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WM: Überwiegt Fußballbegeisterung die sozialen Proteste in Brasilien?

Die WM 2014 findet in Brasilien statt.
Die WM 2014 findet in Brasilien statt. ©Arne Dedert/dpa
Je näher das WM-Eröffnungsspiel am 12. Juni rückt, desto mehr drängt sich die Frage auf, ob die sozialen Proteste der Begeisterung der Brasilianer für den Fußballsport Abbruch tun können. Der Schriftsteller und Fußballfan Robert Menasse glaubt nicht daran.
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Denn Fußball besitze eine ungebrochene Faszinationskraft. Doch sieht er die Proteste gegen die Regierungspolitik als begründet. “Meiner Meinung nach macht Dilma Rousseff (brasilianische Staatspräsidentin) eine verfehlte Politik, da sie das Land an die ausländischen Konzerne verkauft”, meinte Menasse am Rande einer Buchpräsentation des Autors Klaus Zeyringer in der brasilianischen Botschaft in Wien.

Dies sei umso enttäuschender, da die Präsidentin im Untergrund in den sechziger Jahren gegen ein faschistisches Regime gekämpft habe.

Kritik an der FIFA

Buchautor Zeyringer präsentierte ein umfassendes Werk über die Geschichte des Fußballs, das von Menasse als “den Weltgeist in Gestalt des Fußballs” beschrieben wurde. Darin kritisiert der Autor unter anderem die Rolle der FIFA, die den Austragungsländern ihre Bedingungen aufzwinge. Im Bezug auf die jetzige Lage in Brasilien, sagte er: “Es wird sich insofern etwas ändern, als zum ersten Mal intensiv die Weltmedien aufmerksam werden müssen, wie problematisch ein Sportverband wie die FIFA agiert”.

Es würden, so Zeyringer, wesentliche nationale Hoheitsrechte an die FIFA abgegeben, wie solche der arbeitsrechtlichen Standards für die FIFA-Beschäftigten, des Steuerrechts und der Einreisevisa-Bestimmungen. Brasilien habe sich sogar bemüht, mehr als die von der FIFA verlangten Bedingungen zu erfüllen. So habe das Land zwölf große Fußballstadien bauen lassen, wobei der Verband acht als Bedingung gestellt habe.

WM: Problematik um Missstände

Menasse und Zeyringer waren sich während der Buchbesprechung einig, dass diese Problematik stärker diskutiert werden sollte. Doch Zeyringer zufolge gibt es starke Bemühungen, diese Missstände nicht ans Tageslicht kommen zu lassen: “Es gibt in europäischen Fernsehanstalten den praktischen ‘Befehl’ der Obrigkeit, nichts Negatives über die FIFA zu berichten”, sagte der Autor.

Unter anderem aufgrund von erhöhter polizeilicher und militärischer Präsenz werde nicht erwartet, dass die jetzigen Proteste in Brasilien das Ausmaß der Massenproteste vom letzten Jahr bei der Confederations-Cup erreichen werden. Und wenn Brasilien die WM gewinnen sollte, dann seien die soziale Proteste vergessen, meinte Zyringer. “Was nicht vergessen wird, sind die Katastrophen, wie ‘Maracana 1950”, sagte der Literaturwissenschaftler und Fußballkenner. Damals verlor Brasilien entgegen allen Erwartungen das Endspiel gegen Uruguay während der ersten WM.

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(APA)

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