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Das bringt die neue Saison im Wiener Rabenhof Theater

Für Thomas Gratzer ist das ökonomische Überleben nach dem Corona-Lockdown das Wichtigste.
Für Thomas Gratzer ist das ökonomische Überleben nach dem Corona-Lockdown das Wichtigste. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Ohne große Neuproduktionen wird das Wiener Rabenhof Theater coronabedingt in der neuen Saison auskommen müssen. Dafür will man mit "Rabenhof@VIENNA OUTBACK" raus aus dem Gemeindebau und rein in die Flächenbezirke Floridsdorf, Kagran und Liesing gehen.

Das Wiener Rabenhof Theater startet am 12. September mit der Präsentation des ersten Buches von Manuel Rubey in seine neue Saison. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht verkündet Direktor Thomas Gratzer im APA-Gespräch: "Es gibt keine wirklich großen eigenen Neuproduktionen. Denn das Wichtigste ist jetzt das ökonomische Überleben. Was uns jetzt rettet, ist unser großes Repertoire."

Rabenhof Theater 2020/21 ohne große eigene Neuproduktionen

Größere, personalintensive Produktionen des Repertoires müssen allerdings ebenso "auf bessere Zeiten verschoben" werden wie die angedachten Neuproduktionen mit Stücken von Sibylle Berg und Stefanie Sargnagel oder die beliebten musikalischen Revuen. Immerhin: Die Kindertheater-Produktion "König Drosselbart", die knapp vor der Premiere von Corona-Shutdown kalt erwischt wurde, wird ab 11. März nachgeholt. Aufgrund der Corona-Pandemie musste am 10. März eine Saison abgebrochen werden, die bis dahin rekordverdächtig war. Bis dahin 52.000 Besucher von 195 Vorstellungen bescherten zu diesem Zeitpunkt dem Haus eine Auslastung von 91,43 Prozent.

Danach wurde die Reichweite zwar nochmals ordentlich gesteigert, der Jubel des Rabenhof-Chefs fällt dennoch eher verhalten aus. Denn die knapp 150.000 Zuhörer, die auf FM4 das Lesungsprojekt von Camus' "Die Pest" verfolgten, und die wöchentlich zwischen 70.000 und 80.000 Zugriffe auf die TV-Show "Abgesagt? Angesagt!" auf dem Stadtsender W24 waren für Gratzer "ein tolles Marketing-Tool, das dem Image viel gebracht hat", brachten aber dem Haus keine Einnahmen. Immerhin ist er stolz, dass das von der Stadt Wien initiierte Projekt, das Künstlern Präsenz und Gage sicherte, innerhalb von zehn Tagen auf die Beine gestellt zu haben. "Ich hatte in der Dimension Fernsehen ja noch nicht gemacht." Am Mittwoch wurden die letzten beiden von insgesamt 16 Sendungen, an denen an die 100 Künstler beteiligt waren, geschnitten. "Weil alle sehr happy damit waren, die Stadt, der Sender und die Künstler, ist das Projekt gleich zweimal verlängert worden."

Von über 50 Mitarbeitern mussten im Rabenhof 30 in Kurzarbeit geschickt werden, konkrete Zahlen über die finanzielle Corona-Bilanz könne man frühestens Ende August vorlegen, sagt Thomas Gratzer, der den Einnahmenentfall aber auf zwischen 400.000 und 450.000 Euro schätzt. Zu Hilfe kommt dem Rabenhof, dass mit der heurigen Saison die Stadt Wien ihre Subvention von 0,9 auf 1,1 Mio. Euro angehoben hat ("Das war längst überfällig."), dennoch müssen in dem Theater mit normalerweise 65-prozentiger Eigendeckung derzeit Vorgriffe auf kommende Subventionen getätigt werden. "Jetzt kommt's darauf an, wie es im Herbst wird." Nach derzeitigen Indoor-Regeln bekäme man im Rabenhof nur rund 145 statt 295 Besucher unter, rechnet Gratzer vor - was eine Auslastung von maximal 50 statt der benötigten 80 Prozent ergäbe. Auch atmosphärisch sei das verheerend: "Theater mit Maske, auf Abstand, ohne Bar und ohne den sozialen Aspekt als Gesamtpaket ist fragwürdig!"

Die Highlights der kommenden Saison

Zu den potenziellen Highlights der nächsten Saison zählen eine Neuinterpretation des legendären "Der Herr Karl" von Andreas Vitasek ("Das ist ein ganz wichtiges Projekt. Die ganze Geschichte mit den Blockwarten ist ja bei Corona in anderer Form wiedergekommen."), die am 20. Oktober Premiere haben soll, zwei Programme mit Christian Dolezal ("Buh!" mit Christoph Grissemann und das Solo "Herzensschlampereien"), die Austropop-Hommage "Keine Angst!" mit Katharina Straßer (Premiere: 10. November) sowie die "Welturaufführung eines noch unveröffentlichten pornografischen Textes von Felix Salten" mit dem Titel "Albertine" (Premiere: 7. April 2021).

Außerdem geht das Rabenhof Theater raus aus dem Gemeindebau und rein in die Flächenbezirke Floridsdorf, Kagran und Liesing. Unter dem Titel "Rabenhof@VIENNA OUTBACK" wird man in der nächsten Saison die dortigen Häuser der Begegnung mit ausgewählten Acts wie Stermann & Grissemann, Ernst Molden, Katharina Straßer oder Maschek bespielen. "Wir wollen schauen, ob sich unser Schmäh dort ausgeht. Außerdem können wir unseren Künstlern zumindest dort auch unter Beschränkungen jene Anzahl von Zuschauern anbieten, die sie von uns gewöhnt sind. Das sind ja richtige Hallen..."

Kogler für Rabenhof-Direktor "eine große Enttäuschung"

Und was hält Thomas Gratzer von den derzeitigen kulturpolitischen Akteuren? Für die politischen Player der Stadt, vom Bürgermeister über den Finanzstadtrat bis zur Kulturstadträtin ist er voll des Lobes: "Die haben ein echtes Bekenntnis zur Kultur abgelegt!" Im Bund sei dagegen nach der "Fehlbesetzung" Ulrike Lunacek nun Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) "die einzige Hoffnungsträgerin. Denn Vizekanzler Werner Kogler ist als Kunstminister für mich eine große Enttäuschung."

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

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