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Wirtschaftsprüfer erhielten nur beschränkt Einblick

Die Ereignisse der Jahre 1995 bis 2000, insbesondere die Überweisungen um den Zeitpunkt des ersten "Totalverlusts" von 1998 und die weiteren Verluste bis zum Jahr 2000 stehen im Zentrum des 23. BAWAG-Verhandlungstages im Wiener Landesgericht.

Dazu werden die Wirtschaftsprüfer Elisabeth Glaser und Martin Schwarzbartl von der Kanzlei Ernst & Young einvernommen, die im Auftrag der Finanzmarktaufsicht (FMA) die Ereignisse bei der BAWAG untersucht haben.

Die Prüfer wiesen auf ihre Schwierigkeiten bei der Prüfung hin, die am 20. April von der FMA beauftragt wurde und deren Ergebnisse am 31. August 2006 vorgelegt wurden. Der Prüfauftrag habe sich angesichts immer neuer Erkenntnisse über die Ereignisse laufend erweitert, zudem hätten die Prüfer nicht Zugang zu allen Dokumenten bekommen. „Wir hatten im Juni 2006 das Gefühl, dass wir nicht alle Informationen hatten, um ein Urteil abzugeben, weil alles im Fluss war“, sagte Glaser.

Glaser war für den Gesamtauftrag verantwortlich, Martin Schwarzbartl nahm die Geldflüsse unter die Lupe, denen im Bericht großes Gewicht zukommt. Beide Prüfer wurden vom Auftraggeber FMA für die Einvernahme von der Verschwiegenheitspflicht entbunden.

Zunächst habe es geringe Geldflüsse von der BAWAG an Flöttl gegeben, erst kurz vor dem Totalverlust von 1998 sei „sehr viel Geld an Flöttl überwiesen“ worden. Zu diesem Zweck sei die vierte Firmenkonstruktion (Special Purpose Vehicle) eingerichtet worden, für die keine 20-prozentige Eigenkapitalunterlegung durch Flöttl mehr vorhanden war.

Die Gründung der Stiftungen in Liechtenstein zur Verschleierung der Verluste durch die BAWAG sei „sehr schnell“ erfolgt, dabei sei es auch zu Fehlern gekommen, so Schwarzbartl. Die Geldflüsse seien schnell abgezogen worden, für große Teile des Kapitals habe es Umschuldungen gegeben. So seien bei zwei Stiftungen zunächst Nettoverluste entstanden, eine andere habe einen sehr positiven Wert aufgewiesen.

Für solche Stiftungen in Liechtenstein seien – anders als in Österreich – keinerlei Buchhaltungs- oder Bilanzierungsvorschriften vorgeschrieben, so Schwarzbartl. Anders als im österreichischen Stiftungsrecht könne man dort „mehr oder weniger hineinschreiben, was Sie wollen“.

Es sei der Eindruck entstanden, dass die – rechtlich unabhängigen – Stiftungen in Wirklichkeit als eine zu betrachten gewesen seien, so Schwarzbartl. „Betriebswirtschaftlich würde ich es als eine einzige Stiftung sehen“, juristisch wolle er keine Meinung äußern.

Betriebswirtschaftlich könnten solche Konstruktionen dann Sinn machen, wenn damit das Risiko gestreut werde. Damit sei ein besserer Überblick möglich, es sei erkennbar, wo welche Geschäfte zu welchem Risiko abgeschlossen würden.

Eine Beurteilung der Großveranlagungsgrenzen sei nicht Thema der Untersuchung gewesen, das wäre auch eine „sehr komplexe Frage“ gewesen. Und eine Bewertung, ob der 1995 zwischen Flöttl und der BAWAG abgeschlossene Vertrag – der u.a. eine Verzinsung von 2 Prozent über Libor mit einem nach unten offenen Verlustrisiko vorsah – für die BAWAG günstig oder ungünstig gewesen sei, habe man nicht zu beurteilen gehabt, sagte Glaser.

Bei der Einvernahme Wolfgang Flöttls in New York, an der Schwarzbartl teilgenommen hatte, habe er nicht den Eindruck gewonnen, dass in Flöttls Büro eine große Geschäftstätigkeit geherrscht habe, sagte Schwarzbartl. Die Büros „schienen überwiegend leer zu sein, in einigen war noch Betrieb. Dem Anschein nach wurden aber keine großen Tätigkeiten durchgeführt“. Das auf 125 m2 geschätzte Großraumbüro habe sich in einer der teuersten Gegenden New Yorks befunden, nämlich in der Lexington Avenue in Manhattan.

Elisabeth Glaser berichtete, ihr seien in Bratislava bei einem Treffen mit Flöttl und Vertretern der Staatsanwaltschaft zwar Unterlagen vorgelegt worden. Sie habe dort aber nicht die Möglichkeit bekommen, berufsübliche Prüfungen der Dokumente anzustellen oder Aufzeichnungen anzufertigen.

Die Unterlagen über seine Geschäfte lägen beim Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen, sagte Flöttl. Die Swap-Geschäfte seien telefonisch in Auftrag gegeben worden, einige Tage später sei der Vertrag in Papierform per Post gekommen. Elektronische Unterlagen dazu gebe es nicht, so Flöttl. Nachsatz: „Sie brauchen nicht Angst haben, es ist im Akt drinnen, jede Handelstätigkeit ist festgehalten.“ Arthur Andersen ist im Gefolge seiner Verwicklung in den Enron-Konkurs wegen Behinderung der Justiz verurteilt und schließlich zerschlagen worden.

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