EU-Vorschlag zu Beitrittsverhandlungen mit Ukraine: Österreich prüft
Wie bereits zuvor Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte Edtstadler, dass es kein "Fast-Track-Verfahren" für manche Beitrittskandidaten gebe könne. Edtstadler hatte zuvor mit dem ungarischen Europaminister János Bóka gesprochen, der im Vorfeld der ungarischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2024 Besuche in den EU-Hauptstädten absolviert. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte sich seinerseits bereits gegen eine "vorschnelle" Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit dem von Russland angegriffenen Land ausgesprochen.
Stagnation bei Beitritt der Westbalkan-Staaten
Diese Position unterstrich auch Bóka bei seinem Besuch in Wien. Vielmehr müssten innerhalb der Europäischen Union sehr bald "strategische Gespräche" darüber geführt werden, "ob es der Sicherheit der EU dient, wenn wir mit einem im Krieg befindlichen Land Beitrittsgespräche aufnehmen".
Die österreichische Ministerin und der ungarische Minister beklagten gleichzeitig beide, dass es in puncto Beitritt der Westbalkan-Staaten in den vergangenen 20 Jahren kaum Fortschritte gegeben hat. "Wir dürfen den Westbalkan nicht verlieren!", betonte Edtstadler nachdrücklich. Bóka gab sich seinerseits überzeugt: "Wenn die EU so viel Energie dafür investiert hätte, den Prozess voranzubringen, als dafür, ihn zu bremsen, wären diese Länder schon Mitglieder der EU."
Gemeinsame Migrationspolitik und EU-Wahl
Bezüglich illegale Migration betonten beide Seiten die enge gemeinsame Kooperation, auch mit Serbien, beim Außengrenzschutz und forderten eine gemeinsame europäische Lösung für die Migrationspolitik. Angesichts der bevorstehenden EU-Wahl zeigte sich Edtstadler "besorgt", dass es nach wie vor keine gemeinsame EU-Position zur Migration gibt. Dies könnte nämlich im Wahlkampf von EU-Kritikern "als Beispiel für die fehlende Problemlösungsfähigkeit der EU" herangezogen werden.
Ungarns EU-Ratspräsidentschaft 2024 und Rechtsstaatsprinzipien
Bóka leitet seit August das neu gegründete ungarische Ministerium für Europäische Angelegenheiten. Dieses hat insbesondere die Aufgabe, Ungarns EU-Ratspräsidentschaft 2024 vorzubereiten. Zuvor war der 45-jährige Jurist und ausgewiesener Europarechtsexperte als Europa-Staatssekretär im ungarischen Justizministerium angesiedelt gewesen.
Im Streit mit Ungarn um Verstöße gegen Rechtsstaatsprinzipien hält die EU-Kommission sämtliche Gelder aus dem EU-Kohäsionsfonds für das osteuropäische Land zurück. Insgesamt wurden im Dezember 2022 rund 22 Milliarden Euro eingefroren. Die EU-Kommission hatte Ungarn einen Katalog von Anforderungen geschickt, die es im Streit über Rechtsstaatsprinzipien erfüllen muss, bevor die EU-Gelder fließen können. Im Zentrum stehen die Unabhängigkeit der Gerichte und Bekämpfung von Korruption auf höchster Ebene.
(APA/Red)