Wobei bereits das Cover verrät, in welche Richtung es gehen könnte: Leicht schemenhaft ist Springsteen darauf in zweifacher Ausführung – und natürlich mit umgehängter Gitarre – zu sehen, einmal am Betrachter vorbeiblickend, in der zweiten Position sich selbst zugewandt.
Diese optische Selbstbetrachtung wird zum teilweisen Sprung in die Vergangenheit. In erster Linie wollte der 64-jährige US-Musiker nämlich einige Stücke aufnehmen, die er bis dato nicht in professioneller Studioumgebung eingespielt hat. Und das persönliche Archiv bot dafür scheinbar reichlich Anreize.
Springsteen mit neuem alten Material
Was dabei haraus kam? Ein facettenreiches Aufgebot aaus dem Kosmos des Rockstars. “Am besten könnte man dieses Album wohl als kleine Anomalie beschreiben”, urteilt der “Boss” im Gespräch mit dem “Rolling Stone” selbst darüber. “Allerdings arbeite ich einfach nicht so linear wie viele andere Leute.”
Natürlich muss man nun keine waghalsigen Experimente fürchten. Wo Springsteen drauf steht, sind immer noch hemdsärmeliger Rock, gefühlvolle Balladen und folkige Zwischenspiele zuhause. Das beweisen etwa die Midtempo-Stücke “Frankie Fell In Love” und “This Is Your Sword”. Etwas elegischer wird es hingegen bei den neu eingespielten Fan-Favoriten “American Skin (41 Shots)” oder “The Ghost Of Tom Joad”, wobei vor allem letzteres in rockigem Arrangement eine enorme Sogwirkung erzeugt.
Tom Morello mit an Bord
Ein Umstand, der nicht zuletzt Gitarrist Tom Morello zu verdanken ist. Der mit Rage Against The Machine bekannt gewordene Musiker unterstützte Springsteen 2013 auf seiner Tour und ist auf dem Großteil des neuen Albums zu hören. Sein druckvolles Spiel kommt dem Grundtenor der Platte an etlichen Stellen zu Gute, während die E-Street Band in gewohnter Manier den sicheren Rückhalt für ihren Chef gibt.
Auch die bereits verstorbenen Mitglieder Clarence Clemons und Danny Federici kommen in drei Stücken zu posthumen Ehren.
Neues Album “High Hopes”: “Halbfertige Gemälde”
Letztlich ist “High Hopes” mehr als eine kleine Fingerübung zwischendurch. Zwar fehlt ein für Springsteen-Werke oft typischer roter Faden, dennoch genügt der atmosphärische Zusammenhalt, um konsequent vom rhythmisch verspielten Titelsong bis zum abschließenden Suicide-Cover “Dream Baby Dream” zu führen.
Ein Spaziergang durch Springsteens private Galerie, wie er selbst andeutet. “Wenn ich von einer Tour nach Hause komme, bin ich im Studio umgeben von halb fertigen Gemälden. Von Songs, die ich noch nicht veröffentlicht habe. Dann warte ich ab, was davon zu mir spricht.”
Rückblick: Bruce Springsteen 2012 live in Wien.
(APA)