Eine Geschichte über Markendynamik, regionale Identität und die Frage: Wem gehört das Seeufer?
Wer am See entlangspaziert, merkt schnell: Das Bierangebot in Bregenz ist nicht mehr nur auf Mohrenbräu fokussiert.
Immer mehr Lokale schenken Fohrenburger aus, eine Marke, die traditionell im Oberland verortet war, aber seit über einem Jahrzehnt systematisch ihre Präsenz ausbaut.
Direktes Aufeinandertreffen von Fohren und Mohren
Mohrenbräu, über Jahrzehnte fest im Unterland verankert, sieht sich damit einer zunehmenden Konkurrenz gegenüber – ausgerechnet in einer Region, die lange als Hochburg galt. Es ist nicht nur ein Wechsel an der Zapfanlage, sondern ein direktes Aufeinandertreffen zweier Marken mit Geschichte – und mit Zukunftsansprüchen.
Ob im neuen Lokal beim Seebad, im Motorbootclub oder im Pier69 – Fohrenburger wird zunehmend ausgeschenkt. Eine Überraschung für viele Mohrenbräu-Fans. Denn traditionell galt im Ländle folgende Faustregel: Mohren im Unterland, Fohren im Oberland. Doch das entspricht natürlich schon lange nicht mehr der Realität.

Während manche Wirte gezielt Regionalität und Partnerschaften mit der Brauerei als Grund nennen, wurde die Wahl in anderen Fällen eher pragmatisch gefällt oder aus Erfahrung. Es gibt aber auch Lokale, die weiterhin auf Mohrenbräu setzen, etwa das Stadion oder die "buehnedrei"-Bar beim Festspielhaus. Im Fall des Tennisclubs kehrte Mohren nach einer Neu-Ausschreibung zurück. Während Fohrenburger an Sichtbarkeit gewinnt, bleibt Mohrenbräu in etablierten Bereichen weiterhin stark vertreten.

Mohrenbrauerei: "Jeder Markt und jede Fläche wichtig"
Die Mohrenbrauerei nimmt die Entwicklung ernst, gibt sich aber gelassen. „Grundsätzlich ist uns natürlich jeder Markt und jede Fläche wichtig“, sagt Unternehmenssprecher Andreas Linder gegenüber VOL.AT. Die Gastronomie am See habe dabei einen besonderen Stellenwert: „Das Bodenseeufer ist für die Mohrenbrauerei seit jeher ein bedeutender Teil unseres Heimatmarkts.“
Die vielzitierte Trennung „Mohren im Unterland, Fohren im Oberland“ will man nicht gelten lassen. „Das ist eine vereinfachende Wahrnehmung“, so Linder. „Tatsächlich sind wir im Lebensmittelhandel in allen Bezirken führend vertreten.“ Auch in der Gastronomie beobachte man Veränderungen genau – und reagiere mit „Engagement, Innovationskraft und Verlässlichkeit“.

Regionalität als Positionierungsfrage
Ein wichtiger Unterschied bleibt laut Mohren: die Eigentümerstruktur. Während Fohrenburger seit 2000 Teil eines internationalen Konzerns ist (heute Brau Union, Heineken), verweist Mohrenbräu auf ihre Rolle als unabhängiges Familienunternehmen. „Unsere Unabhängigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Identität“, so Linder. Diese werde in der Gastronomie wie bei Konsumenten geschätzt. Mohrenbräu genieße großes Vertrauen und stehe für regionale Qualität, Kontinuität und echte Partnerschaft.
Regionale Unabhängigkeit als wichtiger Punkt
Fohrenburger-Sprecher Markus Flatz stellt klar: Die Expansion ist kein Zufall. „Unser Verkaufsgebiet mit der Marke Fohrenburger erstreckt sich vom Bodensee bis zum Arlberg“, sagt er. Ziel sei es, „im ganzen Ländle Kunden von unserem regional gebrauten Bier aus Bludenz zu überzeugen.“

Das Unterland habe dabei stets eine wichtige Rolle gespielt – Schwankungen seien normal. Mit der laufenden Modernisierung der Bludenzer Abfüllanlage kündigt Flatz weitere Neuigkeiten an: „Ab Ende August wird es einige Innovationen geben, auf die sich alle im Ländle freuen dürfen.“
Emotion statt Abgrenzung
Zugleich setzt Fohrenburger auf emotionale Kommunikation. Die neue Kampagne „Fohrever. Gebraut für Freundschaften“ wird nach eigenen Angaben gut angenommen. „In Zeiten wie diesen ist es wichtiger denn je, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen“, betont Flatz. Darauf würde man von vielen Konsumenten und Gastropartnern angesprochen. "Das freut uns natürlich, denn es sind die Freundschaften und die gemeinsamen Erlebnisse, die unser Leben lebenswert machen", hält Markus Flatz fest.
Konkurrenz mit Respekt – kein Verdrängungswettkampf
Auch wenn Mohrenbräu nach wie vor in vielen Bereichen dominierend ist, zeigt sich in Bregenz ein interessantes Bild: Zwei Marken, zwei Philosophien – und ein Markt, der sich leise, aber deutlich wandelt. Der Wettbewerb bleibt dabei sachlich, respektvoll – und offen.

(VOL.AT)