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Bilanz: Sozialversicherung rutscht 619 Mio. Euro ins Minus

Die Sozialversicherungen rutschten ins Minus.
Die Sozialversicherungen rutschten ins Minus. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Der Dachverband der Sozialversicherungen rutscht durch die Corona-Krise kräftig ins Minus. Insgesamt erwarten die fünf Träger einen Verlust von über 600 Millionen Euro.

Nach den einzelnen Kassen hat der Dachverband der Sozialversicherungsträger am Montag eine Gesamt-Bilanz-Prognose für 2020 vorgelegt. Wie erwartet fällt diese negativ aus: Coronabedingt wird über alle fünf Träger hinweg ein Minus von 619 Mio. Euro erwartet. Am Mittwoch starten nun Gespräche über einen finanziellen Ausgleich durch den Bund.

Die Gebarungsvorschau 2021 bis 2024, die - wie man im Dachverband betont - auf einer sehr vorsichtigen Planung basiert, zeigt über die drei Krankenversicherungsträger (Gesundheitskasse ÖGK, Selbstständigenkasse SVS und Beamten/Eisenbahner/Bergbaukasse BVAEB) hinweg ein kumuliertes Minus von 3,3 Mrd. Euro, davon 2,7 Mrd. für die Österreichische Gesundheitskasse. In den Unfallversicherungen soll voraussichtlich im Jahr 2024 wieder ein positives Ergebnis erreicht werden, und auch in den Pensionsversicherungen soll in den nächsten Jahren nahezu ausgeglichen bilanziert werden.

Krankenversicherungen mit halber Milliarde im Minus

Für heuer weist die Prognose allein für die Krankenversicherungen zusammen ein Minus von 558 Mio. Euro bei einem Gesamtbudget von 20,2 Mrd. Euro aus, so aus Ingrid Reischl, Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, in einer Aussendung. Verglichen mit dem Voranschlag (-216 Mio.) hat sich das erwartete Bilanzergebnis damit um 342 Mio. Euro verschlechtert. Ein Grund dafür sei hier in der Corona-Krise zu finden.

Sei man im Voranschlag 2020 noch von einem Beitragswachstum von 4,1 Prozent ausgegangen, zeige sich aktuell ein Wachstum von nur 1,1 Prozent, hieß es. Der Entfall an Beitragseinnahmen beläuft sich damit auf rund 512 Mio. Euro; der Großteil davon, nämlich 427 Mio. Euro, entfällt auf die ÖGK. Auch die Entwicklungen bei den Medikamenten (+4,7 Prozent) sei besorgniserregend, hieß es beim Dachverband.

Volle Auswirkungen erst im Herbst

"Die vollen Auswirkungen der Covid-Krise werden voraussichtlich erst ab Herbst schlagend - aktuell wurden Forderungen gestundet, durch eine mögliche Insolvenzwelle Ende des Jahres kann es daher zu weiteren Beitragsausfällen kommen", befürchtete Reischl. Am Mittwoch beginnt nun Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mit Gesprächen mit den Kassen, zunächst mit der ÖGK. Für Reischl muss dabei das Ziel sein, durch Covid entstandene Belastungen von der Regierung ersetzt zu bekommen. Wichtig sei zunächst die Zusage der Regierung, dass man eine Lösung finden werde, noch nicht eine konkrete Zahl, meinte sie im ORF-"Mittagsjournal".

Die Unfallversicherungen werden das Jahr 2020 laut Dachverband voraussichtlich mit einem Minus von 55 Mio. Euro abschließen. Die Auswirkungen von Covid-19 zeigten sich hier insbesondere in der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Sowohl Covid-bedingt als auch aufgrund des Minus von rund 500.000 zu betreuenden Versicherten wegen deren Wechsel zur SVS per 1.1.2020 sinken die Beitragseinnahmen in der AUVA, konkret im Vergleich zum Vorjahr, um 96 Mio. Euro, im Vergleich zum Voranschlag um 69 Mio. Euro.

In der Pensionsversicherung wird laut Dachverband ein Anstieg der Pensionsleistungen um 5,7 Prozent auf 41,6 Mrd. Euro im Jahr 2020 erwartet. Die Beitragseinnahmen steigen - wie in der Krankenversicherung - um 1,1 Prozent. 2019 waren es noch 5,3 Prozent. Das erwartete Defizit liegt bei 5,1 Mio. Euro.

Beitragseinnahmen stiegen 2019 an

Auch der Rechnungsabschluss für 2019 wurde vorgelegt. Demnach lag das Ergebnis der Krankenversicherungsträger im Vorjahr bei einem Minus von 118 Mio. Euro, und zwar bei einem Gesamtbudget von rund 20 Mrd. Euro. Die Versicherungsleistungen stiegen um 931 Mio. Euro (+5,1 Prozent) gegenüber dem Vorjahr an.

Größter Ausgabenblock war der Spitalsbereich mit 5,2 Mrd. Euro und einem Anstieg um 5 Prozent. Das größte Wachstum im Leistungsbereich verzeichnete hingegen der Bereich der ärztlichen Hilfe und gleichgestellten Leistungen mit einem Anstieg um 6,4 Prozent auf über 5 Mrd. Euro. Der Verwaltungsaufwand betrug 524 Mio. Euro (+7,2 Prozent). Infolge der guten Wirtschaftslage im Vorjahr stiegen die Beitragseinnahmen um 4,0 Prozent auf 16,6 Mrd. Euro.

In der Pensionsversicherung wurde das Jahr 2019 über alle Träger mit einem positiven Bilanzergebnis von knapp 2 Mio. Euro abgeschlossen. An Pensionsleistungen wurden 39,4 Mrd. Euro ausbezahlt. In der Unfallversicherung konnte mit einem leichten Plus von 8 Mio. Euro bilanziert werden. Es zeigte sich insbesondere ein Rückgang der Beitragseinnahmen um 2,2 Prozent aufgrund der Reduktion des Beitragssatzes von 1,3 auf 1,2 Prozent.

Rendi-Wagner für Ausfallhaftung des Bundes

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fordert angesichts der prognostizierten Budget-Lücke der Sozialversicherungsträger wegen der Corona-Krise eine Ausfallhaftung des Bundes, die Regierung müsse sofort entsprechende Gespräche führen. "Unser Gesundheitssystem darf nicht selbst zum Patienten werden", meinte Rendi-Wagner in einer Stellungnahme am Montag.

Lehner: Ruf nach Ausfallshaftung "Panikmache"

ÖVP-Kassenfunktionär Peter Lehner hat am Montag den SPÖ-Ruf nach einer Ausfallhaftung des Bundes, die Parteichefin Pamela Rendi-Wagner angesichts der prognostizierten Budget-Lücke der Sozialversicherungsträger gefordert hatte, zurückgewiesen. "Die Sozialversicherung steht auf einem stabilen Fundament und die Leistungen sind für alle Versicherten sichergestellt", sagte er in einer Aussendung.

Die "Panikmache der SPÖ-Vertreter" sei "verantwortungslos" und der Ruf Rendi-Wagners nach einer Ausfallshaftung "reine Effekthascherei". "Ich finde es enttäuschend, dass hier Ängste geschürt, Panik verbreitet und mit Verunsicherung gespielt wird, um politisches Kleingeld zu machen", erklärte Lehner, Chef der Selbstständigen-Kasse SVS und aktuell Vize-Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger.

(APA/red)

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