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Ab 2020: Post übernimmt Zustellgeschäft von DHL in Österreich

©APA/AFP/DPA/BERND WUESTNECK
Der Versanddienst DHL wird zum Großteil von der Post geschluckt. Zuletzt wurde über einen baldigen Rückzug der Pakettochter der Deutschen Post aus Österreich spekuliert.
DHL in Österreich schon bald Geschichte?
Alle Pakete mit der Post bekommen

Die Österreichische Post hat einen Konkurrenten weniger und dafür einen Partner mehr: Sie übernimmt im Laufe des Jahres 2020 den Großteil des Zustellgeschäftes der deutschen DHL in Österreich. “Weiters ist vorgesehen, Mitarbeiter und einen Großteil der betroffenen Logistik-Standorte zu übernehmen”, so das teilstaatliche Unternehmen am Dienstag in einer Aussendung. Voraussetzung ist grünes Licht der Wettbewerbsbehörden in Österreich und Deutschland.

Post AG übernimmt Großteil des DHL-Geschäftes in Österreich

Die DHL-Mutter Deutsche Post sprach heute in einer Pressemitteilung von einer “langfristigen Partnerschaft zur Forcierung des Paketgeschäfts”. Weitere Kooperationsmöglichkeiten im Bereich E-Commerce würden geprüft. Weiters betonten die Deutschen: “Die Vereinbarung hat keinerlei Auswirkung auf die Aktivitäten von Deutsche Post DHL Group im internationalen Expressgeschäft, beim Frachttransport und bei Supply-Chain-Lösungen in Österreich.”

“Die Zusammenarbeit soll beide Parteien in die Lage versetzen, gemeinsam das Potenzial im wachsenden, grenzübergreifenden E-Commerce-Geschäft auszuschöpfen und verbindet die Stärken der beiden Unternehmen in ihren jeweiligen Zustellnetzen”, so die Post AG. Wobei: Der Einstieg des US-Onlineriesen Amazon in die Paketzustellung in Österreich dürfte den Druck auf die Post und DHL zuletzt deutlich erhöht haben.

108 Millionen Pakete im Vorjahr mit der Post transportiert

Der Erste Group-Analyst Christoph Schultes meinte zu Jahresbeginn, Amazons Markteintritt könnte dazu führen, dass das deutsche Logistikunternehmen mittelfristig ungefähr drei Millionen Paketen weniger ausliefern wird. Für DHL werde es unter diesen Umständen “schwierig, wenn nicht sogar unmöglich” profitabel zu werden. Dies könnte wiederum zu einer Wiederaufnahme der Partnerschaft mit der Österreichischen Post führen, vermutete der Wertpapierexperte bereits im Jänner.

Im Vorjahr hatte die Post AG 108 Millionen Pakete transportiert, bis 2022 sollen es 150 Millionen sein. “Mit dieser Kooperation wird ein wichtiger Schritt gesetzt dieses Ziel bereits früher zu erreichen”, so Postchef Georg Pölzl. Ihm ist damit nach dem Rückschlag bei der Suche nach einem Finanzpartner als Ersatz für die BAWAG und der Aufregung über die Datensammlung durch die Post nun ein Coup gelungen.

Zur Vorschau für heuer meinte er: “Der stabile Ausblick für das operative Ergebnis der Österreichischen Post im Jahr 2019 bleibt vor dem Hintergrund steigender Paketmengen, aber auch steigender Investitions- und Integrationskosten unverändert.”

Post AG und DHL hätten zusammen 75 Prozent Marktanteil

Die Österreichische Post möchte den Großteil der Dienste des Konkurrenten DHL Paket übernehmen. Kommt es dazu, dann würde die Post künftig drei von vier Paketen in Österreich befördern. Denn die Post hat alleine laut Branchenradar 47 Prozent am Paketmarkt, DHL Paket als Nummer zwei kommt auf 27 Prozent.

Konkurrenz hätte die Post künftig noch durch Hermes, die 2018 knapp 12 Prozent der Pakete beförderten, DPD (10 Prozent) und Amazon. Der US-amerikanische Digitalriese ist erst Ende 2018 in den heimischen Markt eingestiegen und hat nördlich von Wien ein Verteilzentrum eröffnet. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr spricht “Branchenradar” Amazon einen Marktanteil von zwei Prozent zu, wobei das Unternehmen vorerst auf Wien konzentriert ist.

