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Cap, Lopatka, Moser: Prominente Abgeordnete werben um Vorzugsstimmen

Kleine Goodies: Auch immer dabei beim direkten Werben um Vorzugsstimmen
Kleine Goodies: Auch immer dabei beim direkten Werben um Vorzugsstimmen ©APA
Um ihr Mandat zu behalten, zieht es einige bekannte Abgeordnete auf die Straße, um für Vorzugsstimmen zu werben.
Was die Vorzugsstimmen bringen

 Sowohl Josef Cap (SPÖ), Gabriela Moser (Grüne) als auch Reinhold Lopatka (ÖVP) versuchen mit diesen Mitteln, die Gunst der Wähler zu erhalten.

Politische Prominenz wirbt um Vorzugsstimmen bei NR-Wahl

Lopatka ist bei Weitem nicht der einzige ÖVP-Kandidat, der die Wähler von sich persönlich zu überzeugen versucht. Zahlreiche Kandidaten – viele aus der Jungen Volkspartei – sehen heuer die Chance, mit Vorzugsstimmen in das Hohe Haus zu kommen. Sie haben es leichter als die Bewerber der anderen Parteien. Denn in der ÖVP gelten parteiintern wesentlich niedrigere Hürden für die Vorreihung – und in Niederösterreich und im Burgenland werden die Mandate in der ÖVP überhaupt nach der Zahl der Vorzugsstimmen vergeben.

Kein Geld für persönlichen Wahlkampf, dafür gratis Sachleistungen

Wie viele schwarz-türkise Kandidaten darum laufen, konnte die ÖVP – auf APA-Anfrage – jedoch nicht sagen. Geld für ihren persönlichen Wahlkampf werde ihnen jedenfalls nicht zur Verfügung gestellt. Es gebe jedoch gratis Sachleistungen wie etwa personalisierbare Folder. Über die Landesparteien bekommen die Kandidaten auch generelle türkise Werbemittel wie kleine Sackerl mit Apfelchips oder Pez-Zuckerl. Außerdem stehen für die Online-Wahlwerbung personalisierbare Grafiken, beispielsweise ein Vorzugsstimmenemblem oder ein Facebook-Titelbild, als Download bereit. Die Corporate Identity-Elemente sind über einen für die Kandidaten freigeschalteten Online-Shop erhältlich, wodurch ein einheitlicher grafischer Auftritt erreicht wird. Eine komplette, fertige Homepage wird den Wahlwerbern nicht angeboten.

In der Steiermark gelten VP-intern noch etwas niedrigere Hürden: Im Wahlkreis braucht ein Kandidat nur sechs Prozent (ÖVP sonst sieben, gesetzlich 14) für die Vorreihung. Somit sieht sich der bisherige ÖVP-Klubobmann Lopatka gezwungen, kräftig für sich zu werben. Er ist zwar im Wahlkreis Oststeiermark Listenerster, aber auf keiner anderen Liste abgesichert. Und der Listendritte, der Gleisdorfer Bürgermeister Christoph Stark, will über Vorzugsstimmen den Nationalrat erobern.

Cap auf Straßenfesten, Flohmärkten und in Lokalen in Wien unterwegs

Auch Cap duelliert sich mit einer Parteikollegin – aber in diesem Fall ist der frühere SPÖ-Klubobmann (der 1983 über Vorzugsstimmen in den Nationalrat kam) der Zweitgereihte, dem der Abschied droht. Vor ihm steht im Wiener Wahlkreis Nord-West Nurten Yilmaz. Da Cap auf Straßenfesten, Flohmärkten und in Lokalen in den Bezirken Ottakring, Hernals, Währing und Döbling fleißig für sich wirbt, ist Yilmaz ebenfalls auf vielen wahlkampftauglichen Veranstaltungen zu sehen.

Vorzugsstimmen sind auch die Hoffnung der SPÖ-Jugend – stehen doch deren Vorsitzende, die bisherige Abgeordnete Katharina Kucharowits (Junge Generation) und Julia Herr (Sozialistische Jugend), so weit hinten auf der Bundesliste (Platz 14 bzw. 16), dass sie nur bei günstigem Wahlausgang und im – nicht recht sicheren – Fall der Regierungsbeteiligung zum Zug kommen könnten. Von noch viel weiter hinten – Platz 421 – versucht Gemeinderat Josef Thoma aus dem niederösterreichischen Obritzberg-Rust den Sprung vor den Listenersten Christian Kern.

Vorzugsstimmen-Wahlkämpfe  bei Grünen und NEOS eher verpöhnt

Bei den Grünen und den NEOS werden die Listenplätze über interne Wahlen vergeben, somit sind Vorzugsstimmen-Wahlkämpfe eigentlich eher verpönt. Eine – seit dem Korruptions-U-Ausschuss prominente – Grüne versucht dennoch, auf diesem Weg die Listenreihung (sie ist nur dritte im Land Oberösterreich und zweite im Wahlkreis Linz) zu kippen: Gabriela Moser bemüht sich, unterstützt von der oberösterreichischen Landesspitze, um den Verbleib im Parlament. Diese Möglichkeit haben die Grünen auch Peter Pilz angeboten, als er nicht auf den gewünschten Listenplatz gewählt wurde – aber dieser entschloss sich, lieber mit einer eigenen Liste anzutreten.

