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Wirtschaftskammervize Amann muss nach "Tagelöhner"-Sager zurücktreten

Wirtschaftskammervize Fritz Amann muss "mit sofortiger Wirkung" zurücktreten.
Wirtschaftskammervize Fritz Amann muss "mit sofortiger Wirkung" zurücktreten. ©Stiplovsek
Fraxern, Wien - Einzelpersonenunternehmer seien keine Unternehmer, sondern eine “Art der Arbeitslosenentsorgung” und Tagelöhner. Mit diesem Kommentar hatte Wirtschaftskammervize Fritz Amann einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Am Donnerstag musste er seinen Hut als Stellvertreter von WKÖ-Präsident Christoph Leitl nehmen. Sogar sein Ring freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RfW) kehrte Amann den Rücken.

“Ich habe ein persönliches Gespräch mit Amann geführt und ihn dazu bewegen können, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Er tritt mit sofortiger Wirkung von allen seinen Ämtern zurück”, sagte RfW-Obmann Matthias Krenn am Donnerstagnachmittag zur APA.Der Schritt war mit Kammerchef Leitl akkordiert. Leitl hatte Krenn schon in der Früh zu sich zitiert und öffentlich Amanns Rücktritt verlangt. Formell müsse das insgesamt sechsköpfige Präsidium der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) mit Leitl an der Spitze den Beschluss noch fassen, sagte Krenn.

Nachfolger von Amann wird Krenn selbst. Er war bereits zehn Jahre lang, von 2000 bis 2010, WKÖ-Vize, ehe Amann übernahm. Krenn ist nun das 18. Jahr Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim und betreibt ein Hotel mit 120 Betten. Auch der Vorarlberger Amann ist Unternehmer, er leitet das Prozesstechnikunternehmen Protec GmbH.

Amann: EPUs “Tagelöhner” und “Beleidigung für Einzelunternehmer”

Amann hatte mit einem am Dienstag erschienenen Zeitungskommentar über Ein-Personen-Unternehmen (EPU) eine Protestwelle quer durch Parteien, Betroffene und in der Kammer selbst ausgelöst. EPU sind in den Augen Amanns “Tagelöhner”, und keine Unternehmer. Die “Gruppierung” der EPU sei “eine Beleidigung für alle Einzelunternehmer wie Friseure, Einzelhändler oder Handwerker, die seit Jahrzehnten unternehmerisch tätig sind und auch ihren Platz in der Wirtschaftskammer haben.” Amann sprach von “modernem Sklaventum mit Billigung der Sozialpartner”.

“Die Gruppierung, die so vehement ums Überleben kämpft, sind Arbeitslose die – aufgrund der Versagenspolitik von Rot-Schwarz – in die Scheinselbstständigkeit gedrängt wurden”, schrieb er.Die rund 267.000 Einzelunternehmer stellen mittlerweile die Mehrheit der aktiven – und zahlenden – Wirtschaftskammer-Mitglieder (57,3 Prozent).

Bereits gestern hatte sich Amann scharfe Kritik von Kammervertretern, Betroffenen und Politikern eingehandelt. Leitl versuchte zu besänftigen, die Kammer vertrete sowohl die Interessen von kleinen als auch großen Unternehmen.

Kritik von allen Seiten

Bereits am Mittwoch hagelte es ob dieser Aussagen heftige Kritik, heute gab es weitere Rücktrittsforderungen. Kammerchef Leitl hatte gestern noch zu beschwichtigen versucht und betont, dass die WKÖ alle Unternehmer, auch die Einzelunternehmen, vertrete. Mittlerweile stellen Einzelunternehmer die Mehrheit der – zahlenden – WKÖ-Mitglieder.

Am Donnerstag aber reichte es Leitl. Da sich Amann nicht entschuldigt habe, habe er mit Krenn gesprochen, ließ er am Vormittag in einer Aussendung wissen. Krenn veranlasste Amanns Rücktritte. Sowohl als Kammervize als auch von “allen Funktionen innerhalb des RfW”, so Krenn zur APA.

