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Wo Strache chancenlos ist

Johannes Huber beleuchtet das Phänomen HC Strache
Johannes Huber beleuchtet das Phänomen HC Strache ©APA/Werner Kerschbaummayr
Gastkommentar von Johannes Huber: Der FPÖ-Chef hat ein Problem, das mit dem der Grünen vergleichbar ist: Er wird von entscheidenden Wählergruppen abgelehnt. Damit ist sein Potenzial begrenzt.

Vor ziemlich genau einem Jahr hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einen bemerkenswerten Wahlerfolg gefeiert: Bei der Wiener Gemeinderatswahl konnte er seine Partei auf 31 Prozent führen. Was zum großen Triumph fehlte, war allerdings dies: Strache war als Bürgermeister-Kandidat angetreten; und dieses Amt blieb ihm verwehrt.

Strache spekuliert auf Kanzleramt

Vielleicht wird der heute 47-Jährige dieses Ergebnis ja schon bald vergessen machen: Im Hinblick auf die kommenden Nationalratswahlen winkt Platz eins und damit das Kanzleramt.  Wie gesagt, es ist möglich, dass er dieses Ziel erreichen wird. So sicher, wie es Umfragen verheißen, ist es nicht. Im Gegenteil.

Bisher hat sich Strache mehr oder weniger zurücklehnen und darauf beschränken können, einmal im Monat irgendeinen echten oder vermeintlichen Missstand zu kommentieren: Das hat gereicht, um sich als Alternative für all jene anzubieten, die SPÖ und ÖVP nichts mehr zutrauen. In einem Wahlkampf ist das anders: Da muss sich Strache plötzlich als derjenige präsentieren, der Österreich in die Zukunft führen könnte; und als solcher muss er erst einmal zeigen, was er drauf hätte, also anders machen würde.

Wo der FPÖ-Chef punkten kann

Abgesehen davon hat er das Problem, dass sich sein Potenzial im Wesentlichen auf den Teil der Bevölkerung begrenzt, der das Gefühl hat, dass alles schlechter wird; nicht nur, was die allgemeinen, sondern auch, was die persönlichen Lebensverhältnisse betrifft. Von wegen Wirtschaftskrise, Verbrechen, Arbeitslosigkeit, Terrorismus und Sich-selbst-immer-weniger-leisten-können.

Dass das noch nicht die überwiegende Mehrheit ist, ist grundsätzlich ein Glück; nicht aber für Strache. Zumal dazukommt, dass auch der neue Kanzler und SPÖ-Vorsitzende Christian Kern im Unterschied zu seinem Vorgänger Werner Faymann erkannt hat, dass man die Sorgen und Nöte dieser Menschen ernst nehmen und darauf reagieren muss. Auf den Punkt brachte Kern dies in seinem Aufsatz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in dem er eine Erhöhung der Staatsausgaben bzw. Investitionen forderte: „Wir brauchen mehr Wachstum und wieder jene Art von Wachstum, das, wie die Gezeiten am Meer, alle Boote hebt und nicht nur ein paar wenige Yachten.“

Verliert Strache Unzufriedene an Kern?

Unter Umständen wird Strache also ein paar Unzufriedene an Kerns Sozialdemokraten zurückverlieren. Mehr ist jedenfalls nicht drinnen. Zufriedene Österreicher oder selbstständige, die nach dem Motto leben, dass jeder seines Glückes Schmied ist, die oft besser verdienen und eher über einen höheren Bildungsabschluss verfügen, sind für ihn de facto nicht erreichbar. Bei der Gemeinderatswahl vor einem Jahr wählten beispielsweise nur 13 Prozent der Akademiker blau; das entsprach dem Niveau von Kleinparteien, wie ÖVP und NEOS.

Die Grünen kamen in dieser Gruppe laut einer Wahltagsbefragung des Sozialforschungsinstituts SORA übrigens auf 22 Prozent. Was wiederum das Dilemma von Eva Glawischnig und Co. verdeutlicht: Im Gegensatz zu Strache kommen sie bei den (verhältnismäßig) wenigen Akademikern gut an, sind aber bei all jenen chancenlos, die nicht über einen Pflichtschulabschluss oder eine Lehre hinausgekommen sind.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur österreichischen Politik.

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