Beobachter: Schwerster Luftangriff in Kiew seit zweieinhalb Jahren Krieg

Beobachter in Kiew sprechen von einem der schwersten Luftangriffe in zweieinhalb Jahren Krieg. Explosionen wurden aus dem Umland der Hauptstadt und den Gebieten Schytomir, Chmelnyzkyj, Ternopil und Lwiw gemeldet, wie aus der offiziellen Luftalarm-App hervorgeht. Mindestens drei Menschen kamen nach bisherigen Berichten dabei ums Leben.
Über die Hälfte des Landes betroffen
Mit 15 Regionen sei über die Hälfte des Landes von den Angriffen betroffen, teilte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal mit. Die Innenstadt von Kiew wurde während des Berufsverkehrs von Explosionen erschüttert. In der Hauptstadt gibt es Probleme mit der Stromversorgung, wie Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram mitteilte.
Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte die russische Armee zeitweise elf Langstreckenbomber Tu-95 ein, die Träger von Marschflugkörpern sind. Außerdem wurden demnach Hyperschallraketen Kinschal auf die Ukraine abgefeuert. Auch aus dem Schwarzen Meer sei die Ukraine beschossen worden.
Energiesystem ein Hauptziel des Angriffs
Einen Überblick über Opfer und Schäden gibt es bisher nicht. Aus Luzk, Saporischschja und dem Gebiet Dnipropetrowsk wurde je ein Toter gemeldet. Ersten Informationen zufolge war erneut das ukrainische Energiesystem ein Hauptziel des Angriffs. Der Energieversorger Ukrenerho verhängte Notabschaltungen. Der Luftalarm dauerte um 10.00 Uhr Ortszeit (9.00 Uhr MESZ) noch an.
Mit einem größeren russischen Angriff war bereits seit einiger Zeit gerechnet worden. Auch die US-Botschaft hatte gewarnt, dass dies rund um den ukrainischen Unabhängigkeitstag am Samstag geschehen könnte. Nach Angaben des ukrainischen Militärs flogen in der Nacht bis zu zehn Drohen Richtung Kiew, die allesamt zerstört wurden. Eine Stellungnahme Russlands lag zu nächst nicht vor.
Polnisches Militär lässt Abfangjäger aufsteigen
Wegen der Nähe der russischen Angriffe zur polnischen Grenze ließ das polnische Militär Abfangjäger aufsteigen, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. An dem Einsatz waren den Angaben nach auch Flugzeuge anderer Verbündeter beteiligt. Die Ukraine wehrt seit Februar 2022 eine große russische Invasion ab.
Ukrainische Drohnen zerstört
Die russische Flugabwehr zerstörte unterdessen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in der Nacht 20 von der Ukraine auf russisches Gebiet gerichtete Drohnen. Neun davon seien über der Region Saratow, drei über Kursk und jeweils zwei über Belgorod, Brjansk und Tula abgefangen worden. Über den Regionen Orjol und Rjasa sei jeweils eine Drohne entdeckt worden. In Saratow, etwa 900 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, wurde der Flughafen beschädigt, wie die Behörden mitteilten, eine Frau sei verletzt worden. Am Montagmorgen wurde der Flugbetrieb wieder aufgenommen.
In der Nähe von Saratow liegt der Ort Engels, wo ein strategischer Militärstützpunkt für Bomber liegt, die häufig Einsätze gegen die Ukraine fliegen. Ob der Stützpunkt Ziel der ukrainischen Angriffe war, blieb zunächst unklar. Eine Stellungnahme der Ukraine lag zunächst nicht vor. Andrij Jermak, der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, schrieb aber auf Telegram: "Der Wunsch, unsere Energie zu zerstören, wird die Russen teuer zu stehen kommen: ihre Infrastruktur."
(APA)