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Darum ist Putin so unbeliebt - auch in Russland

Putins Probleme häufen sich.
Putins Probleme häufen sich. ©AP
Die Popularität von Kremlchef Wladimir Putin in Russland schwindet zusehends.
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Grund dafür ist laut der britischen Investigativ-Journalistin Catherine Belton die Teilmobilisierung, die der russische Präsident "eigentlich nicht wollte". Seien am Anfang des Ukraine-Krieges vor allem ethnische Minderheiten des Riesenreiches im Einsatz gewesen, so würden jetzt auch jetzt auch junge Russen rekrutiert, erklärte die Autorin und Russland-Expertin im APA-Interview.

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Lediglich ältere Russen seien mehrheitlich bereit, in den Krieg zu ziehen, meinte die Autorin des Bestsellers "Putins Netz". Diese seien aber oft schlecht trainiert und auch nicht derart motiviert wie ihre Gegner, die Ukrainer, die für die Freiheit ihres Landes kämpften. Da nun das eigene Leben vieler Russen bedroht sei, wachse der Widerstand zusehends. Die Menschen hätten jetzt die Entscheidung, entweder gegen den Krieg aufzustehen, zu protestieren und dafür möglicherweise ins Gefängnis zu wandern, oder in die Ukraine geschickt zu werden und dort eventuell zu fallen. Notwendig sei die unbeliebte Teilmobilisierung geworden, weil auf russischer Seite immer mehr Verluste zu beklagen seien. Belton sprach von mittlerweile bis zu 40.000 gefallenen Russen - sie bezog sich dabei auf Angaben des britischen Außenministeriums.

Ukraine wehrfähiger als gedacht

Zu Beginn des Krieges hätte niemand auf russischer Seite gedacht, dass sich die Kämpfe derart in die Länge ziehen würden, viele meinten sogar, dass es nach dem russischen Einmarsch lediglich ein paar Tage dauern würde, bis der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zurücktreten und die Ukraine besiegt sein werde. Es zeigte sich aber, dass die Ukraine - auch dank westlicher Hilfe - viel wehrfähiger als gedacht sei. Außerdem gebe es in der russischen Armee zahlreiche Probleme wie Korruption, mangelnde Ausrüstung und schlechte Logistik.

Schwindende Unterstützung

Ein weiteres Problem für den Kreml sei, dass die Unterstützung seitens Chinas und Indiens schwinde und es im Inlandsgeheimdienst FSB, der "einzigen Institution, die noch funktioniert", so Belton, "patriotische Kräfte" gebe, die Putin als zunehmende Gefahr für ihr Land sähen. Dort gebe es durchaus Leute, welche sich nach einem Regimewechsel eine erneute Kooperation mit dem Westen bis hin zu einer verstärkten Integration vorstellen könnten. Auch viele junge Russen hegten Hoffnungen, dass sich die Beziehungen zu Europa und den USA wieder normalisierten.

Mit den immer wieder auftretenden Gaslieferstopps nach Europa solle der Druck auf die dortige Bevölkerung erhöht werden, sagte Belton. Die Drohung mit Atomwaffen diene dazu, Angst auszulösen. Ziel des Kremls sei es, die Einigkeit der Europäer zu unterlaufen, auch durch vermehrte Streuung von Desinformation in sozialen Netzen. So sei es auch die Erzählung Moskaus, dass die USA vom Krieg profitieren würden. Das sei aber nicht der Fall, denn auch dort würden die Energiepreise steigen, außerdem würde die Unterstützung Kiews Unsummen verschlingen. In Europa sei es notwendig, erklärte Belton, die Menschen wegen der rasant steigenden Energiepreise zu unterstützen und die Energieimporte nach Europa zu diversifizieren.

Weitere Ansprüche

Von Verhandlungen mit Putin "nach seinen Vorstellungen" riet Belton ab. Denn es sei zu befürchten, dass der Kremlchef danach nicht aufhöre, weitere Ansprüche, etwa auf das Baltikum oder andere europäische Territorien zu stellen. Die Rede Putins am Freitag bezeichnete sie als "extrem", offenbar habe sich dieser während der coronabedingten "Isolation" radikalisiert. Deshalb teilte Belton Bedenken, dass es nach Putin noch schlimmer werden könnte, nicht unbedingt.

(APA)

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