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Blackout: Bundesheer rüstet sich für den Ernstfall

Die "Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021" wurde präsentiert.
Die "Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021" wurde präsentiert. ©APA/BUNDESHEER/GUNTER PUSCH
Als prioritäre Risiken für heuer haben Experten neben der Gefahr von gravierenden Blackouts auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sowie Terrorangriffe und Cyberattacken ausgemacht.
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Europa entging nur knapp Blackout

Das Bundesheer sieht eine große Gefahr eines Blackouts und will sich deshalb in den kommenden Jahren für so einen Ernstfall rüsten: Bis 2024 sollen die ersten autarken Kasernen fertig sein, letztlich soll es zwölf derartige "Sicherheitsinseln" geben, kündigte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) an.

Als Bedrohungen im heurigen Jahr schätzen Experten auch die Folgen der Coronakrise, Cyberattacken und Terrorangriffe ein.

Österreich bereits mehrmals an Blackout vorbeigeschrammt

Österreich sei bereits mehrfach, zuletzt am 9. Jänner, an einem Blackout - einem flächendeckenden Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfall - knapp vorbeigeschrammt, erklärte Johann Frank, Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement. Es handle sich um ein Szenario, "das wir ohne Zweifel vermehrt üben müssen", meinte Tanner bei der Präsentation der "Sicherheitspolitischen Jahresvorschau" vor Journalisten. Investiert wird in die Infrastruktur des Heeres: Künftig soll es in jedem Bundesland mindestens eine autarke Kaserne geben, insgesamt soll es zwölf "Sicherheitsinseln" geben.

Diese Kasernen sollen eigenständig in jedem Bereich sein, von der Energieversorgung bis zur Verpflegung, um die Truppe handlungsfähig zu halten. In einer zweiten Stufe sollen sie auch Externe versorgen können, und etwa die Sanitätsversorgung für die Öffentlichkeit sicherstellen, erläuterte Generalstabschef Robert Brieger.

Sicherheitslage in Österreich verschlechtert sich

Generell hatte Sicherheitsexperte Frank keine guten Nachrichten zu verkünden: "Die Sicherheitslage für Österreich und Europa verschlechtert sich, die Herausforderungen nehmen zu." Aber immerhin wisse man einigermaßen, "was auf uns zu kommt", und man könne sich entsprechend vorbereiten.

Vergangenes Jahr seien rückblickend "dreieinhalb" der vier prognostizierten Szenarien eingetreten, erklärte Frank, nämlich eine Pandemie, islamistischer Terror (im November in Wien), Cyberangriffe (etwa aufs Außenministerium) sowie beinahe Blackouts. Auch für die kommenden zwölf bis 18 Monate haben die Experten wieder eine Risikoanalyse erstellt. Wie Frank sagte, könnten die Szenarien sehr kurzfristig Realität werden, hätten hohes Eskalationspotenzial und sehr breitflächige Auswirkungen.

Corona, Terror und Cyberattacken als aktuelle Gefahren

Als prioritäre Risiken für heuer haben die Experten neben der Gefahr von gravierenden Blackouts etwa die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ausgemacht. Dadurch würden weitere 150 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze gedrückt, was zu instabileren Verhältnissen in Staaten und Massenmigration führen könnte. Dazu kommen Cyberangriffe auch auf staatliche Einrichtungen und Terroranschläge.

Eine zentrale sicherheitspolitische Herausforderung ist demnach außerdem eine mögliche Eskalation regionaler Konflikte in und um Europa mit besonderem Blick auf den östlichen Mittelmeerraum und das nördliche und westliche Afrika. Eine große Gefahr seien auch hybride Bedrohungen in und gegen Österreich. Als weitere anhaltende und neue Risikofaktoren werden beispielsweise auch der Systemkonflikt zwischen den USA und China, Konflikte im Nahen Osten, die Klimakrise und eine "gesellschaftliche Polarisierung in Österreich" genannt. Eine Herausforderung sei zudem die rasante Technologieentwicklung, Stichwort "Drohnen als Kalaschnikow der Lüfte des 21. Jahrhunderts".

Weiterentwicklung von Sicherheit und Verteidigung gewünscht

"Es wird 2021 jedenfalls keinen Lockdown von Krisen geben", prognostiziert Frank in seinem Beitrag in der "Sicherheitspolitischen Jahresvorschau". Insgesamt handle es sich nicht mehr um eine abstrakte Verschlechterung der Sicherheitslage, sondern man sehe das Eintreten ganz konkreter Anlassfälle, auch direkt in Österreich, das "keine Insel der Seligen" sei. Auch Entwicklungen, die die Souveränität gefährden, könne man nicht gänzlich ausschließen.

Die Antwort könne eine erneuerte, umfassende Landesverteidigung in Österreich sein, zeigte sich der Generalmajor überzeugt. Auch Generalstabschef Brieger betonte, man brauche "flexible und extrem gut ausgestattete Streitkräfte", um aktiv auf die Bandbreite der Bedrohungen reagieren zu können. Er sprach sich auch für eine Weiterentwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU aus.

SPÖ verlangt mehr Mittel für Cyberverteidigung

Mehr Engagement im Bereich der Cyberverteidigung verlangt SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. Entsprechende Ressourcen würden "auf Sparflamme gehalten", kritisierte er in einer Aussendung am Donnerstag. Das zusätzliche Sonderbudget für Cyberverteidigungskapazitäten mache nicht einmal ein Prozent des jährlichen Verteidigungsbudgets aus. Trotz Warnungen vor Cyberbedrohungen in der neuen Sicherheitspolitischen Jahresvorschau bliebe es bei "Lippenbekenntnissen und Sonntagsreden", Taten folgten keine.

Laimer kündigte an, im nächsten Landesverteidigungs-Ausschuss "klare Antworten" von Tanner zu fordern, zumal seine Parlamentarische Anfrage nur sehr ausweichend bzw. ohne konkrete Aussagen beantwortet worden sei.

(APA/Red)

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