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Zwischen Tradition und Glamour

Während das offizielle Programm mit einer wunderschönen Eröffnung die Wiener Balltradition hochleben ließ, wetteiferte die "Promi-Front" um das aufregendste Dekollete.

Organisatorin Elisabeth Gürtler kann sich jedenfalls über einen gelungen Abend freuen, der der Staatsoper einmal mehr einen Einnahmenrekord beschert haben dürfte. Beim Publikum im restlos ausverkauften Haus kam die bunte Mischung aus Tradition und Glamour gut an, Kritik wurde nur selten laut.

Anstatt eines Mottos stand der Ball heuer ganz im Zeichen der Farbe Gelb. Bis hin zum Kleid der Organisatorin war das „Outfit“ der Veranstaltung darauf ausgerichtet. Die 45.000 kolumbianischen Rosen, mit denen das Sangeshaus geschmückt war, stellten so manche Garderobe in den Schatten.

Der Höhepunkt der Eröffnung war die „Tritsch Tratsch Polka“, die von Kindern des Chores der Opernschule der Wiener Staatsoper gesungen wurde. Die Eleven und Elevinnen der Ballettschule tanzten dazu unter der Choreografie von Renato Zanella. Danach glänzte der offizielle Stargast des Abends, der Tenor, Komponist und Dirigent Jose Cura, mit der „Cancion a la Bandera“ aus Aurora von Hector Panizza.

Der Einzug des Eröffnungskomitees wurde dieses Mal von einem „Skandälchen“ überschattet. Melanie-Antoinette de Massy de Monaco, eine Großnichte von Fürst Rainier, fand keinen Platz in der ersten Reihe und verweigerte daraufhin die Teilnahme. Dafür feierten Fiona Klausnitzer, Tochter von Rudolf Klausnitzer, und Celine Roschek, die amtierende Miss Austria, ihr gesellschaftliches Debüt. Thomas Schäfer-Elmayer gab zum ersten Mal mit dem berühmten Kommando „Alles Walzer“ das Parkett für die Gäste zum Tanz frei. „Ich finde, es war ganz gut“, meinte er nach seiner Premiere.

Der Star des Abends war aber Pamela Anderson, die auf Einladung von Richard Lugner den Ball besuchte. Der Auftritt der „Baywatch“-Nixe, die eigentlich „wie Cinderella“ die Veranstaltung besuchen wollte, blieb nicht ohne Zwischenfälle. Schon bei ihrer Ankunft vor der Oper war die Schauspielerin mit einer wahren Flut von Berichterstattern konfrontiert. Völlig verdutzt sah sich Pam mit einer Unmenge von Objektiven und Mikrofonen konfrontiert. Noch dazu wurde von einer Gruppe rund um ein Anderson-Double ein Transparent mit der Aufschrift „No war for oil“ entrollt.

Die Ordnungskräfte sorgten dafür, dass Pamela Anderson und der Rockstar Kid Rock unbeschadet die Oper betreten konnten. Der Verlobte von Anderson wusste sich aber auch selbst zu helfen, schlug kurz um sich und drohte einem Fotografen. Unschuldig zum „Handkuss“ kam U4-Türsteher Conny de Beauclair. Er darf sich künftig rühmen, von Kid Rock einen Schlag auf den Kopf bekommen zu haben. Zu einem gröberen Zwischenfall kam es allerdings nicht.
In der Oper war es nicht viel besser. Die Schauspielerin konnte die Loge nicht einmal verlassen, um auf die Toilette zu gehen, da sich sofort mehr als 20 Kamerateams auf sie stürzten und sie fast zu Boden rissen. „Ich bin wirklich in Panik“, so Anderson zur APA.

