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Wiener Universitätskliniken: Ärzte wehren sich

Die Ärzte der Wiener Universitätskliniken im AKH könnten auf die Barrikaden steigen: Laut dem Entwurf einer Novellierung des Wiener Krankenanstalten- gesetzes sollen sie nämlich in Zukunft zwölf Prozent der Honorare aus der Betreuung von Privatpatienten am AKH als "Infrastrukturbeitrag" abliefern.

Vertreter der Ärzte sprachen am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien von Verfassungswidrigkeit. In den anderen Städtischen Spitälern gibt es zwar diese Regelung, doch das Geld fließt in eine vor einigen Jahren vereinbarte verbesserte Honorierung der Ärzte über die Gehälter.

“Im AKH wird seit Jahrzehnten rechtmäßig die Aufteilung der Honorare für Privatpatienten vorgenommen. Es gab keine Probleme, auch keine Beschwerden. Ein junger Assistenzarzt verdient monatlich etwa 2.000 Euro brutto (Gehalt, Anm.). Wenn man ihm zwölf Prozent (seines Anteils an den Privathonoraren, Anm.) nimmt, ist das eine erhebliche Einbuße. Ich habe Sorge, dass eine Demotivierung und eine deutliche Verschlechterung der Situation der Mitarbeiter kommt. (…) Das (die Honorare der Sonderklassepatienten, Anm.) sind kein ‘Körberlgeld'”, sagte Ernst Kubista, Abteilungsleiter an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde.

Begonnen hatte es – so Thomas Szekeres, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer – damit, dass der Verfassungsgerichtshof “wegen eines Formfehlers” einen Paragrafen des Wiener Krankenanstaltengesetzes aufhob. Nach Rechnungshofkritik legte nun die Gemeinde Wien einen Entwurf für eine Novelle vor – und in der ist plötzlich der Abzug von zwölf Prozent der Sonderklassenhonorare als “Infrastrukturbeitrag” auch im Wiener AKH enthalten. Der Standesvertreter: “Hier würden den ärztlichen Mitarbeitern pro Jahr rund zwei Millionen Euro abgezogen werden.” Die Spitzenverdiener würde es weniger als die nachgeordneten Ärzte treffen. Die Primari müssen mindestens 40 Prozent der Sonderklassenhonorare an ihre Mitarbeiter verteilen.

Laut den Vertretern der Wiener Ärztekammer ist die beabsichtigte Regelung erneut von der Aufhebung bedroht. Szekeres: “Der Entwurf wurde von zwei Verfassungsexperten, darunter Heinz Mayer, und auch vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes wiederum als verfassungswidrig eingeschätzt. (…) Wir werden den Kollegen empfehlen, die zwölf Prozent nicht an die Gemeinde Wien abzuführen. Gleichzeitig wird es notwendig sein, über die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst mit dem Bund in Gehaltsverhandlungen einzutreten.” Die Gemeinde Wien müsste in diesem Fall für jeden einzelnen Sonderklassepatienten im Wiener AKH das ausstehende Geld einklagen. Die Ärztekammer will den Ärzten das Prozessrisiko abnehmen. Auch die Rechtsabteilung der MedUni-Wien hat den Entwurf als verfassungsrechtlich bedenklich beurteilt.

Die Situation ist offenbar so verfahren, weil in Österreich die Politik jahrzehntelang aus finanziellen Gründen hoch zufrieden mit der Situation war, Spitalsärzten ein im internationalen Vergleich geringes Regelgehalt zu zahlen, ihnen dafür aber die Honorare der Sonderklassepatienten zuzugestehen. Im Bereich der Spitäler des Wiener Krankenanstaltenverbundes wurde die Situation vor einigen Jahren zumindest etwas entschärft, als man sich auf ein neues Gehaltsschema mit Anhebung der Grund- und Einstiegsgehälter einigte. Dazu werden auch zwölf Prozent der Sonderklassengelder (“Infrastrukturbeitrag”) herangezogen. Verhandlungen über eine Anhebung der Gehälter an den Universitätskliniken – auch in Innsbruck gibt es einen derartigen Streit – schlugen aber bisher laut Klaus Frohner von der Wiener Ärztkammer fehl – aus finanziellen Gründen.

Freilich, nicht nur für die “Bundesärzte” an den Universitätskliniken könnte die beabsichtigte neue Regelung unangenehm werden: Die leitenden Ärzte würden nämlich wahrscheinlich ihre Privatpatienten in noch größerem Ausmaß in die benachbarten Privatspitäler legen. Das würde zu Ausfällen beim Spitalserhalter führen. Kubista: “Der Patient sucht sich im Vorfeld einer Behandlung den Arzt aus – und nicht das Haus, in dem er behandelt wird.” International dürften die Gehälter der Spitzenmediziner in den Krankenhäusern beim Zwei- bis Dreifachen jener ihrer österreichischen Kollegen liegen. In der Schweiz wanderten die Spitzenmediziner wegen Honorarfragen in die Privatspitäler ab. Ungerecht allerdings ist: Sonderklassehonorare gibt es zum überwiegenden Teil nur in bestimmten medizinischen Fachbereichen. Ärzte anderer Fachrichtungen gehen hier vergleichsweise leer aus.

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