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Wiener Handgranatenmord: Prozess auf 1. Dezember vertagt

Die Beschuldigten wurden im Prozess weiter befragt.
Die Beschuldigten wurden im Prozess weiter befragt. ©APA
Mit den Einvernahmen der Zweitangeklagten Renata H. und des Drittangeklagten Dejan V. wurde der Prozess um den sogenannten Handgranatenmord fortgesetzt. Dejan V. und Renata H. - die Schwester des Hauptangeklagten - sollen laut Anklage in die mörderischen Pläne von Kristijan H. eingeweiht gewesen sein, als sie diesen in der Nacht auf den 11. Jänner 2014 in die Odoakergasse begleiteten. Dort brachte der 35-Jährige - von ihm eingestandenermaßen - seine ehemaligen Geschäftspartner Zlatko N. (45) und Horst Waldemar W. (57) mit einem Revolver und einer Handgranate ums Leben.
Bilder vom Prozess
Geständnis beim Prozess
Prozessauftakt in Wien
Handgranatenmord geklärt

“Für den Mord kann ich nix dafür”, hielt Dejan V. dem Staatsanwalt entgegen. Er sei “auf einen Betrug eingestellt gewesen”. Kristijan H. habe ihn gebeten, einen vermeintlichen Diesel-Verkäufer zu mimen, der Zlatko N. und Horst Waldemar W. vorgeblich um 20.000 Euro Treibstoff überlassen wollte.

In der Odoakergasse angelangt, habe Kristijan H. die beiden Männer, mit denen dieser in der Vergangenheit ertragreiche illegale Geschäfte abgewickelt hatte, begrüßt und sich dann zu Zlatko N. ins Auto gesetzt.

Handgranate gezündet: “Er hat es leider nicht mehr geschafft”

“Dann hab’ ich laute Gespräche gehört. Dann hab’ ich Schüsse gehört. Ich war komplett wie einbetoniert”, schilderte der 30-Jährige das weitere Geschehen. Zunächst habe er gar nicht mitbekommen, wer die Schüsse abgegeben hatte: “Ich hab’ mir gedacht, das gibt es nicht. Ich war total im Schock. Starr.” Es habe seitens Kristijan H. “nie geheißen, dass es einen Anschlag gibt”. Dieser habe dann auch noch eine Handgranate gezündet und auf den Beifahrersitz geworfen. Horst Waldemar W. habe noch aussteigen wollen: “Er hat es leider nicht mehr geschafft.”

“Ich weiß nicht, warum ich angeklagt bin”, gab Dejan V. zu Protokoll. Er forderte Kristijan H. – dieser will sich in der Hauptverhandlung nicht äußern und weiter von seinem Schweigerecht Gebrauch machen – mehrfach mit Nachdruck auf, “die Wahrheit zu sagen, dass ich und seine Schwester nichts gewusst haben.” Kristijan H. blieb – ohne sichtliche emotionale Bewegung – stumm. “Wenn ich weiß, da macht’s ‘Bumm’, steh ich nicht fünf Meter neben dem Auto”, insistierte Dejan V., der außerdem bestritt, dem Hauptangeklagten im Vorfeld Schusswaffen und eine Rohrbombe besorgt zu haben: “Das stimmt nicht. Ich hätte gar nicht die Möglichkeit gehabt.”

Renata H. in Erklärungsnotstand

Während der 30-Jährige recht souverän wirkte, geriet Renata H. in Erklärungsnotstand. Als sie wenige Stunden nach ihrer Rückkehr von einem Karibik-Urlaub ihren Bruder im Hotel “Kempinsiki” besuchte, habe sie gesehen, wie dieser Patronen mit einem Messer bearbeitete und von einem bevorstehenden Termin mit zwei Männern sprach, mit denen er jetzt “zwielichtige” Geschäfte machen werde, räumte die Frau ein. Er habe sich beinahe ausschließlich mit dem ebenfalls anwesenden Dejan V. unterhalten.

Obwohl von einem “Anschlag” die Rede war und dass es “gefährlich” werden könnte, habe sie ihren Bruder mit ihrem Auto zu seinem Termin in die Odoakergasse chauffiert: “Ich habe meinem Bruder blind und blöd vertraut. Ich hätte ihm nie zugetraut, dass er mich in so etwas reinzieht.”

“Einen Knall gehört”

Dass kurze Zeit, nachdem Kristijan H. ihren Wagen verlassen hatte, eine Granate explodierte, habe sie nicht mitbekommen. Sie habe zwar “einen Knall gehört”, diesen aber “niemals zuordnen können”. Sie sei einfach in Gedanken versunken in ihrem Auto gesessen und habe an den Karibik-Urlaub zurückgedacht, während sie – seinem Wunsch entsprechend – auf ihren Bruder wartete. Dem Gericht erschien ein derartiges Verhalten nicht nachvollziehbar. “Dass Sie da weiter im Finsteren (es war zu diesem Zeitpunkt bereits weit nach Mitternacht, Anm.) sitzen bleiben, entspricht nicht meiner Lebenserfahrung”, meinte eine Beisitzerin. “Ich hab’ keine andere”, erwiderte die Angeklagte.

Sie habe “das alles nicht wissen wollen”, betonte Renata H.: “Ich habe meinen Bruder vollkommen unwissend von A nach B geführt.” Nach der Explosion habe sie ihren Bruder und Dejan V. weggebracht. Letzterer habe “ein schwarzes Loch” am Bein gehabt – der 30-Jährige wurde bei der Detonation erheblich, wenn auch nicht lebensgefährlich verletzt. Sie habe “nicht nachgefragt”, es sei im weiteren Verlauf der Nacht “nichts Spezielles geredet worden”. Als ein Geschworener darauf – eher ungläubig als amüsiert – auflachte, während andere Laienrichter den Kopf schüttelten, fuhr ihn die Angeklagte mit “Das ist nicht lustig!” an.

Prozess in Wien wurde vertagt

Sie sei mit der ganzen Situation überfordert gewesen. Daher habe sie auch noch ihrem Bruder beim Entsorgen der Waffe geholfen, mit der dieser, wie sie jetzt wisse, Zlatko N. erschossen habe, sagte Renata H. Der Revolver wurde in einem Sackerl in der Donau versenkt. Sie habe “wie in Trance” und “im Zustand vollkommener Angst und Panik” gehandelt, so die 43-Jährige: “Am liebsten hätte ich den Kopf in den Sand gesteckt und mich vergraben.”

Die Verhandlung wurde schließlich zur weiteren Beweisaufnahme auf den 1. Dezember vertagt.

(APA)

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