Bei einigen Ballbesuchern löste der Trubel rund um Pamela Anderson allerdings Kritik aus. Die schärfsten Worte fand der Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk: „Ich war sicher schon 35 Mal hier. Ich habe den Ball gerne, aber es stört mich die Erniedrigung, die darin besteht, dass der Ball dadurch ins Lächerliche gezogen wird.“ Zilk ortete eine „Ebene der untersten Sex-Lade mit dem Gewicht von Air-Bags“ und polterte: „Das ist mir zu wenig!“ Und er drohte: „Wenn da nächstes Jahr derselbe Auftritt erfolgt, mache ich nicht mehr mit!“

Zilk forderte Baumeister Richard Lugner auf, vom „Außenseiter-Schmäh eines geschickten Kaufmanns“ abzulassen. Dieser möge stattdessen Wissenschaftler einladen: „Gentechniker etwa. Da wären die Zeitungen auch voll.“

Gelassener sah es DJ Ötzi: „Pamela Anderson ist ein Weltstar, sind wir uns ehrlich. Ob man sie jetzt hübsch findet oder nicht, spielt keine Rolle. Sie verdient auf jeden Fall Respekt.“

Auch ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat hatte gegen das Gastspiel das „Baywatch“-Darstellerin keine Einwände. Im Gegenteil:
„Das sorgt weltweit für Aufsehen, und das ist gut für den österreichischen Fremdenverkehr.“

Dass sich die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP nicht allzu brutal gestalten, konnte man schon an den Gesichtern der handelnden Personen ablesen. Finanzminister Karlheinz Grasser kündigte etwa gut gelaunt eine „zwar kurze, aber intensive Nacht“ an. „Morgen um 8.00 Uhr müssen wir ja konzentriert sein, um die Sache zu einem Abschluss zu bringen“, meinte er im Gespräch mit der APA. Er zeigte sich „zuversichtlich“, dass die Verhandlungen erfolgreich zu Ende gehen werden: „Ich bin immer Optimist.“

Den Opernball betrachtete Grasser als „willkommene Abwechslung“. Konditionsschwäche mache ihm nach den langwierigen Gesprächen nicht zu schaffen: „Das Äder Ball, Anm.Ü muss sich schon ausgehen.“

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) bezeichnete die Veranstaltung als „Fun“, was vor allem an interessanten Gästen wie der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright liege. Der „Ball der Bälle“ habe ihm wie immer sehr gut gefallen. Zweifel hatte er offensichtlich aber an der vom Finanzminister behaupteten konditionellen Stärke:
„Ach, da weiß ich nicht so recht.“ Zur aktuellen politischen Lage wollte der Kanzler nicht Stellung nehmen.

Deutlicher wurde Rauch-Kallat (V): „Der Opernball ist Geschäft. Da geht man hin, weil es dazu gehört.“ Für Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer hat sich diese mehr oder weniger offizielle Verpflichtung erledigt. „Das Repräsentieren wird mir aber nicht abgehen“, meinte sie. Schon heute habe sie nicht mehr in der Regierungsloge Platz genommen.

Für Nicht-Politiker stand dagegen das Vergnügen im Vordergrund. So zeigte sich der ehemalige Skispringer Hubert Neuper in ausgelassener Stimmung – seine Tochter Nina durfte dieses Jahr den Ball eröffnen. Ski-Legende Toni Sailer – seiner Selbsteinschätzung nach eigentlich kein „Balltiger“- war auf seiner Opernball-Premiere vom Ambiente beeindruckt. DJ Ötzi freute sich, im Unterschied zum Vorjahr nicht zu spät gekommen zu sein. Serien-Liebling Uschi Glas lächelte den Fotografen zu, ehe sich diese der unmittelbar danach eintreffenden Pamela Anderson zuwandten.

Bereitwillig posierte auf der Feststiege auch der deutsche Schlagersänger Jürgen Drews („Ein Bett im Kornfeld“), der seiner Frau den Ballbesuch zum Geburtstag geschenkt hatte. „Ich bin eine Jungfrau“, meinte diese in Anspielung auf auf ihr strahlend weißes Kleid. Dieses sei den Sissy-Filmen nachempfunden: „Wenn schon ein Mal Opernball, dann wie Sissy.“

Danach wich Jürgen Drews’ gute Laune aber hektischer Betriebsamkeit. Er fand seine Loge nicht, verirrte sich in den weitläufigen Gängen und sprach zuletzt sogar andere Ballbesucher an:
„Können Sie mir sagen, wo ich hin muss?“

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