Wie schnell man auch in ganz jungen Jahren unter einer massiven Anklage vor Gericht landen kann, hat am Dienstag ein 15 Jahre alter Schüler im Wiener Straflandesgericht erfahren. Er musste sich unter dem Vorwurf des Raubes und der Erpressung vor einem Schöffensenat verantworten, weil er – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – im Alter von 14 einem damals Zwölfjährigen mit einem Faustschlag und unter Androhung weiterer Gewalt Bargeld abgenommen haben soll.
Die Anschuldigungen gegen den Burschen relativierten sich im Verlauf des Verfahrens allerdings deutlich.
15-Jähriger in Wien vor Gericht
Der Schüler räumte zunächst ein, sich von dem jüngeren Buben, den er beim Fußballspielen in einem Park in Wien-Brigittenau kennengelernt hatte, mehrfach Geld “ausgeborgt” zu haben. Er habe im vergangenen Herbst insgesamt 60 Euro erhalten und bis heute nicht zurückbezahlt, den körperlich deutlich unterlegeneren Burschen jedoch nie geschlagen oder bedroht.
Die zeugenschaftliche Befragung des mutmaßlichen Opfers “drehte” dann den bisherigen Ermittlungsstand: Entgegen seiner Angaben vor der Polizei erklärte der mittlerweile 13 Jahre alte Bub, dem Angeklagten zwar Geld gegeben zu haben. Dieser habe ihn aber nicht dazu gezwungen oder ihn gar körperlich angegriffen: “Ich musste mir eine Geschichte ausdenken, weil mein Vater gefragt hat, was mit dem Geld ist. Ich hab’ mich nicht getraut, die Wahrheit zu sagen.”
Erpressungsvorwurf wurde relativiert
Der Bursch hatte mit der Bankomat-Karte seines Vaters Geld behoben und dieses angeblich recht großzügig unter den Jugendlichen im Park verteilt, indem er die älteren etwa zum Pizza-Essen oder in ein Internet-Cafe einlud. “Es wird eine Art Freundschaft-Kaufen gewesen sein”, vermutete Wolfgang Rafaseder, der Rechtsbeistand des angeklagten 15-Jährigen. Als der Vater – ein 63 Jahre alter Pensionist – anhand von Konto-Auszügen regelmäßige Behebungen seines Sohnes feststellte und diesen damit konfrontierte, belastete dieser den 15-Jährigen sowie einen 18 Jahre alten Burschen, dem er bis zum Dezember 2012 sogar 1.500 Euro ausgehändigt haben soll, weil ihn dieser laut Anklagebehörde mit dem Umbringen bedrohte.
Der ebenfalls zur Anklage gebrachte 18-Jährige leugnete in der heutigen Verhandlung die inkriminierten Drohungen, gab aber zu, insgesamt 950 Euro genommen, zumal er keinen Job gehabt hätte. “Ich war trinken, war im Kino, hab’ mir Gewand gekauft”, gab er zu Protokoll.
Verhandlung auf September vertagt
Die Verhandlung gegen den 15-Jährigen sowie den 18 Jahre alten Jugendlichen wurde zur Einvernahme eines Zeugen auf den kommenden September vertagt. Wie Rechtsanwalt Wolfgang Rafaseder, der Verfahrenshelfer des jüngeren Angeklagte am Rande der Verhandlung betonte, stellt das Strafverfahren für diesen und seine Familie eine enorme Belastung dar: “Es geht um Raub und Erpressung. Das ist ja nicht nichts.”
Selbst die Staatsanwältin hatte in einer Pause gegenüber Rafaseder sinngemäß eingeräumt, von der – nicht von ihr verfassten – Raub-Anklage gegen den 15-Jährigen nicht mehr überzeugt zu sein, nachdem das angebliche Opfer als Zeuge erklärt hatte, die Geldzahlungen wären ohne Zwangsausübung erfolgt. Sie könne bzw. werde die Anklage allerdings nicht zurückziehen, “weil der Akt nicht von mir ist”.
(APA)