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Anschober erklärt "Risikoportfolio" bei Corona-Impfstoff-Beschaffung

Gesundheitsminister Anschober erklärte nach einer "Dringlichen Anfrage" der NEOS das "Risikoportfolio" zu den Coronavirus-Impfungen.
Gesundheitsminister Anschober erklärte nach einer "Dringlichen Anfrage" der NEOS das "Risikoportfolio" zu den Coronavirus-Impfungen. ©APA (Sujet)
Am Mittwoch hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im Nationalrat bei der Beantwortung einer "Dringlichen Anfrage" der NEOS zum Thema Impfstoffbeschaffung erklärt, dass es Ziel gewesen sei, ein "Risikoportfolio" abzudecken - also eine möglichst breite Streuung bei den Herstellern zu erreichen. Es sei Gegenstand von Verhandlungen, ob Österreich aus der vorgezogenen Lieferung von zehn Millionen BioNTech/Pfizer-Dosen tatsächlich mehr als die garantierten 200.000 Impfdosen erhält.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte ja in der Vorwoche angedeutet, dass Österreich im Rahmen einer Korrektur bei der EU-Impfstoffverteilung bis zum Sommer rund 400.000 fehlende Dosen erhalten könnte. Anschober hatte hingegen am Dienstag vergangener Woche erklärt, 200.000 dieser Biontech-Dosen würden auf Österreich entfallen, dies entspricht in etwa dem Bevölkerungsschlüssel. Dies wiederholte der Ressortchef nun am Mittwoch im Nationalrats-Plenum. "Die genaue Aufteilung ist noch Gegenstand von Verhandlungen", sagte er. "Nach den Verträgen würden uns 200.000 Dosen zustehen. Ob es zu einer weitere Aufstockung kommen wird, wird von den Verhandlungen beim Europäischen Rat abhängig sein." Österreich setze sich "ganz klar für eine faire Verteilung dieser Impfstoffdosen ein", so der Minister.

NEOS stellten "Dringliche Anfrage"

Zur den Fragen der NEOS, die vor allem die Verantwortung bei den Bestellvorgängen thematisierten, sagte Anschober, er halte fest, "dass es zu den zentralen Vorgängen eine enge Abstimmung innerhalb der Bundesregierung gibt".

Der pinke Gesundheitssprecher Gerald Loacker und seine Kollegen hatten in der Anfrage erklärt, entgegen der Behauptung von Anschober und Kurz seien die beiden "sehr wohl über den Bestellmechanismus und darüber, dass man eigentlich zustehende Impfkontingente nicht voll ständig abrufe, informiert" gewesen. "Anstatt dazu zu stehen, hat der Bundeskanzler gemeinsam mit den Regierungschefs von Bulgarien, Kroatien, Lettland, Slowenien und Tschechien einen Korrekturmechanismus gefordert und die EU an den Pranger gestellt." "Es ist so, wie wenn ich am Samstag nicht einkaufen gehe und mich am Sonntag wundere, dass ich keine Milch zuhause habe", sagte Loacker bei der Begründung der Anfrage im Plenum.

Anschober antwortete auf die Frage, nach welcher Strategie er bei der Beschaffung entschieden habe, und ob die Entscheidung alleine beim (mittlerweile zurückgezogenen) Gesundheitsbeamten Clemens Martin Auer gelegen sei, es habe "selbstverständlich" eine Grundlinie gegeben. Diese habe darauf abgezielt, bei den Vorverkaufsverträgen ein "Risikoportfolio" abzudecken. Denn zum Zeitpunkt der Bestellung sei nicht klar gewesen sei, welcher Hersteller eine Zulassung bekommen werde und auch nicht, zu welchem Zeitpunkt - ebenso wenig, wann geliefert werden kann. Die grundsätzliche Festlegung "zwischen mir und dem Bundeskanzler" war, dass man eine ausreichende Menge erhalte, um im ersten Halbjahr 2021 "bestmöglich abgesichert" zu sein. "Ziel war und ist es", bis Herbst 2021 jedem eine Impfung in Österreich anbieten zu können.

9 Millionen Impf-Dosen im ersten Halbjahr in Österreich verfügbar

Im ersten Halbjahr werde Österreich rund neun Millionen Impf-Dosen zur Verfügung haben, sagte Anschober - mit den 1,2 Millionen von den drei zugelassen Impfstoffen noch im März seien es im ersten Quartal dann insgesamt mehr als zwei Millionen Dosen. Im zweiten Quartal erwarte er knapp sieben Millionen Dosen. Im zweiten Halbjahr kommen dann noch einmal zusätzlich zwölf Millionen Dosen dazu. "Ich hoffe, wir brauchen die nicht mehr prioritär, weil wir im ersten Halbjahr (mit den Impfungen, Anm.) durch sind." Würde die Impfbereitschaft aber auf 85 bis 90 Prozent steigen, würde man diese noch benötigen, das wäre gut, aber eine "Sensation", so der Minister.

Anschober erklärte, insgesamt gebe es keinerlei Mengenproblem, sondern eines der Geschwindigkeit. Insgesamt habe man für die rund 8,8 Millionen Österreicher eine Menge bestellt, mit der die Durchimpfung um 200 Prozent übererfüllt wäre. Betrachtet man die Impfbare Bevölkerung (ab 16 Jahren, Impfrate von rund 70 Prozent angenommen), dann liege die Übererfüllung bei 300 Prozent.

Die SPÖ hielt der Regierung hingegen vor, eine falsche Strategie eingeschlagen zu haben. Die Abgeordnete Karin Greiner sah planloses und konzeptloses Agieren der Koalition. Der Finanzdeckel von 200 Millionen für die Impfungen sei "fest zugehalten" worden: "Es kann keine Lockerungen geben, weil beim Impfen am falschen Platz gespart wurde."

Kritik an Regierung

Seitens der Freiheitlichen meinte deren Mandatar Gerhard Kaniak, die Regierung habe zu verantworten, dass der Risikogruppe über 75 noch immer kein Impfstoff angeboten worden sei. Dass Kanzler und Gesundheitsminister nichts davon wussten, dass man mehr Dosen ordern hätte können, hält er für unglaubwürdig. NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak meinte dazu in Richtung Kurz, dieser habe entweder falsche Prioritäten oder den falschen Job.

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer zog aus, das Vorgehen der Regierung zu verteidigen. Sie betonte die Vorbereitungen auf die Zeit, in der genug Impfstoff vorhanden sein wird. Zudem stehe man international nicht schlecht da. Darauf pochte auch VP-Mandatar Josef Smole. Österreich stehe weltweit unter den top 15: "Wir sind gut unterwegs."

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(APA/Red.)

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