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AMS-Chef: Asylberechtigte besser über Jobangebot aufklären

Kopf setzt mehr auf Anreize anstatt auf Verschärfungen.
Kopf setzt mehr auf Anreize anstatt auf Verschärfungen. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Anstatt Sanktionen bei Jobverweigerung weiter zu verschärfen, spricht sich AMS-Vorstand Johannes Kopf für eine bessere Aufklärung von asylberechtigten Arbeitslosen über den österreichischen Arbeitsmarkt aus.
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In der Debatte um die von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geforderte Vermittlung von asylberechtigten Arbeitslosen in Wien auf freie Jobs in Westösterreich hat auch AMS-Vorstand Johannes Kopf Stellung genommen.

Die Verpflichtung, einen freien Job in einem anderen Bundesland anzunehmen, gebe es schon jetzt. Er sei hier wie der Kanzler für konsequenten Vollzug. Statt auf Zwang setze er aber auf Anreize.

AMS-Chef setzt auf Anreize bei Jobvermittlung für Asylwerber

"Die Arbeitgeber brauchen keinen, der gezwungen wird, sondern jemand der den Job will", betonte Kopf am Donnerstag im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios. Schon jetzt gebe es überregionale Vermittlung von Arbeitssuchenden, wenn diese keine Betreuungspflichten haben und der Arbeitgeber eine Unterkunft bereitstellt. Wer einen angebotenen Job in einem anderen Bundesland nicht annehmen wolle, bekomme für sechs Wochen kein Arbeitslosengeld mehr. Es brauche hier den konsequenten Vollzug, um die Solidarität aufrechtzuerhalten. Es sei aber kein Grund zu moralisieren, denn wenn jemand einen bestimmten Job nicht wolle, müsse man das von vollkommener Arbeitsunwilligkeit unterscheiden. Man könne natürlich über das eine oder andere Detail der Zumutbarkeitsbestimmungen noch diskutieren, aber "das macht das Kraut nicht fett".

Umfassende Aufklärung über Saisonarbeit gefordert

Für wichtiger hält der AMS-Vorstand Anreize und Information über die Chancen bei freien Arbeitsplätzen, etwa im Tourismus in westlichen Bundesländern. Hier müssten ausländische Arbeitssuchende aufgeklärt werden, wie Saisonarbeit in Österreich funktioniere. Dazu gebe es auch bereits eigene Jobbörsen, wo Unternehmer und Arbeitssuchende zusammengebracht werden.

Um Mitarbeiter müsse man werben, dazu gehörten auch Arbeitszeitregelungen, Kinderbetreuungsangebot vor Ort und generell die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Bei asylberechtigten Arbeitslosen gebe es keine Auffälligkeit in Bezug auf die Verweigerung eines Arbeitsplatzes gegenüber sonstigen Arbeitslosen, sagte Kopf. Wenn die Politik strengere Bestimmungen wolle, müsse man das wohl für alle machen - nicht nur für Asylberechtigte.

Als Beispiel für den Erfolg von Information erzählte Kopf von einem Syrer, der nach einer Jobbörse einen freien Arbeitsplatz auf einer Skihütte abgelehnt habe, weil es "zu kalt und zu einsam" sei. Nach entsprechender Information arbeite er nun bereits die zweite Saison in Tirol.

Jobannahme in anderem Bundesland schon jetzt zumutbar

Arbeitssuchende müssen schon jetzt überregional freie Arbeitsplätze in anderen Bundesländern annehmen, sonst drohen Sanktionen. Diese Bestimmung gebe es schon seit langem, betont ein Experte des Arbeitsmarktservice (AMS). Voraussetzung sei, dass das Unternehmen eine Unterkunft stelle und dass keine Betreuungspflichten des Arbeitnehmers entgegenstünden, etwa für Kinder.

