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2023 über sieben Prozent erwartet: Wifo/IHS erhöhen Inflationsprognose

Wifo/IHS änderten Inflationsprognose.
Wifo/IHS änderten Inflationsprognose. ©APA/Barbara Gindl (Symbolbild)
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Insitut für Höhere Studien (IHS) haben in ihrer am Donnerstag veröffentlichten Konjunktur-Frühjahrsprognose die für 2023 erwartete Inflationsrate nach oben korrigiert.
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Die Konjunkturexperten des Wifo und des IHS rechnen heuer mit einem Mini-Wirtschaftswachstum von 0,3 bzw. 0,5 Prozent und einer weiterhin hohen Inflationsrate von über 7 Prozent in Österreich. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sieht dringenden Handlungsbedarf bei Regierung und Sozialpartnern, um die Inflation zu bekämpfen. IHS-Direktor Klaus Neusser wünscht sich "mehr Treffsicherheit" bei Maßnahmen der Regierung.

"Preisdynamik viel zu hoch"

"Die Preisdynamik ist viel zu hoch. Das macht mir Sorgen", sagte Wifo-Chef Felbermayr am Donnerstag bei der Präsentation der Frühjahrs-Konjunkturprognose. Im Vergleich zu Deutschland und dem Eurozonen-Schnitt werde die erwartete Inflationsrate in Österreich heuer um 1 bzw. 2 Prozentpunkte höher sein. Wenn dieser Abstand mehrere Jahre bestehe, dann habe dies Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und drücke auf das Wachstum. Von der Regierung wünscht sich der Wifo-Chef eine Strategie zur Teuerungsbekämpfung. Kritik übte er erneut daran, dass keine Mietpreisbremse eingeführt wurde.

Felbermayr richtete einen Appell an die Sozialpartner im Hinblick auf die Gehalts- und Lohnverhandlungen und die Preispolitik: "Es muss auf beiden Seiten Mäßigung eintreten." Man könne aber nicht von der Gewerkschaft verlangen, dass sie die Lasten trage, wenn es von der Arbeitgeberseite keine Signale gebe, dass "man bei den Preisen was tut". Hier brauche man "die gute alte Sozialpartnerschaft". "Das sollte man gemeinsam angehen, um die Lasten, die da sind, gerecht zu verteilen." Als Wifo helfe man den Sozialpartnern gerne, "innovative Lösungen zu finden", so Felbermayr.

Lohn-Preis-Spirale "gegenwärtig nicht auszumachen"

Eine Lohn-Preis-Spirale sei "gegenwärtig nicht auszumachen", allerdings wirke "die Lohnentwicklungen einem zügigeren Abflachen der Inflation entgegen", heißt es in der IHS-Konjunkturprognose. Für IHS-Chef Neusser ist vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig für die Inflationsbekämpfung. "Sie hat erkannt, dass sie was tun muss." Die heimische Regierung könne bei der Wettbewerbspolitik nachschärfen. "Da sollte man mehr tun, dass man da die Preise runterbringt", sagte Neusser.

Für 2023 erwartete Inflationsrate nach oben korrigiert

Wifo und IHS haben in ihrer heute veröffentlichten Frühjahrsprognose die für das laufende Jahr erwartete Inflationsrate merklich nach oben korrigiert. Im vergangenen Dezember rechneten die Wirtschaftsforscher für 2023 noch mit einer Teuerung von 6,5 bzw. 6,7 Prozent in Österreich, nun liegt die prognostizierte Steigerung des Verbraucherpreisindex (VPI) bei 7,1 bzw. 7,5 Prozent. Im Vorjahr belief sich die Inflation auf 8,6 Prozent.

Die hohen Energiepreise werden laut dem Wifo schneller und stärker auf andere Güter und Dienstleistungen überwälzt als in der letzten Konjunkturprognose angenommen. Im kommenden Jahr erwarten die Experten dann eine Halbierung der Inflationsrate auf 3,5 Prozent (IHS) bzw. 3,8 Prozent (Wifo).