Amann Aussagen, so der alte und neue WKÖ-Vize, “wurden weder von der Öffentlichkeit noch vom RfW goutiert und entsprechen auch in keinster Weise unseren Grundsatzrichtlinien”. Der RfW trete dafür ein, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, insbesondere für EPU. Dann nämlich könnten die Einzelunternehmer “zigtausende Arbeitsplätze schaffen”.

WK-Boss Rein: “Nicht tolerierbar”

Als nicht tolerierbar bezeichnet Wirtschaftskammer-Präsident Manfred Rein die jüngsten Aussagen des stellvertretenden RFW-Obmann und WKÖ-Vizepräsidenten Fritz Amann zu den Ein-Personen-Unternehmen. Eine solche Geisteshaltung habe, so Rein, in der Wirtschaftskammer Vorarlberg nichts verloren.

“Nach einer derartigen Entgleisung können wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Daher sind Konsequenzen notwendig geworden. Ich stehe daher voll hinter der Aufforderung von Präsident Leitl, eine Neunominierung des WKÖ-Vizepräsidentenamtes, das dem RFW zusteht, vorzunehmen”, betont Manfred Rein. “Der angekündigte Rücktritt von Fritz Amann ist die einzig richtige Konsequenz”, so der Vorarlberger Wirtschaftskammer-Präsident.

RFW-Fischer: Rücktritt “Anständiger Schritt”, Kritik am “System”

Als einen anständigen Schritt bezeichnet der Vorarlberger Obmann des Rings freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RFW), Eduard Fischer, den Rücktritt von Fritz Amann.

“Er ist mit seinem Kommentar sicher übers Ziel geschossen und hat seine Kritik äußerst unglücklich formuliert”, so Fischer. Klar sei, dass es sich bei dem Kommentar um die Meinung der Person Amann handle und dies nicht die Meinung des RFW wiederspiegle. “Es gibt sehr wohl viele Ein-Personen-Unternehmen, die erfolgreich arbeiten und einen super Job machen, deshalb sprechen wir uns entschieden gegen eine pauschale Verurteilung aus.”

Nichtsdestotrotz gibt es für Fischer schon auch Kritik am System EPU, allerdings nicht an den Personen, sondern viel mehr am System. “Viele, gerade im unteren Bereich, werden in die Scheinselbstständigkeit getrieben, wo sie kaum etwas verdienen aber dennoch hohe Sozialabgaben leisten müssen”, sieht der RFW Obmann sehr wohl Handlungsbedarf gegeben. Vor allem im Bereich der Pflege gebe es hier dringenden Handlungsbedarf. Hier sei die Politik und auch die Wirtschaftskammer gefordert.
Den Rücktritt von Fritz Amann sieht Fischer als richtige Konsequenz um größeren Schaden vom RFW und auch der Wirtschaftskammer abzuwenden.

FP-Egger: EPUs nicht “kritisieren, sondern besser vertreten”

“Die pauschale Kritik von Fritz Amann an den EPUs ist sicherlich überzogen. Er hat aber sehr rasch und mit Charakter die Konsequenzen gezogen, dafür gebührt ihm Respekt”, reagiert FPÖ Landesobmann Dieter Egger auf die Aussagen und den Rücktritt des WK-Vize.

“Die EPUs sind ein wichtiger Teil unserer Wirtschaft und eröffnen der Arbeitswelt neue Chancen. Ich betone ausdrücklich, dass es der FPÖ ein besonderes Anliegen ist, die Rahmenbedingungen für die zahlreichen Klein- und Mittelbetriebe in Vorarlberg, die das Rückgrat der Vorarlberger Wirtschaft darstellen, zu verbessern. Und dazu gehören selbstverständlich auch die Einpersonenunternehmen. Wichtig ist dabei aber, dass die EPUs nicht dafür missbraucht werden, um Menschen aus dem Sozialsystem in die Scheinselbstständigkeit zu verlagern”, so Egger.

Weiters übt Egger Kritik an den aus seiner Sicht bürokratischen Auflagen für Klein- und Kleinstunternehmer. Zudem meint auch Egger, man solle darüber nachdenken, für die EPUs eine eigene Interessensvertretung auf freiwilliger Basis zu errichten.
(APA/red)

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