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Zwietracht säen

Gastkommentar von Johannes Huber zum kürzlich veröffentlichen Video der FPÖ.
Gastkommentar von Johannes Huber zum kürzlich veröffentlichen Video der FPÖ. ©APA/Herbert Neubauer
Gastkommentar von Johannes Huber. Die FPÖ hat das rassistische Video zurückgezogen. Die Botschaft passt jedoch zu einer Gesamtstrategie, die besonders für Wien gefährlich ist.

Österreich sei kein Einwanderungsland, hat Innenminister Hebert Kickl (FPÖ) unlängst gesagt. Das wirft eine Frage auf, die man zu Ende denken muss: Was ist mit den 806.000 Menschen mit Migrationshintergrund, die in Wien leben? Für Kickl gibt es nur zwei Möglichkeiten und eine Schlussfolgerung: Entweder will er sie nicht wahr- oder nur vorübergehend in der Stadt haben. Dauerhaft integriert haben will er sie ganz offensichtlich nicht.

Selbstverständlich ist das absurd: Wie einst schon Frauen, Männer und Kinder aus allen Winkeln der k. u. k.-Monarchie Teil der Donaumetropole geworden sind, sind es viele von ihnen auch. Nicht wenige von ihnen haben Karriere gemacht und sind hochangesehen. Ihre Herkunft ist kein Thema. Von Kickl erfahren sie nun jedoch, dass sie trotz allem nicht dazugehören können. Weil Österreich ja kein Einwanderungsland sei.

Die Wirkung dieser Ansage kann man nicht überschätzen: Sie ist Gift für das Zusammenleben von insgesamt 1,84 Millionen Bewohnern, die Wien zählt. Alles in allem würden sie ja ganz gut miteinander auskommen. Sonst würde die Stadt nicht zu den sichersten der Welt zählen. Natürlich gibt es Konflikte, natürlich gibt es Probleme. Während sich verantwortungsvolle Politiker jedoch darum bemühen, sie zu lösen, arbeitet Kickl an einem Gegeneinander der rund 800.000 mit und der einen Million Menschen ohne Migrationshintergrund.

Wenn das nur gut ausgeht. Zumal seine Partei da ganz und gar keine Hemmungen mehr kennt: Okay, das rassistische Video mit „Ali“, der versucht, die E-Card zu missbrauchen, zog sie wieder zurück. Vizekanzler Heinz-Christian Strache ließ wissen, dass er „keine Freude“ damit gehabt habe. Die Botschaft war jedoch draußen: Fremde versuchen uns zu betrügen, wo sie nur können. Besagter Ali etwa wollte sich der Darstellung zufolge mit der Sozialversicherungskarte seines Cousins Mustafa „die Zähne auf Vordermann bringen lassen“.

Wer darin kein Problem erkennt, möge sich dies vorstellen: Man ist einer dieser 800.000 Wiener mit Migrationshintergrund und bekommt so etwas vorgeführt. Oder, noch deutlicher: Man ist einer der 77.000 mit türkischer Herkunft, die da direkter angesprochen sind. Auch all jene, die gut integriert sind, fleißig Steuern zahlen und keine staatlichen Leistungen brauchen, erhalten derart verallgemeinert abgrundtiefe Verachtung zum Ausdruck gebracht. Gerne werden sie kaum noch in der Stadt leben: Wer weiß, ob der nächste Passant auf der Straße nicht auch so einen Betrüger in ihnen sieht?

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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