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"Wir müssen besser werden"

©VOL Live/ Steurer
(VN) - Der neue Herrencheftrainer Mathias Berthold will bei der WM in Garmisch Medaillen sehen.

Zwischenstopp von Mathias Berthold in seiner Montafoner Heimat. Bevor es mit den Abfahrern Michael Walch­hofer, Hans Grugger, Georg Streitberger, Klaus Kröll und Max Franz in den Übungs-Klettersteig der Skihauptschule in Vandans ging, stand er den VN Rede und Antwort.

Ein halbes Jahr im Amt, wie sieht die Zwischenbilanz aus?

Berthold: Ich habe mich gut beim ÖSV eingefunden, das Umfeld so angelegt, wie ich es mir gewünscht habe. Ich habe eine supergute Mannschaft vorgefunden, alle arbeiten hart, sind äußert motiviert. Von verwöhnten Athleten, wie ich es auch schon gehört habe, ist keine Rede.

Nach elf Jahren Arbeit mit den Damen: Wie ist es, wenn man plötzlich mit Herren zu tun hat?

Berthold: Vom Umgang und Handling her ist kein Unterschied. Die Herren sind sportlicher, athletischer, da ist mehr Kraft dahinter. Ohne die Damen abwerten zu wollen: Im Herrensport ist das Niveau höher.

Was kann man von den Damen für die Herren mitnehmen?

Berthold: Dinge, von denen ich gesehen habe, dass sie gut funktionieren, mache ich auch bei den Burschen. Ich wende für jeden Athleten viel Zeit auf, die Damen benötigen vielleicht mehr Zuspruch. Ich hatte das Glück, in Deutschland Erfolg zu haben – und da gab es gewisse Grundsätze, die man auf das Herrenteam umlegen kann.

Verspürt man Druck, wenn man die wichtigste Position im Skisport auf der Welt inne hat?

Berthold: Bisher habe ich keine Zeit gehabt, mir darüber Gedanken zu machen. Der Druck kommt sowieso von selbst. Ende Saison freut man sich, wenn es vorüber ist, im Sommer ist man dann gespannt, wenn der Druck wieder zunimmt.

Sind die Vorbereitungen im Plansoll?

Berthold: Ja. Abgesehen vom Wetterpech ist es beim Slalomteam gut gelaufen. Optimales Training gab es für die Abfahrer in Chile. Gott sei Dank sind wir von Verletzungen verschont geblieben.

In der Vorbereitung wurden ungewöhnliche Trainingsmaßnahmen gesetzt: Es ging auf den Großglockner, ein Eishockeycamp wurde organisiert, jetzt wagt sich das Abfahrtsteam in Vandans auf den Klettersteig.

Berthold: Diese Maßnahmen wurden sehr gut angenommen. Beim Eishockeytraining mit Conny Dorn haben wir alle Kader zusammengefasst, das war ein Riesenspaß. Diese gemeinsamen Konditionsblöcke mit vielen Sportarten hatten abwechslungsreiche Inhalte und wurden toll aufgenommen. Im Montafon steht in dieser Woche für die Abfahrer noch eine Acht-Stunden-Tour auf dem Programm.

In einem Monat geht in Sölden die neue Skisaison los. Wie gut sind die Herren unterwegs?

Berthold: Der momentane Stand der Vorbereitung ist okay, aber wir müssen schon noch besser werden. Die nächsten Wochen sind wichtig. Da gilt es, im Schneetraining konstant zu werden. Und die Form soweit verbessern, dass eine Topleistung abrufbar ist. Wie macht man aus alt jung? Die Generation um Michael Walchhofer und Benjamin Raich hat ein Ablaufdatum, dahinter drängt sich im Herrenteam mit Marcel Hirscher aber nur ein potenzieller Kandidat für den Gesamtweltcup auf. Berthold: Wenn man es vom Geburtsdatum her betrachtet, haben wir eine Zweiklassengesellschaft. Die Alten sind gut, haben Klasse, sie sind allerdings bei wichtigen Rennen nicht gut gefahren. Ich sehe nach wie vor, dass sie alles tun, um erfolgreich zu sein. Wichtig ist, dass sie das Letzte aus sich herauskitzeln können. Aber zwischen den Arrivierten und den Jungen klafft ein großes Loch. Marcel Hirscher ist einer, von dem man sich künftig viel erwarten kann, Dazu gehören Christoph Nösig, Philipp Schörghofer, Romed Baumann und noch ein paar Junge wie Björn Sieber. Das Europacupteam ist talentierter, als es vielleicht momentan da steht. Was damit zu tun hat, dass in der letzten Saison im Europacup zu viele Athleten aus dem Weltcup unterwegs waren. Das haben wir geändert, ältere Fahrer werden Jüngeren künftig keine Europacupplätze wegnehmen.

Das Ziel für die anstehende WM-Saison?

Berthold: Bei den letzten Großereignissen ist es für das Herrenteam nicht so gut gelaufen, daher wollen wir bei der WM in Garmisch gut abschneiden und Medaillen holen. Im Mittelpunkt steht der Weltcup. Auch wenn es heißt, dass die Favoriten oft sterben: Fährt man im Weltcup stark, ist man bei der WM in einer guten Position.

Vorarlberg ist auf dem internationalen Skiparkett arg ins Hintertreffen geraten. Was ist schiefgelaufen?

Berthold: Schwer zu sagen, die Fehler liegen länger zurück. Die Arbeit, die ein Roland Pfeifer in der Jugend oder Alex Berthold im Schülerbereich nun machen, ist vielversprechend. Sieber ist auf den Sprung in den Weltcup, Bernhard Graf ebenfalls, dahinter kommt eine Generation mit sehr guten Leuten.

Sohn Frederic fährt im B-ÖSV-Kader. Ist der Papa mit der Entwicklung zufrieden?

Berthold: Ich muss voraussetzen, dass ich Job und Familie trenne. Ich sehe, dass Fredi sehr hart trainiert, greife aber nicht direkt ein. Ich habe für alle Jungs einige neue Sachen eingeführt, die mehr Aufwand bedeuten als in der letzten Saison.

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