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Wiener Großfamilie erhält 9.000 Euro Sozialhilfe – wäre es in Vorarlberg wirklich noch mehr?

Wie reagiert Sozial-Landesrätin Rüscher auf Hackers Behauptung?
Wie reagiert Sozial-Landesrätin Rüscher auf Hackers Behauptung? ©APA, Roland Paulitsch, Canva
Ein Ehepaar mit elf Kindern erhält in Wien rund 9.000 Euro staatliche Leistungen. Der dortige Sozialstadtrat ist sicher: Die Familie würde in Vorarlberg mehr bekommen. Doch stimmt das?

Eine syrische Großfamilie sorgt in Wien für Diskussionen: Laut aktuellen Medienberichten erhält das Ehepaar mit elf Kindern monatlich über 6.000 Euro Mindestsicherung sowie mehr als 3.000 Euro an Beihilfen – insgesamt also über 9.000 Euro. Eine Aussage des Wiener Sozialstadtrats Peter Hacker bringt nun das Ländle in den Fokus:

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"Dieselbe Familie bekäme für ihre Kinder im schwarz-blauen Vorarlberg mehr Geld" – wird das Büro von Peter Hacker (SPÖ) zitiert.

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. ©APA

Politische Brisanz: Vorarlberg angeblich großzügiger

Diese Aussage wirft Fragen zur Struktur der Sozialhilfe in Österreich auf – insbesondere zu den regionalen Unterschieden. Die Stadt Wien spricht von einem "Randphänomen". Der Großteil der betroffenen Haushalte habe lediglich ein oder zwei Kinder – diese würden zusammen 58,1 Prozent der Mindestsicherungsbezieher ausmachen. Derzeit seien vier Familien mit elf Kindern registriert, sechs mit zehn Kinder. Keine einzige Familie habe zwölf Kinder. Laut Rechnungsabschluss für 2024 gibt es für die Mindestsicherung Ausgaben in der Höhe von rund 1,09 Milliarden Euro.

Landesrätin Martina Rüscher bei einem Interview. ©Roland Paulitsch

Mehr Sozialhilfe im Ländle? "Nein, das trifft nicht zu"

VOL.AT hat im Büro von Sozial-Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) nachgefragt, ob die Behauptung aus Wien zutrifft. Die Antwort fällt eindeutig aus: "Nein, das trifft nicht zu. Der maximale Sozialhilfebezug in Vorarlberg für eine Familie mit 11 Kindern liegt bei Euro 4.047,32."

Zudem wird betont, dass es sich bei dieser Berechnung um einen theoretischen Vollbezug handle:

"In der Praxis ist ein Vollbezug in so einer Fallkonstellation nahezu unmöglich, da in der Regel ein Haushaltseinkommen vorliegt", heißt es in der Anfragebeantwortung.

Beispiele sind hier Unterhalt, Wohnbeihilfe, Karenzleistung oder Erwerbseinkommen älterer Kinder. "Die Sozialhilfe reduziert sich um dieses Haushaltseinkommen."

Ein Symbolbild zeigt Flüchtlinge bei ihrer Ankunft am Flughafens Wien-Schwechat. ©APA/Fohringer

Nur wenige Großfamilien im Ländle

Zur Frage nach der Zahl großer Familien in Vorarlberg, die Sozialhilfe beziehen, heißt es: "In Vorarlberg bezogen im April 2025 insgesamt 124 Haushalte mit vier oder mehr Kindern (davon 23 Alleinerziehende und 101 Paare mit Kindern) eine Sozialhilfeleistung."

Haushalte mit acht oder mehr Kindern seien "lediglich ein paar wenige Einzelfälle". Rund drei Viertel der betroffenen Haushalte hätten einen Fluchthintergrund bzw. bestünden aus Geflüchteten.

Rüscher sieht kein Reformdefizit

Bezüglich möglicher Reformen im System wird aus dem Büro Rüscher mitgeteilt:

"Aus fachlicher Sicht ist kein Reformbedarf im Zusammenhang mit Großfamilien gegeben."

Das Vorarlberger Sozialhilfemodell "entgegne" einem hohen Leistungsbezug bei vielen Kindern durch abgestufte Kinderrichtsätze. Diese sind wie folgt geregelt:

  • Kinder 1–3: 232,13 Euro pro Kind
  • Kinder 4–6: 159,59 Euro pro Kind
  • Ab dem 7. Kind: 123,32 Euro pro Kind

Einheitliches Modell? Ja, aber angepasst

Wie viel Sozialhilfe wird im Ländle ausgeschüttet? "Im Jahr 2024 wurden insgesamt Euro 25.936.484 (= 25,9 Millionen) an 3.993 Haushalte zur Deckung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes im Rahmen der Sozialhilfe ausbezahlt", informiert das Büro der Soziallandesrätin auf VOL.AT-Anfrage.

"Grundsätzlich wird ein österreichweit einheitliches Modell begrüßt – allerdings unter Berücksichtigung der in den westlichen im Vergleich zu den östlichen Bundesländern höheren Lebensunterhalts- und Wohnkosten", heißt es weiter. Das Ziel, Armut und soziale Ausgrenzung zu vermeiden, müsse für in Vorarlberg wohnende Menschen weiterhin sichergestellt sein.

Fakten zur Situation

  • Maximalbetrag für eine Familie mit 11 Kindern in Vorarlberg: 4.047,32 Euro
  • Mindestsicherungs-Ausgaben 2024 in Vorarlberg: 25,9 Mio. Euro
  • 124 Haushalte mit vier oder mehr Kindern beziehen Sozialhilfe
  • Ca. 75 Prozent dieser Haushalte haben Fluchthintergrund

(VOL.AT)

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