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Bures verteidigt Impflicht und appelliert an Demonstranten

Doris Bures hält die Impfpflicht auch noch bei Omikron-Fällen angemessen.
Doris Bures hält die Impfpflicht auch noch bei Omikron-Fällen angemessen. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) verteidigt die Impfpflicht und ruft Corona-Demonstranten zu mehr Achtsamkeit auf. Impfkritische Menschen sollten schauen, mit wem sie auf der Straße sind".

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) hält die Corona-Impfpflicht auch mit Blick auf die durch die Omikron-Variante geänderten Voraussetzungen für nötig. Ob mit ihrer Einführung im Februar aktuelle Schutzmaßnahmen zurückgenommen werden können, müssten die Experten beurteilen, sagte sie Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Außerdem appellierte sie - bei allem Respekt vor dem Demonstrationsrecht - an Demo-Teilnehmer, "zu schauen, mit wem sie auf der Straße sind".

Bei Demos auch "Gegner der Demokratie" dabei

Vielen Kundgebungsteilnehmern gehe es tatsächlich um die Frage der Impfung, räumte Bures ein - aber auch "Sellner von den Identitären oder ein Herr Küssel" seien dabei, denen es "nicht um die Freiheit gehen kann, weil das sind Gegner der Demokratie". "Widerlich" sei es, wenn im Zuge von Demos Kinder vor Schulen angepöbelt oder Gesundheitspersonal bedroht wird.

Die Corona-Impfpflicht wolle zwar keiner. Aber sie sei angesichts der niedrigen Impfrate notwendig, um eine Gefährdung des Gesundheitssystems im Herbst zu verhindern und solidarisch gefährdete Menschen, die sich nicht impfen lassen können, zu schützen, argumentierte Bures. Der Nationalrat habe das Gesetz "mit großer Sorgfalt" geprüft, um die Evaluierung alle drei Monate ergänzt - und am Donnerstag mit 80 Prozent Zustimmung beschlossen.

Kritik an türkis-grüner Corona-Politik

Kritik übte Bures an der türkis-grünen Corona-Politik: Nach anfänglicher Einigkeit sei das Thema sehr bald "verpolitisiert worden", durch den "damaligen Bundeskanzler, der geglaubt hat, dass er sich als Problemlöser inszenieren kann".

Die Zweite Nationalratspräsidentin erzählt auch von ihrer eigenen Corona-Infektion: Sie wurde im März 2021 positiv getestet, musste wegen Lungenentzündung ins Spital - und laborierte monatelang an Long Covid. "Ich habe mich zurückgekämpft", schilderte sie. Jetzt gehe es ihr gut. Aber sie habe "am eigenen Leib verspürt, wie heimtückisch diese Krankheit ist" - mit massiven Schmerzen, Angstzuständen und der Einsamkeit, weil man "abgeschottet und allein" sein muss und "keinen Menschen hat, der einen tröstet".

FPÖ fordert Ende aller Corona-Maßnahmen

Die FPÖ forderte am Sonntag neuerlich die Beendigung aller noch geltenden Corona-Maßnahmen - Lockdown für Ungeimpfte, 22 Uhr Sperrstunde und 2G-Regelungen. Außerdem forderte Parteichef Herbert Kickl in einer Aussendung den Verzicht auf den "Impfzwang".

Eine neuerliche Entscheidung über den Lockdown für Ungeimpfte muss spätestens zu Monatsende getroffen werden. Denn der Hauptausschuss hat die Schutzmaßnahmen am Donnerstag um weitere zehn Tage verlängert. Diesmal übrigens ohne Zustimmung der SPÖ. Vizeklubchef Jörg Leichtfried hatte dies damit begründet, dass der Lockdown für Ungeimpfte "offenbar wirkungslos und durch die kommende Impfpflicht auch obsolet" sei. Aus Bures' Sicht müssten die Experten beurteilen, ob die Schutzmaßnahmen noch nötig sind.

Die Gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (Gecko) hat diesbezüglich keine Sitzung geplant, hieß es auf APA-Nachfrage. Nach ihrer jüngsten Gesprächsrunde am Freitag haben die Experten der Regierung abgeraten, die Quarantänedauer für dreifach Geimpfte zu verkürzen.