Prognose für Wirtschaftsentwicklung fast unverändert

Die Prognose für die heimische Wirtschaftsentwicklung beließen beide Institute im Vergleich zu Dezember nahezu unverändert. Das Wirtschaftswachstum in Österreich wird heuer unter anderem von der hohen Inflation und der schwachen internationalen Nachfrage stark gebremst und soll laut Wifo und IHS nur bei real plus 0,3 bzw. plus 0,5 Prozent liegen. In der zweiten Hälfte des laufenden Jahres rechnen die Wifo-Ökonomen dann mit "einer Konjunkturbelebung" und die IHS-Forscher mit einer Rückkehr auf "einen stabilen Wachstumspfad". Im kommenden Jahr erwarten die Expertinnen und Experten ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent (IHS) und 1,8 Prozent (Wifo).

Österreichs Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren eine Achterbahnfahrt erlebt: Nach dem Corona-bedingten Einbruch des realen Wirtschaftswachstums im Jahr 2020 von minus 6,5 Prozent ging es 2021 mit plus 4,6 Prozent und 2022 mit plus 5 Prozent wieder steil nach oben. Im zweiten Halbjahr 2022 setzte ein internationaler Konjunktureinbruch ein, der auch Österreichs Volkswirtschaft erfasste.

Nationale Arbeitslosenrate: Wifo geht von Anstieg von 0,1 Prozentpunkten aus

Die Stagnation der Wirtschaft im laufenden Jahr hinterlässt aber kaum Spuren am Arbeitsmarkt. Das Wifo geht von einem Anstieg der nationalen Arbeitslosenrate von nur 0,1 Prozentpunkten auf 6,4 Prozent aus, das IHS rechnet mit einer Seitwärtsbewegung. Für 2024 gehen die Experten von einem Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,1 bzw. 6,2 Prozent aus.

Die hohe Inflation hilft aber dem öffentlichen Budget: Inflationsbedingt steigen die Steuereinnahmen deutlich stärker als die Staatsausgaben und das nominelle Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll laut Wifo im laufenden Jahr um 7,4 Prozent auf 480,6 Mrd. Euro klettern. Das Wifo rechnet für 2022 und 2023 mit einem staatlichen Finanzierungssaldo in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von minus 2,5 Prozent bzw. minus 1,8 Prozent, das IHS mit einem Budgetsaldo von minus 3,1 Prozent bzw. minus 2,9 Prozent. Für 2024 rechnet das Wifo mit einem Budgetsaldo von minus 0,4 Prozent und das IHS mit minus 2,3 Prozent.

Prognostizierte Budgetzahlen von Wifo für Ministerium "nicht nachvollziehbar"

Die prognostizierten Budgetzahlen des Wifo sind für das Finanzministerium "nicht nachvollziehbar", weil sie "sehr stark vom IHS" abweichen. "Die umfangreichen Hilfsprogramme hinterlassen sehr wohl tiefe Spuren im Budget. Das Finanzministerium geht für das Jahr 2022 weiterhin davon aus, dass das Defizit - wie budgetiert - über 3 Prozent liegen wird", hieß es in einer Stellungnahme des Ministeriums. "Das Defizit werde aufgrund der massiven staatlichen Unterstützungen wohl auch 2023 in einer ähnlichen Größenordnung ausfallen."

Für Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) ist es angesichts der Konjunktureintrübung und der hohen Inflationsrate "entscheidend, die Kaufkraft am Standort zu erhalten". "Neben Maßnahmen auf nationaler Ebene zur Reduktion der Inflation, ist hier vor allem die europäische Geldpolitik gefordert", so Kocher in einer Aussendung. Um das Wachstum anzukurbeln, brauche es Investitionsanreize, so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf.

Grundnahrungsmittel: Temporäre Mehrwertsteuersenkung gefordert

FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer forderte eine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. "Wir fordern seit Monaten, dass die Ursachen und nicht die Folgen der Teuerung bekämpft werden", so Angerer. NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker kritisierte die Ausgabenpolitik der Regierung. "Wir sind in einer Stagflation. Daher müssen wir die Inflation dämpfen, eine restriktive Fiskalpolitik fahren und Wachstum ermöglichen."

(APA/Red)

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