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Choreograf van Manen will keine "Soldaten" als Tänzer

Hans van Manen äußerte sich ebenfalls zur aktuellen Thematik an der Wiener Staatsoper.
Hans van Manen äußerte sich ebenfalls zur aktuellen Thematik an der Wiener Staatsoper. ©ABD0008_20190410 - M†NSTER - DEUTSCHLAND: ++ ARCHIVBILD/THEMENBILD ++ BallettschŸlerinnen machen am Donnerstag (24.02.2011) in einer Ballettschule TanzŸbungen. Illustration zum Thema " VorwŸrfe gegen die Ballettakademie der Wiener Staatsoper". (ARCHIVBILD VOM 24.2.2011) - FOTO: APA/DPA/FRISO GENTSCH
Der Choreograf Hans van Manen, äußerte sich ebenfalls zu den schweren Vorwürfen gegen die Wiener Ballettakademie.
"Wir haben zu spät reagiert"
Vorwürfe gegen Ballettakademie
Solotänzer äußern sich

Für seine Ballette geht er “von den Tänzern aus”, sagt Hans van Manen. Während in Wien ein Skandal um unmenschlichen Drill in der Ballettakademie tobt, betont der 86-jährige Choreograf, dessen moderne Klassiker “Trois Gnossiennes” und “Solo” am Sonntag an der Wiener Staatsoper Premiere haben, im APA-Gespräch: “Tänzer, die ausgebildet sind wie Soldaten, interessieren mich absolut nicht.”

Neben der guten Technik, die Voraussetzung sei, sucht van Manen, einer der nachhaltigsten Erneuerer des klassischen Balletts, für seine Kreationen nach “starken Persönlichkeiten”. “Ich brauche jemanden, der bereit ist, ein Risiko einzugehen. Erst dann sehe ich, ob meine Ideen funktionieren. Und nur das Risiko ist auf der Bühne interessant.” Das gelte im Übrigen nicht nur für die Solisten, sondern auch und gerade für das Corps de Ballet.

Schule in Wien könne er nicht beurteilen

Eine Ausbildung, die angehende Tänzer über Drill und Demütigungen klein statt selbstbewusst mache, sei daher völlig kontraproduktiv. Die Schule in Wien könne er nicht beurteilen, aus seiner Erfahrung mit dem niederländischen Nationalballett allerdings berichten: solche Probleme kenne er nicht. “In einer guten Compagnie und in einer guten Ausbildung gilt: Am besten ist das eine weitgehend demokratische Sache, wo der Einzelne gestärkt wird”, so Van Manen, der mit dem Nederlands Dans Theater auch eine der wichtigsten Compagnien für zeitgenössisches Repertoire mitbegründet hat.

“Die Tänzer sind zuerst da. Dann kommt die Musik, dann arbeiten wir gemeinsam”, beschreibt der Choreograf den Schaffensprozess. 36 Jahre alt ist “Trois Gnossiennes”, ein Pas de deux, der aus einer Reihe von fünf Stück als einziger heute noch aufgeführt wird. “Er ist übrig geblieben”, so Van Manen lachend. Weil seine Stücke in so enger Abstimmung mit den Tänzern entstehen, sind sie durch eine Neueinstudierung – zumal von einer anderen Generation – naturgemäß starken Veränderungen unterworfen. “Zehn große Pianisten spielen Beethoven auf eine völlig andere Weise und ändern dabei doch keine einzige Note.” So blieben auch die Schritte in seinen Kreationen exakt gleich und fänden doch in jeder neuen Tänzerpersönlichkeit “eine ganz neue Interpretation.”

Choreograf verbindet zwei Werke mit Vorreitern des modernen Tanzes

Neben “Trois Gnoissiennes” wird auch “Solo” zu Musik von Johann Sebastian Bach geboten – am Haus bereits im Rahmen einer “Nurejew-Gala” zu sehen. Das “Solo” bezieht sich dabei eher auf die Musik, die den Solopartiten für Violine entspringt, getanzt wird das Stück dagegen von gleich drei Männern. Die männliche und die weibliche Rolle – im klassischen Ballett zumeist mit zahllosen Konventionen verbunden – sind und waren bei Van Manen allerdings stets absolut gleichwertig, eine der vielen zentralen Neuerungen des Ballettdenkens, mit denen sein Name eng verbunden ist.

Kombiniert werden seine Werke mit zwei weiteren wesentlichen Vorreitern des modernen Tanzes: William Forsythe und Jiri Kylian. Der US-Amerikaner Forsythe, heute 63 Jahre alt, etablierte sich als Ballettdirektor in Frankfurt als einer der wesentlichsten Choreografen der Ballettmoderne – mit seinen streng formalen, flächigen Arbeiten, zu deren frühen Beispielen die “Artifact Suite” aus 1984 zählt. Beschlossen wird der Abend von Kylians “Psalmensymphonie”, mit dem Entstehungsjahr 1978 das älteste der Werke – zu diesem Zeitpunkt war Kylian (72) ebenfalls Leiter des Nederlands Dans Theater.

Zur Riege der “fantastischen Tänzer, fantastischen Direktoren und fantastischen Choreografen” zählt für Hans van Manen jedenfalls auch Martin Schläpfer, der designierte Ballettdirektor der Wiener Compagnie in der 2020 beginnenden Direktionszeit von Bogdan Roscic. “Ich arbeite seit Jahrzehnten mit ihm”, schwärmt van Manen. “Egal wo er hinkam, hat er nach kürzester Zeit nicht nur begeistert, sondern wirklich ein oftmals ganz neues Publikum herangebildet. Er wird in Wien sicherlich vieles verändern. Es wird blühen.”

(APA/Red)

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