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Ex-Valencia-Spieler Kurt Jara: So schätzt er Rapids Chancen im Europa-League Duell ein

Kurt Jara sieht Rapids Aufeinandertreffen mit Valencia ausgeglichen.
Kurt Jara sieht Rapids Aufeinandertreffen mit Valencia ausgeglichen. ©APA/Robert Jäger
Kurt Jara vor Rapids Europa-League-Hit im VIENNA.at-Interview über die Krisenstimmung in Valencia und seine optimistische Einschätzung für die Wiener.
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In drei aufeinanderfolgenden Jahren führte Kurt Jara den FC Tirol als Trainer zum Meistertitel, auch bei Red Bull Salzburg, in Deutschland, der Schweiz und Griechenland war er als Coach beschäftigt.

Die Hauptreferenz, warum VIENNA.at den Innsbrucker als Gesprächspartner vor dem Sechzehntelfinal-Hinspiel der Europa League zwischen dem FC Valencia und Rapid Wien ausgewählt hat, sind jedoch die zwei Jahre, die Jara als Spieler Mitte der 70er bei den “Fledermäusen” an der spanischen Mittelmeerküste verbrachte.

Noch heute verbringt der 65-Jährige viel Zeit in seinem Haus in Valencia, beim Rapid-Gastspiel im Estadio Mestalla wird er – im Gegensatz zum Auswärtsmatch bei Villarreal – allerdings nicht vor Ort sein. Mit uns sprach Jara über die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim spanischen Traditionsklub, den Umgang der Fans mit der sportlichen Krise und seine optimistische Einschätzung des Duells aus grün-weißer Sicht.

VIENNA.at: Herr Jara, erwischen wir Sie gerade in Österreich oder in Spanien?

Kurt Jara: Ich bin gerade in Österreich.

Aber Rapids Gastspiel in Valencia lassen Sie sich nicht entgehen, oder?

Doch, weil ich mit meinen Enkerln auf Skiurlaub bin.

Anlässlich des 1/16 Finales der UEFA Europa League gegen Valencia C.F. haben wir wieder den traditionellen Matchschal fü…

Posted by SK Rapid Wien on Montag, 15. Februar 2016

Zu sagen haben Sie über Valencia dennoch sicher einiges. Das ist der wichtigste Klub in einer fußballverrückten Stadt – wie erleben Sie die Stimmung dort angesichts der sportlichen Talfahrt?

Es läuft sicher nicht so, wie es sich alle vorgestellt hätten, denn eigentlich sollte Valencia die dritte oder vierte Kraft in Spanien sein. Klarerweise ist die Stimmung nicht gut, aber sie ist auch nicht vergiftet. Die Fankultur in Spanien ist eine andere als hierzulande oder in Deutschland. Natürlich sind die Leute nicht erfreut, wenn es nicht läuft, aber sie gehen trotzdem ins Stadion und stehen zu ihrer Mannschaft. Es gibt vielleicht einmal Unmutsbekundungen mit weißen Tüchern gegen Präsident und Vorstand, aber die Mannschaft wird nicht rigoros ausgepfiffen, ausgebuht oder es stehen Leute vor dem Bus. Das gibt es in Spanien, zumindest in Valencia, nicht.

Als ehemaliger Spieler des Klubs, der mit der Stadt nach wie vor verbunden ist: Geht ihnen diese Krise nahe?

Ich gehe gerne ins Stadion, schau mir die Spiele gerne an und bin auch froh, wenn Valencia gewinnt und wenn sie Erfolg haben. Nahe geht es mir im Prinzip aber nicht mehr. Ich will, wenn ich ins Stadion gehe, einfach ein schönes Fußballspiel sehen.

Wie beurteilen Sie die Verpflichtung von Trainer Gary Neville?

Es war sehr überraschend, dass Nuno Espírito Santo nach wenigen Niederlagen Ende November relativ schnell weg war. Das hat sicher auch mit Geldgeber Peter Lim zu tun, der Neville gut kennt und mit ihm in England auch geschäftlich zu tun hat. Da hat er ihn dann reingesetzt und damit sind momentan sicher nicht alle glücklich.

Trauen Sie Neville zu, das Ruder noch herumzureißen?

Man hat trotz der zwölf sieglosen Spiele in der Meisterschaft nicht die Reißleine gezogen und er hat die Unterstützung vom Geldgeber bekommen. Also lässt man ihn jetzt weiterarbeiten und die Mannschaft hat ja auch die Klasse, um da hinten wieder wegzukommen. Aber eines ist klar: Einen europäischen Startplatz wird sie heuer nicht mehr erreichen. Daher, denke ich, wird man auf die Europa League setzen, um vielleicht als Titelverteidiger nächste Saison doch wieder dabei zu sein.

Das Estadio Mestalla ist eine beeindruckende Arena. Was kommt dort auf Rapid zu?

Die spanischen Fans sind nicht so organisiert, bis auf ein paar kleinere Gruppen, die permanent Stimmung machen und die die Atmosphäre im Stadion schon ein bisschen anheizen. Aber das spanische Publikum ist im Grunde sehr seriös, akzeptiert den Gegner und es wird sicher nichts Negatives gegen Rapid vorfallen.

Sie haben Rapid auch gegen das nur 60 Kilometer entfernte Villarreal gesehen. Was kann Rapid von diesen Spielen mitnehmen, um sich auf Valencia einzustellen und wo liegen die Unterschiede zwischen den beiden spanischen Teams?

Sie haben gegen Villarreal zwei sehr gute Spiele gemacht. Rapid lebt von der Ordnung und dem Konterspiel, das müssen sie in Valencia auch wieder hundertprozentig umsetzen. Der Unterschied ist, dass Valencia viele gute Einzelspieler hat, aber kein Kollektiv ist. Villarreal dagegen ist ein echtes Team, deshalb liegen sie auch auf dem vierten Platz in Spanien und Valencia nur auf dem zwölften.

Wie schätzen Sie die Chancen ein?

50:50.

So optimistisch?

Ja, aufgrund dessen, dass Valencia noch keine gefestigte Mannschaft ist. Wenn man sie die letzten Monate über verfolgt hat, hat man gesehen, dass sehr viel experimentiert wurde, immer wieder andere Spieler zum Einsatz gekommen sind und nach wie vor die richtige Zusammensetzung gesucht wird. Deshalb sehe ich es als ein 50:50-Duell.

Trotz der Krise ist der FC Valencia in der Wahrnehmung weiterhin ein europäischer Großklub. Besteht die Möglichkeit, dass sie Rapid unterschätzen?

Das glaube ich in dieser Situation nicht. Die wissen ja auch, wie Rapid gegen Villarreal gespielt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn ich in der Meisterschaft schlecht spiele und im Pokal gegen Barcelona mehr oder weniger sang- und klanglos ausgeschieden bin, dann irgendeinen Gegner unterschätzen werde.

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