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Corona und Ukraine-Krieg dämpfen Konjunktur noch länger

Corona-Pandemie versetzt Österreichs Konjunktur noch über Jahre hinweg einen Dämpfer, geht aus WIFO-Mittelfristprognose hervor.
Corona-Pandemie versetzt Österreichs Konjunktur noch über Jahre hinweg einen Dämpfer, geht aus WIFO-Mittelfristprognose hervor. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg dämpfen die österreichische Konjunktur noch über Jahre hinweg, wie aus der aktuellen Mittelfristprognose des WIFO für 2022 bis 2026 hervorgeht.

Heuer wächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 4,3 Prozent, in den vier Jahren danach aber nur noch um die 1,5 Prozent, also um rund zwei Drittel schwächer.

Prognose: Aussichten für Wirtschaftswachstum schwächen sich ab

Infolge des Krieges und der COVID-19-Pandemie schwächen sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum heuer ab der zweiten Jahreshälfte markant ab, heißt es in der Prognose. Für 2023 wird aktuell ein BIP-Zuwachs von nur noch 1,6 Prozent geschätzt - das ist um einen halben Prozentpunkt weniger als das WIFO heuer im März erwartet hatte.

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Entwicklung bei Inflation

Die Inflation springt heuer aus Sicht der Wirtschaftsforscher auf einen Rekordwert von knapp 8 Prozent hoch. Doch für den Fall, dass es "über den Winter nicht genug Gas gibt", hatte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr für 2022 kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung in Berlin sogar eine doppelt so hohe Inflationsrate als Möglichkeit in Aussicht gestellt.

Beruhigung bei Teuerung?

In den Jahren darauf soll sich die Teuerung den Prognosen des WIFO von heute, Dienstag, zufolge auf 5,3 Prozent (2023) und dann weiter auf 3,5 Prozent (2024) bzw. 2,7 Prozent (2025) und 2,5 Prozent (2026) deutlich beruhigen.

Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie

Der Ukraine-Krieg und die Pandemie "verstärken und verlängern den bereits seit 2021 globalen beobachtbaren kräftigen Preisauftrieb massiv", hielten die Wirtschaftsforscher in ihrem Update der mittelfristigen Prognose der österreichischen Wirtschaft 2022 bis 2026 fest.

Getragen wird dieser "vor allem von stark steigenden Energie-, Rohstoff- und Vorproduktpreisen sowie einem markanten Anstieg der Transportkosten aufgrund von Kapazitätsengpässen und daraus resultierenden Lieferverzögerungen". Zusätzlich bewirkten die Knappheit von Getreide auf dem Weltmarkt aufgrund des Ukraine-Krieges und die gestiegenen Produktionskosten (Treibstoffe, Dünger) "starke Preisanstiege bei Nahrungsmittel".

Arbeitsmarkt-Entwicklung

Der Arbeitsmarkt sollte sich derweil relativ stabil entwickeln, mit einer Arbeitslosenrate von 6,3 Prozent 2022 und 2023, einem marginalen Rückgang auf 6,2 Prozent in den Jahren 2024 und 2025 sowie auf 6,1 Prozent im Jahr 2026. Ab 2023 beträgt der durchschnittliche Zuwachs der Beschäftigung den Konjunkturexperten zufolge 0,9 Prozent pro Jahr.

Die Arbeitnehmer in Österreich sind heuer mit einem Reallohnverlust pro Kopf von fast 4 Prozent konfrontiert. Insbesondere aufgrund der um etwa ein Jahr verzögerten Lohnindizierung und des Rückgangs der Inflation im Prognosezeitraum würden die Reallöhne von 2023 bis 2026 "voraussichtlich um 1,3 Prozent bis 0,5 Prozent pro Jahr steigen", wenn auch mit einer rückläufigen Tendenz. Für die nominelle Bruttolohn- und Gehaltssumme ergebe sich aus der Entwicklung der Beschäftigung, der Reallöhne pro Kopf und der Inflation ein abnehmender Zuwachs von 7,8 Prozent (2023) auf 3,8 Prozent im Jahr 2026.

