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"Wir haben nicht gewusst, was eigentlich los ist": So erleben Anrainer den Chemieeinsatz

Günther Schriebl aus Ems erlebte den Vorfall von seiner Wohnung aus.
Günther Schriebl aus Ems erlebte den Vorfall von seiner Wohnung aus. ©VOL.AT/Mayer
Der Chemieeinsatz in Hohenems sorgte für Verwirrung und Unsicherheit: Anrainer berichten von einem Stoffaustritt, über den sie zunächst im Dunkeln gelassen wurden.
Feuerwehrkommandant zum Großeinsatz in Hohenems
Bürgermeister Egger zum Ammoniak-Austritt

Am späten Montagvormittag kam es in Hohenems zu einem großangelegten Chemie-Einsatz. Bei der Kunsteisbahn im Herrenried war Ammoniak ausgetreten. Die Stadt forderte die Bevölkerung gegen 12.30 Uhr auf, den Bereich um die Sportanlage im Ortsteil Herrenried zu meiden und die Fenster geschlossen zu halten. Doch wie erlebten Anrainer den Vorfall?

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Darum geht es:

  • Anrainer waren verwirrt und unsicher über Chemieeinsatz in Hohenems.
  • Erste Informationen kamen über Nachbarn und VOL.AT.
  • Einige Anrainer haben den Vorfall beobachtet, waren aber nicht in Gefahr.

"Haben nicht gewusst, was eigentlich los ist"

Günther Schriebl (82) war am Montag zu Hause, als er plötzlich Wind vom Feuerwehreinsatz bekam: "Zuerst haben wir mal gesehen, wie die Autos alle kommen", schildert er gegenüber VOL.AT. "Polizei und jede Menge Feuerwehrautos und dann haben wir aber nicht gewusst, was eigentlich los ist." Dann habe ein Nachbar ihm und seiner Partnerin erzählt, dass es mit Chemie zu tun hat. "Der war drüben schauen und hat einen Feuerwehrmann gefragt", erklärt er. "Dann haben wir auf VOL.AT geschaut – ich schaue alle Tage auf VOL.AT – und dann ist dort gestanden, dass man die Fenster geschlossen halten sollte und auch gewisse Wege, Strecken meiden." Eines fiel dem rüstigen Rentner auf: "Das Interessante war, dass die Feuerwehr ohne Masken da war. Man sagt wir alle sollen die Fenster schließen und sie sind ohne Masken unterwegs. War es jetzt wirklich so schlimm oder nicht?"

In diesem Haus schräg gegenüber der Kunsteisbahn wohnt Schriebl. ©VOL.AT/Mayer
Von seinem Balkon aus sieht der Pensionist direkt zur Einsatzstelle. ©VOL.AT/Mayer

"Es kann nicht so schlimm gewesen sein"

Es sei das erste Mal, dass in der Nachbarschaft so etwas vorkomme, meint er. Angst hatte keine: "Wir haben ja da den 'körigen' Schutz nebenan – die Polizei", verdeutlicht Schriebl. Gemeint ist der Stützpunkt der Schnellen Reaktionskräfte in Hohenems. "Wir sind ja auch draußen gestanden und haben geschaut, weil wir nicht wussten, was los ist", verdeutlicht er. "Dann haben wir erst erfahren, was es eigentlich ist und ich habe dann gegoogelt, dass Ammoniak in größeren Dosen gefährlich ist, weil das die Rachenschleimhaut angreift", erzählter er. "Aber es kann nicht so schlimm gewesen sein." Ihre Tochter habe auch angerufen, erzählt seine Partnerin. Auch ein Bekannter, der vom Hügel heruntersehe, habe sich gemeldet und gefragt, was los sei.

Dietlinde und Walter Folie wagten sich am späten Nachmittag wieder aus dem Haus. ©VOL.AT/Mayer
In dieser Straße wohnen die Folies. ©VOL.AT/Mayer

"Hoi, das muss was Ärgeres sein"

"Gegen 12 Uhr ging ein Trara los und dann sind sie nacheinander gekommen, die Feuerwehrler", erklärt Walter Folie, der mit seiner Frau in einem Wohnhaus gegenüber der Tennishalle lebt. "Rettung und alles war da und wäre parat gewesen, wenn es gebrannt hätte." Aber es sei ja "nur" Ammoniak ausgelaufen. "Wir haben es von unserem Haus aus gesehen", schildert er. Auch die Straße hat man gesperrt, weil gleich wieder viele schauen gekommen wären. "Das darf ja nicht sein, weil Ammoniak ist nicht so fein", erklärt Folie gegenüber VOL.AT. Den Spaziergang hätten sie sicherheitshalber auf den späten Nachmittag verlegt, erklärt seine Frau Dietlinde. Als das Gebiet abgesperrt worden sei, habe er gedacht "Hoi, das muss was Ärgeres sein", meint Walter. Dann hat man es im Radio durchgegeben. Angst hätten sie keine gehabt, seien aber etwas vorsichtig gewesen. "Man sagt einem ja, was man zu tun hat und das ist ja richtig", gibt Herr Folie zu verstehen. Es richtig und gut, dass die Polizei gesperrt habe, ist sich das Paar einig, das bereits seit 63 Jahren verheiratet ist.

Diese Emserin war gerade in ihrem Garten beschäftigt, als sich der Vorfall ereignete. ©VOL.AT/Mayer
Im ganzen Wohngebiet mussten die Fenster geschlossen bleiben. ©VOL.AT/Mayer

"Es war eine Stunde Vollgas": Anwohnerin berichtet

"Es war eine Stunde Vollgas", meint eine Hohenemser Anrainerin, die lieber anonym bleiben wollte. "Wir haben eine Stunde lange gedacht, was ist los?" Damit, dass in der Nachbarschaft etwas passiert sein könnte, habe sie gar nicht gerechnet: "Ich habe zuerst gedacht, es wäre ein Unfall auf der Autobahn", verdeutlicht sie. "Dann schickt mir mein Sohn eine WhatsApp-Nachricht, ich müsse die Fenster schließen und drinnen bleiben. Es sei in der Eishalle Ammoniak ausgelaufen", schildert sie. Alltäglich sei das nicht gerade, meint die Emserin. "Gerochen habe ich es schon ein bisschen", ist sie sich sicher. Gott sei Dank, sei alles glimpflich ausgegangen. "Irgendwie finde ich es gut, dass man so informiert wird", verdeutlicht sie. "Ich war im Garten dran, dann habe ich die Sachen reingeräumt und bin eine Stunde drinnen geblieben." Als sie dann mehrere Leute herlaufen gesehen habe, habe sie sich wieder hinausgetraut: "Da habe ich gedacht, jetzt kann es nicht mehr so schlimm sein."

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(VOL.AT)

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