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Buch von Andreas Huber: Bei Austrofaschisten war nach 1945 an Uni Wien "Rückkehr erwünscht"

An der Uni Wien wird Andreas Hubers Buch "Rückkehr erwünscht" vorgestellt.
An der Uni Wien wird Andreas Hubers Buch "Rückkehr erwünscht" vorgestellt. ©apa (Sujet)
Mehr als 300 Lehrende an der Universität Wien wurden zwischen 1938 und 1945 von den Nationalsozialisten vertrieben - über ein Viertel davon aus ausschließlich politischen Gründen. In Andreas Hubers Buch "Rückkehr erwünscht", das am Montag an der Uni Wien präsentiert wird, zeigt dass man nach Kriegsende darauf hoffte - anders als bei den aus "rassischen" Gründen Vertriebenen.

Huber zeichnet in seiner Monografie die Geschichte jener 86 Wissenschafter nach, die die Uni Wien wegen ihrer politischen Einstellung verlassen mussten. Meist waren es Funktionäre des austrofaschistischen Ständestaats. Linke, Liberale und Pazifisten finden sich nur wenige auf der Liste, diese gab es wegen des antidemokratischen und konservativen Klimas unter Dollfuß und Schuschnigg schon vor dem “Anschluss” Österreichs an das Deutsche Reich kaum noch.

“Rückkehr erwünscht”: Über 300 Lehrende von NS vertrieben

Während den als Juden verfolgten Wissenschaftern Maßnahmen bis hin zu Deportation und Ermordung in NS-Konzentrationslagern drohten, fielen für politisch Verfolgte die Folgen meist glimpflicher aus: Großteils konnten sie in Österreich bleiben, 1940 befand sich auch keiner der untersuchten Wissenschafter in Haft. Die Betroffenen wurden zwar vom Wissenschaftsbetrieb ausgeschlossen, hatten aber in der Regel weiter eine Existenzgrundlage: Entlassungen wurden bald in Pensionierungen umgewandelt, ein Drittel konnte einer anderen, mehr oder weniger seiner Ausbildung entsprechenden Arbeit nachgehen (etwa als Arzt oder Bibliothekar).

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden wegen der Entnazifizierung an der Uni Wien viele Stellen frei. Da in Österreich keine Aufarbeitung des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes stattfand, war diese Gruppe laut Huber “prädestiniert für eine rasche Re-Integration in den Wissenschaftsbereich und die Übernahme einflussreicher Funktionen an der Universität”. Anders als bei den “rassisch” Verfolgten waren die akademischen Behörden und das Unterrichtsministerium auch bemüht, die politisch Verfolgten zurückzuholen und (auch finanziell) zu fördern – “besonders wenn es um Katholisch-Konservative ging”, wie Huber hervorhebt.

Vorstellung von Andreas Hubers Monografie an der Uni Wien

Nachkriegskarrieren der “politisch” Verfolgten verliefen dementsprechend fast durchwegs erfolgreich. Sie konnten entweder in ihre Funktion zurückkehren (56 Personen) oder landeten auf lukrativen Posten im öffentlichen Dienst. Außerdem erlangten viele “politisch” Enthobene akademische Führungspositionen (Rektor, Dekan) und hatten dementsprechend großen Einfluss auf den Wissenschaftsbetrieb der Zweiten Republik – nicht nur bei Berufungen, sondern auch in Fragen der Entnazifizierung und Remigration. Beispiel für eine solche Karriere ist der letzte Justizminister des Ständestaats, Ludwig Adamovich, der 1938 entlassen wurde und 1945 sogleich zum ersten Nachkriegsrektor der Uni Wien avancierte.

Gemeinsam mit Hubers Monografie wird am Montag an der Uni Wien auch der Band “Glimpflich entnazifiziert” vom Politologen Roman Pfefferle und dem Historiker Hans Pfefferle vorgestellt, in dem anhand der Karrieren von 124 Personen aufgezeigt wird, wie viele NS-belastete Professoren weiter an der Uni bleiben und diese lange mitprägen konnten.

(apa/red)

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