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"Wollen Korruption wegfegen"

„Es wird oft vom Wiener Parkett gesprochen und von der Gefahr, darauf auszurutschen ... mein Vater hat mir schon früh mit mitgegeben, dass man mit Eigenschaften wie Mut, Fleiß und Leidenschaft auf der sicheren Seite ist.“ - Nina Tomaselli
„Es wird oft vom Wiener Parkett gesprochen und von der Gefahr, darauf auszurutschen ... mein Vater hat mir schon früh mit mitgegeben, dass man mit Eigenschaften wie Mut, Fleiß und Leidenschaft auf der sicheren Seite ist.“ - Nina Tomaselli ©APA
Die Feldkircherin Nina Tomaselli sitzt als Aufdeckerin für die Grünen im Ibiza-U-Ausschuss. W&W sprach mit ihr über ihren politischen Antrieb, das "Wiener Parkett", Sehnsucht nach Bergkäse, das "Kasperltheater" Politik und Korruption.

Von Harald Küng (Wann & Wo)

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WANN & WO: Frau Tomaselli, Sie sind 2010 in die Vorarlberger Gemeindepolitik eingetreten und sitzen heute im Nationalrat und im Ibiza-U-Ausschuss. Hätten Sie damals gedacht, dass Ihre politische Karriere sich so entwickeln wird?

Nina Tomaselli: Nein. Damals war Politik für mich – wie auch für die meisten anderen Gemeindevertreter – eine reine Freizeitbeschäftigung. Die Entscheidung, bei den Grünen als Mitglied einzusteigen und Politik als Beruf auszuüben, ist viel später gefallen. Richtig politisiert hat mich 2012 der Korruptionsuntersuchungsausschuss mit Gabi Moser. Damals ging es um Schwarz-Blau 1 und 2, heute bin ich im Ibiza-U-Ausschuss – mit Schwarz-Blau 3.

WANN & WO: Was wäre Ihr Plan B gewesen?

Nina Tomaselli: Wäre aus der Politik nichts geworden, wäre ich in die Wissenschaft gegangen – speziell Spieltheorie und Industrieökonomik. In dem Bereich geht es darum, aufzudecken, wie Konzerne ihre Macht auf dem Markt missbrauchen, sprich  Monopolstellungen, Preisabsprachen, etc.

WANN & WO: Wie schwierig war für Sie der Umstieg aus der Ländlepolitik in die Bundespolitik?

Nina Tomaselli: Es war schon eine große Umstellung. Es wird ja oft vom Wiener Parkett gesprochen und von der Gefahr, darauf auszurutschen. Aber es war die richtige Entscheidung. Und es ist eine sehr große Herausforderung, im Parlament – und nun auch im Ibiza-Ausschuss – zu sitzen. Aber Herausforderungen sind ja bekanntlich dazu da, um daran zu wachsen.

WANN & WO: Wie haben Sie es bisher vermieden, auf besagtem Parkett auszurutschen?

Nina Tomaselli: Mein Vater hat mir schon früh mitgegeben, dass man mit Eigenschaften wie Mut, Fleiß und Leidenschaft auf der sicheren Seite ist. „Vo nix kummt nix“, sagte er immer. Und das gilt in Wien genauso wie im kleinen Ländle. Das treibt mich auch an, weiterzumachen.

WANN & WO: Plagt Sie manchmal auch das Heimweh nach Vorarlberg?

Nina Tomaselli: Ich verbringe ja nach wie vor viel Zeit im Ländle. Was ich aber schon sagen muss: Wien ist wirklich eine sehr coole Stadt, aber immer wenn ich hier bin, vermisse ich vor allem zwei Sachen: Einerseits den Bergkäse (lacht). Und noch viel wichtiger: Dass ich hier nicht in meiner Muttersprache reden kann. Den Dialekt versteht hier halt keiner und viele Vorarlberger sind im Parlament nicht vertreten. Wir sind nur zu sechst.

WANN & WO: Sie haben vorher schon vom „Aufdecken“ gesprochen. Im Ibiza-Ausschuss haben Sie und Ihre KollegInnen ja eine ganze Menge aufzudecken.

Nina Tomaselli: Ja, absolut. Unser Anspruch ist es, aufzuzeigen, wenn etwas schief läuft – ohne jegliche Rücksichtnahme. Denn es geht im Grunde genommen darum, mit diesem politischen System, das unter Türkis-Blau geherrscht hat, aufzuräumen.

WANN & WO: Damit machen Sie sich aber nicht nur Freunde. Wie gehen Sie mit entsprechenden Reaktionen um?

Nina Tomaselli: Ich komme damit schon klar. Aber wie es mir persönlich dabei geht, ist ohnehin völlig unwichtig. Wichtig ist das, was wir herausfinden. Und was wir herausfinden, zeigt ja auch, welches Sittenbild von der Politik gezeichnet wurde. Und das war ein Bild, das der Bevölkerung zurecht sauer aufstößt. Und das noch immer hohe öffentliche Interesse zeigt, wie wichtig unsere Arbeit ist.

WANN & WO: Können Sie nachvollziehen, wenn die Bürger das politische Geschehen als „Kasperltheater“ ansehen?

Nina Tomaselli: Ja, durchaus. Denn das ist vielleicht auch gar nicht so ein falscher Begriff für das, was passiert – auch wenn‘s eigentlich gar nicht lustig ist. Aber manchmal fühlt man sich fast verpflichtet, sich bei den Menschen  zu entschuldigen, für die Peinlichkeiten, die da von manchen Politikern präsentiert wurden. Stichwort „Bussi-Emojis“ und dergleichen. Dadurch leidet natürlich das Vertrauen in die Politik. Aber umso wichtiger ist es, dass jene Akteure, die eine Politik ablehnen, die für wohlhabende Freunde gemacht wird oder die sich über jegliche parlamentarische Regeln hinwegsetzt, alles dafür tun, die Korruption aus dem politischen Alltag in Österreich zu fegen.

Kurz gefragt

Wie verbringen Sie Ihre Zeit, wenn Sie sich nicht gerade durch Ibiza-Akten wühlen?
Meine liebste Freizeitbeschäftigung ist das Reisen. Ich liebe Städtereisen, vor allem New York hat es mir sehr angetan. Ansonsten bin ich zweimal jährlich in den Dolimiten zum Wandern oder Skifahren.

Corona bestimmt seit einem Jahr unseren Alltag. Sind Sie und Ihre Liebsten bislang gesund durch diese Zeit gekommen und was machen Sie als erstes, wenn die Pandeie vorbei ist?
Ja, bislang waren und sind alle gesund – klopf auf Holz. Ich bin auch bereits für die Impfung angemeldet. Wenn die Pandemie vorbei ist, gehe ich als erstes bis in die frühen Morgenstunden tanzen. Das geht mir sehr ab.

Vervollständigen Sie folgenden Satz: Vorarlberg ist für mich ... ?
... mi Hoamatle.

Und Wien?
Der coolste Arbeitsplatz.

Zur Person

  • Geburtsdatum, Wohnort, Familienstand: 16. April 1985, Feldkirch/Wien, ledig
  • Ausbildung/Funktionen (Auswahl): BG Feldkirch, Matura HLW Rankweil, VWL-Studium Uni Innsbruck, Mitbegründerin Grüne & Parteifreie Frastanz, Landtagsabgeordnete und stellv. Klubobfrau Grüne Vorarlberg, Mitglied Bundesvorstand und stellv. Bundessprecherin, Nationalratsabgeordnete, Fraktionsführerin Grüne Ibiza-U-Ausschuss

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