Hintergrund der Debatte um die Jobannahme in anderen Bundesländern sind die regionalen Unterschiede am österreichischen Arbeitsmarkt. Während es etwa in Wien vier arbeitslose Köche auf eine freie Stelle gibt, gibt es in den westlichen Bundesländern einen Überhang an freien Stellen.

"Falls Ihnen ein Unternehmen eine entsprechende Unterkunft bereitstellt, gelten die Wegzeiten nicht. In diesem Fall ist es zumutbar, wenn Sie nicht täglich nach Hause fahren können", heißt es auf der AMS-Homepage zur überregionalen Arbeitsvermittlung. Um Arbeitssuchende und Arbeitgeber aus verschiedenen Regionen zusammenzubringen, veranstalte das Arbeitsmarktservice etwa Jobbörsen, so der AMS-Experte. Wenn sich Arbeitslose beim möglichen künftigen Arbeitgeber vorstellen sollen, werde das Bahnticket gezahlt.

Sperre des Arbeitslosengeldes bei Jobverweigerung

Wenn ein Arbeitsloser oder eine Arbeitslose eine Jobaufnahme absichtlich vereitelt, werde ihm bzw. ihr das Arbeitslosengeld gesperrt. Wenn jemand absolut arbeitsunwillig ist, wird er vom AMS gar nicht mehr betreut, bekommt also künftig weder Jobs noch Schulungen angeboten. "Der Gesetzgeber kann den Arbeitslosen verpflichten, dass er sich dort vorstellt. Er kann aber nicht den Arbeitgeber verpflichten, dass er ihn auch einstellt", so der Experte. Manche Unternehmer im Tourismus würden lieber Leute aus der eigenen Region anstellen, weil diese in der nächsten Saison eher wiederkommen.

Die Zumutbarkeitsbestimmungen regeln, welche Arbeitsangebote ein Arbeitssuchender annehmen muss. Betreffend der Entfernung des Wohnorts vom Arbeitsplatz ist definiert, dass die tägliche Wegzeit - hin und zurück zusammengerechnet - bei einem Vollzeitjob nicht mehr als zwei Stunden betragen darf. Bei Teilzeit verkürzt sich diese Vorgabe auf höchstens eineinhalb Stunden. Diese maximale Wegzeit darf aber auch geringfügig überschritten werden. Und wenn jemand etwa in einer Pendlerregion lebt, wo noch längere Wege zur Arbeit üblich sind, gelten auch diese Beschränkungen nicht. Das müsse aber immer im Einzelfall geprüft werden, so der AMS-Experte.

Zumutbarkeitsbestimmungen gelten für alle Staatsbürgerschaften

Eine zumutbare Beschäftigung muss darüber hinaus den körperlichen Fähigkeiten entsprechen, darf Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährden und muss "angemessen" entlohnt werden, das heißt nach Kollektivvertrag und gesetzlichen Bestimmungen. Einige Zeit lang nach einem Jobverlust greifen auch Entgeltschutzbestimmungen von 80 bzw. 75 Prozent des bisherigen Entgelts, bei längerer Arbeitslosigkeit entfallen diese. Der Berufsschutz ist eingeschränkt: Während der ersten 100 Tage, in denen jemand aufgrund einer neuen Anwartschaft Arbeitslosengeld erhält, ist auch eine Vermittlung außerhalb des bisherigen Berufs zumutbar, wenn dadurch eine zukünftige Beschäftigung im bisherigen Beruf nicht wesentlich erschwert wird. Wer Notstandshilfe erhält, hat keinen Berufsschutz.

Die Zumutbarkeitsbestimmungen gelten für österreichische und ausländische Arbeitssuchende gleichermaßen. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz unterscheide nicht nach Staatsbürgerschaft, so der AMS-Experte. Asylberechtigte sind am Arbeitsmarkt den Österreichern gleichgestellt. Das AMS müsse sich als Behörde an Gesetze und Weisungen halten.

(APA/Red)

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