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Zwei Jugendhäuser, zwei Welten – warum Lustenau für die einen zahlt und die anderen sammeln müssen

©VOL.AT/Strobel
In Lustenau sammelt ein Jugendverein Spenden, während ein anderer voll finanziert wird. Zwei Systeme, zwei Realitäten – VOL.AT hat nachgefragt.

Die Räumlichkeiten sind Zeugen jahrelanger, erfolgreicher Arbeit mit Jugendlichen. Zwischen Miniramp und Boulderhalle gibt dieser Ort Jugendlichen seit langer Zeit Perspektive und Struktur. Seit über 30 Jahren engagiert sich der Verein "Culture Factor Y" in der offenen Jugendarbeit – doch aktuell droht das Aus. „Wenn wir nicht genug Geld bekommen, gibt es diese Räume einfach nicht mehr“, sagt Geschäftsführer Roman Zöhrer im Gespräch mit VOL.AT.

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Autonom seit 2021 – und zunehmend unter Druck

Zöhrer spricht von einem „ständigen Auf und Ab“, das die offene Jugendarbeit in Lustenau in den vergangenen Jahren durchlebt hat. „Wir sind seit Corona ziemlich autonom unterwegs“, sagt er. Der Verein habe sich entschieden, die Räume so lange wie möglich zu halten – obwohl der offizielle Auftrag durch die Gemeinde Ende 2021 endete. Seither finanziert sich die Arbeit durch eine Vereinsförderung, Projektmittel – und Spenden. Aktuell fehlen mehrere Tausend Euro, um den Betrieb bis Ende 2026 sichern zu können.

Die Räumlichkeiten sind gezeichnet von der jahrelangen Nutzung und dennoch funktioniert hier alles einwandfrei. ©Strobel/VOL.AT
Die Boulderhalle in der Culture Factor Y. ©Strobel/VOL.AT

Gemeinde: Auftrag liegt woanders

Bürgermeister Patrick Wiedl verweist auf die offizielle Trennung: Die Offene Kinder- und Jugendarbeit Lustenau (OK-JA!) sei seit 2022 in gemeindeeigener Verantwortung und werde vollständig durch Land und Gemeinde finanziert. Die aktuelle Spendensammlung betreffe nicht die OK-JA!, sondern explizit den Verein Culture Factor Y. Dieser sei als eigenständiger Kulturverein tätig, habe jedoch keinen Auftrag mehr von der Gemeinde. Eine jährliche Vereinsförderung erhalte der Verein nach wie vor. Offensichtlich zu wenig.

Im Vergleich zu den vorangegangenen Bildern, hier das Jugenhaus von "OK-JA!" das vollständig von Land und Gemeinde finanziert wird, in der Dornbirnerstraße in Lustenau. ©Strobel/VOL.AT

Wiedl betont zusätzlich, dass er Vergleiche zwischen verschiedenen Gemeindeprojekten – etwa im Sozial-, Kultur- oder Infrastrukturbereich wie dem Bau des neuen Stadions, der immer wieder zur Sprache kommt – für wenig zielführend hält. Alle Fördermittel für 2025 seien gesichert, für die kommenden Jahre sei jedoch „eine sorgfältige Neubewertung“ geplant.

Zwei Häuser, zwei Realitäten

Während Zöhrers Team Spenden sammelt, präsentiert sich das gemeindeeigene Jugendhaus „DÔ“ als moderne Einrichtung. „Natürlich ist das auf den ersten Blick beeindruckender“, sagt Zöhrer. „Aber wir bieten seit Jahrzehnten einen Raum, der nicht kontrolliert, sondern begleitet. Genau das brauchen viele Jugendliche.“
Der Verein betreut neben der offenen Jugendarbeit auch Projekte wie Gute Geister – ein Beschäftigungsprojekt für arbeitssuchende Jugendliche mit Taschengeldvergütung. Ebenso organisiert das Team Gewaltprävention an Schulen. „Aber das alles passiert projektbasiert“, erklärt Zöhrer. „Für den Raum selbst fehlt die Grundfinanzierung.“

Fazit: Kein Gegeneinander – aber offene Fragen

Der Vorwurf, die Gemeinde investiere lieber in Prestigeprojekte als in soziale Arbeit, liegt immer wieder in der Luft – doch Zöhrer vermeidet die Konfrontation. Trotzdem stellt sich die Frage, warum in Lustenau für neue Gebäude ausreichend Geld vorhanden ist, während eine etablierte Jugendeinrichtung zur Kollekte aufrufen muss.
Was bleibt, ist ein Gefühl von Parallelexistenz: zwei Jugendhäuser, zwei Finanzierungsmodelle, zwei Realitäten. Die eine trägt die Gemeinde – die andere die Bevölkerung.

Wer den Verein unterstützen möchte, hat auf folgendem Weg dich Chance dazu:

Der Spendenaufruf der die Runde macht. ©Zöhrer

(VOL.AT)

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