Die Prognose berücksichtigt den Angaben zufolge das Inkrafttreten der ökosozialen Steuerreform 2022/2024 zum 1. Jänner 2022, die drei Maßnahmenpakete zur Abfederung des Kaufkraftverlustes durch die hohe Inflation sowie zusätzliche Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen aus der Ukraine. Darüber hinaus wird von einer "deutlichen Straffung der Geldpolitik" ausgegangen, wodurch die langfristigen Zinssätze in Österreich ab Mitte des Prognosezeitraumes ein Niveau von 4,5 Prozent erreichen würden - das sind um 3 Prozentpunkte mehr als noch in der März-Prognose angenommen. In der Folge nehme damit der Zinsendienst für die Staatsschulden stärker zu.

Budgetdefizit

Durch die Mindereinnahmen bzw. höheren Ausgaben der öffentlichen Hand fällt 2022 das Budgetdefizit laut WIFO mit 3 Prozent des nominellen BIP um gut einen halben Prozentpunkt höher aus als noch im März erwartet. Durch den Ausgleich der kalten Progression ab dem Jahr 2023 kumulierten sich die Einnahmenausfälle. Zum Ende der Prognoseperiode werden eine Defizitquote von 1,4 Prozent (plus 1 Prozentpunkt gegenüber der WIFO-Prognose vom März 2022) und eine Staatsschuldenquote von gut 69 Prozent erwartet.

Die vorliegende mittelfristige Prognose geht von einem - relativ - positiven Szenario aus. So seien für Österreich und die wichtigsten Handelspartner wie etwa China ab dem zweiten Halbjahr 2022 keine weiteren nennenswerten Beschränkungen der wirtschaftlichen Aktivität aufgrund der COVID-19-Pandemie unterstellt. Weiters basiert die Prognose auf der Annahme, dass die Erdgas- und Rohöllieferungen aus Russland bzw. Kasachstan "nicht dauerhaft eingeschränkt werden".

Lockdown wegen Corona-Varianten?

Die Pandemie und insbesondere der Ukraine-Krieg "bedingen für die ersten Jahre der Prognose bedeutende Abwärtsrisiken". Das Auftreten neuer, gefährlicherer Varianten des SARS-CoV-2-Virus, im Besonderen solcher, vor denen die bisher verabreichten Impfungen keinen Schutz bieten, könnte im Herbst 2022 und Anfang 2023 erneut zu Lockdowns und Lieferengpässen führen und die künftige Wirtschaftsentwicklung deutlich dämpfen.

Darüber hinaus könnte eine weitere Eskalation des Ukraine-Krieges zu einer Ausweitung der EU-Sanktionen auf russische Energierohstoffe führen. "Im Falle eines Erdgaslieferstopps bzw. eines Embargos würde die europäische Wirtschaft in eine Rezession schlittern", stellen die Wirtschaftsforscher klar. Sollte Russland die Rohöllieferungen von Kasachstan nach Österreich dauerhaft behindern bzw. gänzlich unterbinden, würde das die Rohölversorgung verteuern. Gleichzeitig würde die Inflation höher ausfallen als in der Prognose unterstellt.

Russlands Anteil an Erdgasimporten

Der Anteil Russlands an den gesamten Erdgasimporten sei in Österreich deutlich höher als z. B. in Deutschland (2021: Österreich 86 Prozent, Deutschland knapp 40 Prozent). Für ein Binnenland, das stärker von Pipeline-Lieferungen abhängig ist, sei es schwieriger Versorgungsengpässe durch andere Bezugsquellen zu kompensieren.

Auch eine Kompensation von Erdgas durch andere Energieträger gestaltet sich in Österreich schwieriger, da der in Gaskraftwerken erzeugte Strom kaum durch eigene Kohle- und vor allem nicht durch Atomkraftwerke ersetzt werden könne. Damit ist in der heimischen energieintensiven Industrie und in der Strom- und Fernwärmeerzeugung im Falle eines Lieferstopps mit einem stärkeren wirtschaftlichen Einbruch zu rechnen als in Deutschland.

Ein Eintreten der Abwärtsrisiken würde dazu führen, dass die österreichischen Ausfuhren schwächer und die Inputkosten höher ausfielen als in der Prognose unterstellt. "Das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung sowie das Abgabenaufkommen in Österreich würden schwächer, die Staatsausgaben tendenziell höher ausfallen als angenommen."

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(APA/Red)

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