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Conchita Wurst als "missing link" für mehr Toleranz und Respekt

Conchita Wurst ist weit mehr als nur eine Kunstfigur.
Conchita Wurst ist weit mehr als nur eine Kunstfigur. ©EPA
Conchita Wurst und ein junges Song Contest-affines Publikum haben Homosexuellen und Transgender-Personen Toleranz, Akzeptanz und Respekt verschafft. "Das ist das, was die Politik in Österreich nie wollte", konstatierte Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International (AI) Österreich.
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Conchita Wurst sieht er als “missing link” zu jahrelanger Arbeit von Organisationen mit demselben Ziel.

Im internationalen Vergleich stehe Österreich in Sachen Anti-Diskriminierung Homosexueller gar nicht schlecht da, konzediert Patzelt, “aber es gab keine vorausschauenden Gesetze. Änderungen wurden durchgeführt, weil Europäische Höchstgerichte Bestimmungen aufgehoben haben”, bemängelte der AI-Generalsekretär. “Vor einer kleiner werdenden Retro-Gruppe fürchtet sich die Regierung mehr als vor einem rasant größer werdenden Teil der Bevölkerung, der kein Problem mit Homo- und Bisexuellen oder Transgender-Personen hat.”

“Building Bridges”-Motto “gut gemeint, aber …”

“Für gewöhnlich bemüht sich jede Partei, bei jungen Zukunftsträgern zu punkten. Nur hier ist es offenbar wichtiger, was 70-Jährige denken als was 17-Jährige meinen”, sagte Patzelt. Das diesjährige Motto des Eurovision Song Contests (ESC) “Building Bridges” sieht er kritisch: “Es ist sicher gut gemeint, aber da brauche ich keine Brücke mehr, außer für Seniorenvereine und Religionsgemeinschaften.”

Dennoch hat Österreich nach Amnesty-Überzeugung noch einiges zu erledigen. “Ein Hotelier darf ungestraft sagen, ich vermiete nicht an Schwule”, führte Patzelt als Beispiel an. “Da muss man ganz klar die ÖVP vor den Vorhang zerren, die darin eine ideologisch akzeptable privatautonome Entscheidung sieht und verteidigt. Wenn ein Hotelier sagt, ich vermiete nicht an einen Fremden oder einen Schwarzen, steht er vor Gericht.”

Ehe für alle durchfechten

Bei eingetragenen Partnerschaften für Homosexuelle hat sich Österreich nach Ansicht Patzelts ein “hochliberales Kuckucksei geschaffen”. Seiner Überzeugung nach müsste es die Möglichkeit einer Ehe für alle oder einer eingetragenen Partnerschaft als Alternative ebenfalls für alle geben. “Irgendwann wird das am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durchgefochten werden”, sagte der AI-Generalsekretär.

Dass ein Doppelname im Fall einer eingetragenen Partnerschaft im Gegensatz zur Ehe nicht durch Bindestrich verbunden wird und sich daraus die sexuelle Orientierung ablesen lässt, sieht Patzelt als Zugeständnis an eine “reaktionäre Verwaltung auf einem lächerlichen Rückzugsgefecht”. Will ein Betroffener dies ändern, steht er vor einem Berg an Problemen: Laut Patzelt braucht er einen – unüblichen – schriftlichen Bescheid des Verwaltungsbeamten, auf dessen Basis er sich bis zum Verwaltungsgerichtshof durchkämpfen könnte, der die Rechtsfrage an den Verfassungsgerichtshof weiterreichen würde. Im Fall eines für den Beschwerdeführers ungünstigen Ergebnisses könnte dieser den Gerichtshof für Menschenrechte befassen. “Mit einer Verfahrensdauer von drei bis fünf Jahren und Kosten von 10.000 bis 20.000 Euro wären zu rechnen”, sagte Patzelt.

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(APA/Red.)

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