Der Kuchen um den es geht ist groß und wächst dank Internethandel rasant. Im Geschäftskundensegment stieg das Volumen 2018 um 2,1 Prozent auf 95 Millionen Stück, im Konsumentengeschäft sogar um 14,6 Prozent auf fast 133 Millionen Stück. Die Retouren legten um 16 Prozent auf 28 Millionen zu. Wie wichtig das Geschäftsfeld für die Post ist, zeigen die Prognosen: Die Zahl der von der Post (ohne DHL) ausgelieferten Pakete soll von 108 Mio. im Jahr 2018 bis 2022 auf 150 Millionen zulegen.

Auch im Jahr 2018 bescherte der Paketdienst der Post die schwarzen Zahlen: Das Wachstum im Paketgeschäft mit 11,5 Prozent auf 552 Mio. Euro hat den Rückgang im Briefgeschäft um 2,5 Prozent auf 1,412 Mrd. Euro ausgeglichen.

Wettbewerbsbehörde nimmt Paketmarkt unter die Lupe

Der Deal der Post mit dem Konkurrenten DHL könnte sich als kartellrechtlich problematisch erweisen. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wird anlässlich der geplanten Übernahme den österreichischen Paketmarkt einer genauen Prüfung unterziehen, wie BWB-Chef Theodor Thanner am Dienstag gegenüber der APA ankündigte. Der Grund seien die hohen Marktanteile.

“Wir rechnen damit, dass das die Woche offiziell eingereicht wird”, sagte Thanner. “Unterlagen haben wir keine schriftlichen, daher werden wir einmal die Fusionsanmeldung abwarten und dann intensiv prüfen und analysieren.” Den Einstieg des Internethändlers Amazon in das Zustellgeschäft im Großraum Wien mit einem Verteilzentrum in Großebersdorf will die Behörde ebenfalls berücksichtigen.

Grundsätzlich wird im Kartellrecht in Österreich ab 30 Prozent Marktanteil von einer marktbeherrschenden Stellung ausgegangen. In der Vergangenheit hat die BWB bei Zusammenschlüssen mit hohen Marktanteilen Marktbefragungen durchgeführt. Dies wird auch in diesem Fall erwogen, wie Thanner sagte. Im Regelfall hat die BWB vier bis sechs Wochen Zeit für die Fusionskontrolle, besonders heikle Fällen landen vor dem Kartellgericht.

Pölzl: Keine Marktbeherrschung wegen Amazon-Konkurrenz

Post-Chef Georg Pölzl sieht in der Übernahme des Österreich-Geschäftes der Deutsche-Post-Tochter DHL keine Einschränkung beim Wettbewerb. Er verweist auf den Einstieg von Amazon ins Paketgeschäft im Herbst 2018, wodurch sich die Marktanteile deutlich verschieben werden. Jedenfalls weit über die zwei Prozent, die der “Branchenradar” für Amazon für das Vorjahr ausgewiesen hat. Wie viel vom Paketkuchen sich der US-Konzern schnappen werde, ist aber schwer abzuschätzen, so Pölzl am Dienstag im Gespräch mit der APA. Die Börse reagierte jedenfalls erfreut auf die heutige Ankündigung, das DHL-Geschäft hierzulande heuer zu übernehmen. Die Postaktie legte zu Mittag gegenüber dem Vortag um 3,25 Prozent auf 35,56 Euro je Aktie zu.

Zur Suche nach einem Finanzdienstleister als Ersatz für die Bawag meinte der Post-Generaldirektor heute: “Es tut sich sehr viel.” Die Post sei in guten Verhandlungen, man komme gut voran.

Sehr zufrieden zeigte sich Pölzl mit dem gerade angelaufenen Service “Alles Post”, mit der Onlineshopper sicherstellen können, dass die bestellten Waren nur durch die Österreichische Post zugestellt werden. 22.000 Voranmeldungen gebe es schon, wobei sich das Jahresabo als beliebter als das 3-Monats-Abo herausgestellt habe.

Das Einkaufszentrum in der neuen Post-Zentrale am Wiener Rochusmarkt, das anfänglich noch einigen Leerstand hatte, sei inzwischen gefüllt, versichert Pölzl. Nichts Neues gäbe es zur Datenaffäre, die Post befinde sich im Beantwortungsprozess. Zum Hintergrund: Die Datenschutzbehörde hat festgestellt, dass die Post Daten zur “Parteiaffinität” nicht verarbeiten hätte dürfen. Die Behörde ordnete an, diese Praxis mit sofortiger Wirkung zu unterlassen und die Daten zu löschen. Dem war zuvor schon die Post nachgekommen, will aber nun auf dem Rechtsweg eine endgültige Klärung zur Verarbeitung personalisierter Daten herbeiführen.

(APA/Red)

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