U-Ausschuss: Bures weist ÖVP-Kritik "auf das Schärfste" zurück

Zudem weist Bures die ÖVP-Kritik an den Untersuchungsausschüssen "auf das Schärfste" zurück. Es gehe nicht an, dieses wichtige Kontrollinstrument "permanent zu diskreditieren", weil man an einer Aufklärung nicht interessiert sei, sagte sie Sonntag in der ORF-"Pressestunde" - und schlug vor, die U-Ausschüsse öffentlich zu machen. Zuletzt hat sich seitens der ÖVP Kanzler Karl Nehammer kritisch geäußert.

Er zeigt im Interview mit dem aktuellen "profil" Verständnis für das "Unbehagen" in seiner Partei, würden sich doch Abgeordnete in U-Ausschüssen "wie bei einem Tribunal" verhalten. Man könne "Institutionen wie einen U-Ausschuss auch missbrauchen", sagt der Bundeskanzler.

"Nur weil man eine Aufklärung verhindern will dieses verfassungsmäßige Instrument in Misskredit zu bringen" sei "ein Spiel mit dem Feuer", ging Bures - ohne Namen zu nennen - scharf mit der ÖVP ins Gericht. Das sei ein "Spiel mit dem Feuer". Kontrolle sei eine in der Verfassung festgeschriebene Kernaufgabe des Parlaments. Wenn U-Ausschüsse "permanent diskreditiert" werden, würden "ganz wesentliche Instrumente unserer Demokratie in Zweifel gezogen".

U-Ausschüsse "mit Zähnen und Klauen verteidigen"

Es gelte, dieses Instrument "mit Zähnen und Klauen zu verteidigen" - und nicht als "unnütz, nicht brauchbar, unnötig" abzutun, "nur weil einem selber der Inhalt des Ausschusses nicht recht ist". Die ÖVP habe offenbar kein Interesse aufzuklären, wie es zum bekannten Chatverkehr hochrangiger Beamter und Politiker darüber kam, "wie man sich das Land aufteilt, wie man Politik macht ... in einer Sprache, die ich nicht wiederholen will".

Was sie etwas später doch tat - um klar zu machen, dass in der SPÖ Ausdrücke wie "wir sind die Hure der Reichen" nicht verwendet würden. Mit dem Argument "das ist überall so" werde auch nur versucht, Aufklärung zu verhindern. "Nein, das ist nicht so", merkte sie an, "wir haben deshalb drei Bundeskanzler gehabt im letzten Jahr und so viele Strafverfahren, weil das eben nicht so ist".

Die Regeln für die U-Ausschüsse seien - bei der Etablierung als Minderheitsrecht - 2015 einstimmig beschlossen worden. Auch wie die Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen - deren Verletzung die ÖVP immer wieder beklagt - geschützt werden, sei geregelt. Sie können sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden. Das hätten im Ibiza-U-Ausschuss auch einige getan, aber der VfGH habe in keinem einzigen Fall eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten festgestellt, merkte Bures an.

Neuer U-Ausschuss Anfang März

Jedenfalls sei es gut, dass das "Sittenbild", das die ÖVP-Chats zeigten, jetzt im - Anfang März mit Befragungen startenden - neuerlichen U-Ausschuss untersucht. Zur Vorsitzfrage verwies die Zweite Nationalratspräsident einmal mehr darauf, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Entscheidung obliegt. Diese "kann und will ich ihm nicht annehmen", sagte sie, angesprochen darauf, dass von einigen Seiten gefordert wurde, Sobotka möge wegen Befangenheit darauf verzichten.

Thema der "Pressestunde" waren natürlich auch Parteiinterna. Bures stellte sich klar hinter Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Diese sei eine "Frau mit Verstand und Herz", die den Bürgern wichtige Fragen - etwa der starke Preisanstieg bei Heizen und Wohnen oder Pflegesicherung - "mit Leidenschaft vertritt". Dass mit ihr an der Spitze die SPÖ in den Umfragen - trotz ÖVP-Absturz rund um den Abgang von Sebastian Kurz - nur langsam zulegt, stört Bures gar nicht, im Gegenteil: Ihr sei das lieber als "Hypes, die dann verglühen wie eine Sternschnuppe".

Zu den ständigen Querschüssen von Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) meinte Bures, sie würde sich "wünschen, dass es nicht immer darum geht dass man eine Schlagzeile hat, sondern dass man sich mehr bemüht, eine gemeinsame Vorgangsweise zu haben".

(APA/red)

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