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23-Jährige starb in Wiener Krankenhaus: Gutachten sorgten für Schuldspruch

Prozess um tote Patientin 2 - Gutachten sorgten für Schuldspruch
Prozess um tote Patientin 2 - Gutachten sorgten für Schuldspruch ©Wikimedia Commons/Gugerell (Sujet)
Im Wiener Straflandesgericht beim Prozess um den Tod jener 23-jährige Frau, die am 29. November 2008 nach einer Fußoperation im Krankenhaus Göttlicher Heiland gestorben war, gab es einen Schuld- und einen Freispruch. Für den Schuldspruch sorgten die Gutachten.
Vernichtendes Gutachten
Arzt in Wien verurteilt

Den Schuldspruch für den mit der Betreuung der 23-jährigen Patientin befasst gewesenen Turnusarzt begründete Richterin Andrea Philipp mit den Sachverständigen-Gutachten. Diese hätten übereinstimmend ergeben, dass es einer besseren Überwachung der jungen Frau bedurft hätte, “wenn man jemandem Dipidolor in so hoher Dosis gibt”.

Die 23-Jährige sei eine Risiko-Patientin gewesen, der Turnusarzt habe es “unterlassen, persönlich und eingehend ihren Schmerzzustand zu überprüfen”, bemängelte die Richterin.

23-Jährige starb nach Fuß-Op in Wien

Der Mediziner hatte drei Mal die Verabreichung von je 7,5 Milligramm Dipidolor veranlasst, ohne jemals mit dem an sich letztverantwortlichen Oberarzt Rücksprache zu halten, was die Richterin ebenfalls kritisierte. Bei der Gabe der einzelnen Dosen habe der Arzt weiters die “gebotenen Zeitintervalle” und die “kumulierte Wirkungsweise” der mit zusätzlichen Medikamenten versorgten Patientin nicht berücksichtigt.

Zudem hätte der Mediziner, als er gegen 6.00 Uhr in der Früh von der Nachtschwester von einer offensichtlichen “Verschleimung” der schlafenden Patientin erfuhr, die Frau “aufwecken müssen, um zu sehen, in welchem Zustand sie sich befindet”, sagte Philipp.

Schuldspruch bei Prozess in Wien

Der Schuldspruch beschränkte sich auf den Tatbestand der fahrlässigen Tötung im Sinn des Paragrafen 80 Strafgesetzbuch (StGB) und den dafür vorgesehenen Strafrahmen von maximal einem Jahr Haft. Die von der Staatsanwaltschaft angenommenen gefährlichen Verhältnisse, die bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe möglich machen hätten können, waren nach Ansicht der Richterin nicht gegeben.

Beim Orthopäden, der die 23-Jährige operiert hatte, konnte das Gericht demgegenüber “keinen Sorgfaltsverstoß” feststellen, hieß es in der Urteilsbegründung. Der Freispruch ist – ebenso wie die Verurteilung des Turnusarztes – nicht rechtskräftig. Staatsanwältin Julia Kalmar gab vorerst keine Erklärung ab, Verteidiger Ernst Schillhammer – der Rechtsvertreter des schuldig erkannten Mediziners – erbat Bedenkzeit.

Krankenhaus entging Verbandsgeldbuße

Der Antrag der Staatsanwaltschaft, über die Krankenhaus Göttlicher Heiland GmbH nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) eine Geldbuße zu verhängen, wurde abgewiesen. Die Anklagebehörde hatte dem Spital im Zusammenhang mit dem Ableben der 23-Jährigen angekreidet, es habe keine angemessene postoperative schmerztherapeutische Versorgung gegeben und Entscheidungsträger der Anstalt hätten die ihnen zumutbare Sorgfalt außer achtgelassen.

Für Richterin Andrea Philipp hatte die Verhandlung jedoch keine Beweise in diese Richtung erbracht. Das Organisationsmodell sei “verbesserungswürdig, aber nicht grundsätzlich falsch” gewesen. Personal und technische Geräte wären ausreichend vorhanden, für die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter gesorgt gewesen. Ihr Wissen hinsichtlich schmerztherapeutischer Maßnahmen “durch eigenständige Vertiefung” zu erweitern, wäre auch Aufgabe der konkreten Mitarbeiter selbst gewesen: “Es reicht nicht, aus dem Beipackzettel zu lesen.”

Dem Spital könne in Bezug auf die Unterlassungen des schuldig erkannten Turnusarztes “insgesamt kein Vorwurf gemacht werden”, zumal der Mediziner eine 18-monatige Erfahrung im Haus und ein Notfall-Zertifikat gehabt hätte, stellte Philipp fest. Im Göttlichen Heiland habe es einen “24-stündigen Fachdienst” gegeben: “Der Turnusarzt hätte sich jederzeit an einen Facharzt wenden können.” Dass er dies unterließ, könne dem Krankenhaus nicht angelastet werden.

(Red./APA)

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