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Zack, zack, Kurz

Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber.
Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Sozialdemokraten und Freiheitliche sind chancenlos gegen den Regierungschef. Der 32-Jährige kann sich allenfalls nur selbst schlagen.

Welches Spiel treibt Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz? Das Motto lautet jedenfalls „Der nächste bitte!“. In zwei Jahren hat er es geschafft, Sozialdemokraten und Freiheitliche vorzuführen, dass es ärger nicht mehr geht: 2017 setzte er als designierter Parteiobmann vorgezogene Nationalratswahlen durch, um die SPÖ mit dem glücklosen Christian Kern in die Opposition zu verabschieden. 2019 nützte er die erstbeste Gelegenheit, die Freiheitlichen aus der Regierung zu werfen, wobei ihm Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus mit dem unsäglichen Auftritt in der Ibiza-Villa natürlich auch alle Gründe lieferten. Und zwar frei Haus.

Und jetzt? Jetzt folgt eine Zwischenrunde: Während die Freiheitlichen noch nicht wissen, wo oben und wo unten ist, knöpft sich Kurz die Sozialdemokraten vor, damit sie angeschlagen in den Wahlkampf ziehen. Einmal wirft er ihnen Stillstand vor, ein anderes Mal packt er das Code-Wort „Silberstein“ aus, um in Verbindung mit dem Ibiza-Video Erinnerungen an schmutzige Methoden zu wecken, die Kerns Berater Tal Silberstein angewendet haben soll.

Fertig? Nein. Der Gipfel der SPÖ-Demütigung folgt erst. Selbstverständlich müssten Pamela Rendi-Wagner und Genossen dem Kanzler in der Sondersitzung des Nationalrats am kommenden Montag ihr Misstrauen aussprechen. Das erwarten allein schon ihre Anhänger. Tun sie das jedoch, widersprechen sie einem Appell von Ex-Grünen Chef, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und würden sich den Vorwurf einhandeln, staatspolitisch überaus verantwortungslos zu agieren. Das würde ihnen sehr wehtun. Also werden sie bei der Abstimmung möglicherweise lieber den Plenarsaal verlassen oder Kurz überhaupt das Vertrauen aussprechen, sodass er sich hinterher bei ihnen bedanken kann und ihre Anhänger erst recht auf 180 sind.

So gesehen kann man sich ausmalen, wie die Nationalratswahl im September ausgeht. Das ist jedoch müßig. Zum einen reden wir hier von einer Ausgangslage und zum anderen kommt immer alles anders als man denkt. Wer weiß, ob nicht weitere Videos auftauchen? Irgendeinen Skandal hat es noch in jedem Wahlkampf gegeben.

Aller Wahrscheinlichkeit nach kann sich Kurz aber nur selbst schlagen. So zum Beispiel: Dass er seine wichtigsten Mitbewerber so sehr vorgeführt hat, kann ganz schön verhängnisvoll werden. Spätestens nach der Nationalratswahl muss er unter Umständen wieder eine Koalition oder eine Minderheitsregierung bilden. Und dann braucht er in jedem Fall nicht nur verbitterte Gegner, sondern auch ein paar Partner, wobei Sozialdemokraten und Freiheitliche eher ausscheiden werden und daneben nicht mehr viele bleiben, die dafür in Frage kommen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

 

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