Vorzugsstimmen brachten bisher nur vier Bewerbern ein Mandat

Vorzugsstimmen haben bisher nur vier Abgeordneten tatsächlich zu ihrem Mandat verholfen – obwohl Wähler seit mehr als 45 Jahren die Möglichkeit haben, damit die Partei-Listen auf den Kopf zu stellen. Noch am meisten genützt wird sie auf Ebene der Regionalwahlkreise, 2013 von mehr als einem Viertel der Wähler. Aber in der Regel bekamen die ohnehin Erstgereihten genug Nennungen. Der Erste, der über Vorzugsstimmen ins Parlament kam, war 1983 Josef Cap – und er versucht heuer, sein SPÖ-Mandat trotz aussichtslosem Listenplatz auf diesem Weg zu behalten. Bei seinem Einzug galt noch das alte Wahlpunkte-Modell.

Ab 1992: Vorzugsstimmen in Land und Regionalwahlkreisen

Die Wahlrechtsreform 1992 brachte Vorzugsstimmen in Land und Regionalwahlkreisen – aber auch damit bekamen nur drei eigentlich aussichtslos gereihte Bewerber, alle von der ÖVP, ein Mandat. 1999 holte sich Gerhart Bruckmann mithilfe des ÖVP-Seniorenbundes das für Generalsekretärin Maria Rauch Kallat vorgesehene Mandat in einem WienerRegionalwahlkreis. 2002 brachte der burgenländische Landwirt Franz Glaser den ÖAABler Paul Kiss um die Wiederwahl – ebenfalls in einem Regionalwahlkreis. 2013 schaffte die ehemalige Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP) im Wahlkreis Waldviertel genug für die Vorreihung.

Zwei Kandidaten hatten Pech: 2013 rückte in Vorarlberg zwar FP-Landesparteichef Dieter Egger dank der vielen Nennungen von Rang 12 auf Rang 1 im Wahlkreis Nord – aber die FPÖ holte dort kein Mandat. Also ging er leer aus. Norbert Darabos (SPÖ) schaffte 2008 in seinem burgenländischen Wahlkreis zwar den Sprung über die Hürde, der vor ihm gereihte Erwin Kaipel erhielt aber mehr Vorzugsstimmen und behielt damit Platz 1.

Vorzugsstimmen nur als “Mobilisierungsgag”

1999 hatten auch zwei FPÖ-Politiker – Jörg Haider und Hubert Gorbach 1999 – genug Vorzugsstimmen für eine Vorreihung. Aber sie verzichteten auf das Mandat, weil sie nur als Wahlkampf-Zugpferde angetreten waren. Die meisten Vorzugsstimmen bekamen meist die Listenersten – was die Kritik nährte, dass Vorzugsstimmen nur als “Mobilisierungsgag” eingesetzt werden.

Am ehesten war die Hürde bisher in den Wahlkreisen zu nehmen, obwohl sie dort mit 14 Prozent am höchsten ist. Auf dieser untersten Ebene werden auch die meisten Vorzugsstimmen vergeben, fast 1,3 Millionen bei der Wahl 2013, das entsprach fast 27 Prozent der gültigen Stimmen. Dies liegt nicht nur daran, dass die Wähler die Wahlkreiskandidaten besser kennen – sondern auch daran, dass dort die Vergabe der Vorzugsstimme leichter ist: Die Wahlkreis-Kandidaten sind alle am Stimmzettel aufgedruckt und müssen nur angekreuzt werden.

Bundes-Vorzugsstimme: Kein Bewerber nahm Hürde

Auf Bundes- oder Landesebene müssen Name oder Reihungsnummer in ein leeres Feld eingetragen werden. Diese Mühe taten sich 2013 nur knapp sechs Prozent der Wähler (rund 279.000) für die Bundesebene und noch weniger, nämlich nur 198.000 (vier Prozent) auf Landesebene an.

Die 2013 erstmals gebotene Möglichkeit der Bundes-Vorzugsstimme bewirkte somit nichts: Kein einziger Bewerber kam über die Hürde. “Kaiser” wurde aber einer, der jetzt Spitzenkandidat ist: Sebastian Kurz, damals noch Staatssekretär, nahm Kurs nach oben mit 35.728 Vorzugsstimmen – um die er, anders als die meisten Spitzenpolitiker heftig geworben hatte.

Die Hürde auf Landesebene war 2013 zwar, ebenso wie jene in den Wahlkreisen, abgesenkt worden – aber es kam dennoch nur einer drüber, der ohnehin auf Platz 1 der Liste stand: Nikolaus Berlakovich (ÖVP), dem die Ablöse als Landwirtschaftsminister drohte, konnte 5.433 Burgenländer zur Eintragung bewegen.

>> Alles rund um die Wahl 2017

(APA/Red.)

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