Städte-Calculator" gearbeitet.

Hier geht es zur genannten Publikation und hier finden Sie den "EU Calculator".

(APA/Red)

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