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Wiener Festwochen: Christian Fennesz und die "Agora"

Christian Fennesz stellt sein neues Album "Agora" vor.
Christian Fennesz stellt sein neues Album "Agora" vor. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Christian Fennesz stellt bei den Wiener Festwochen seine neue Platte "Agora" vor. Vor den Auftritten um Volkstheater hat der Künstler Respekt.

Für Christian Fennesz war es wieder an der Zeit: Der österreichische Musiker hat mit “Agora” nach fünf Jahren wieder eine Soloplatte vorgelegt. Wobei er in der Zwischenzeit keineswegs untätig war, neben Filmmusik und Choreografien schlugen auch diverse Kollaborationen zu Buche. Am 16. Mai stellt Fennesz das neue Material im Rahmen der Wiener Festwochen im Volkstheater vor.

“Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich könnte jetzt wieder etwas sagen”, beschreibt Fennesz seinen Antrieb im APA-Interview ganz pragmatisch. Klarerweise seien aufgrund der langen Zeitspanne seit “Becs” (2014) Label, Management und sogar die Familie auf ihn zugegangen. “Alle sagten: Es ist Zeit”, schmunzelt der Gitarrist und Elektronikmusiker. Gerade seine Familie erkenne dann schon mal “eine gewisse Unruhe in mir. Sie kennen meine ganzen positiven und negativen Seiten, von himmelhochjauchzend bis depressiv. Und sie wissen auch, dass ich in der Arbeit dann wirklich fokussiert bin und freuen sich, wenn etwas Neues beginnt.”

Über zehn Minuten lange Stücke

Wobei “Agora”, das vier atmosphärische, jeweils über zehn Minuten lange Stücke versammelt, einen kleinen Bruch zum Vorgänger darstellt. “Es ist irgendwie ein Album der Isolation.” Fennesz hat seinen Studioplatz aufgegeben (“Ich habe einen Wechsel gebraucht, es hat nicht mehr so richtig funktioniert.”) und all seine Gerätschaften wieder in seine Wohnung gebracht. “Die Situation war nicht optimal, aber irgendwie auch nicht so schlimm. Eigentlich war es sogar ganz angenehm, plötzlich in einem anderen Zusammenhang etwas aufzunehmen. Ich habe wieder wie in den 90er gearbeitet.”

Von den Fans werden seine neuen Outputs ohnehin immer mit Spannung erwartet. Nicht erst seit dem gefeierten “Endless Summer” (2001) gehört Fennesz zu den wichtigsten Protagonisten der heimischen Elektronikszene und hat sich auch international einen Namen gemacht. Konzerte rund um den Globus, gemeinsame Projekte mit Kollegen wie Sparklehorse, Ryuichi Sakamoto oder Jim O’Rourke, zum Teil millionenfach gestreamte Songs – das muss man ihm erst nachmachen.

Hometown-Shows sind immer schwierig

Trotz all seiner Erfahrung ist der Gig im Volkstheater besonders für ihn: “Wenn du auf der Bühne stehst und deine Musik spielst, ist es im Endeffekt zwar relativ egal, wo du bist. Ich habe im Pariser Olympia gespielt, in der ausverkauften Carnegie Hall oder beim Fuji Rock vor 50.000 Leuten – stets geht es ums Spielen. Das muss passen und sitzen. Aber Hometown-Shows sind immer schwierig. Das fällt mir viel schwerer, als vor viel mehr Leuten irgendwo anders zu spielen”, gibt Fennesz zu bedenken. “Das ist eben so. Ich geh da jetzt blind durch, spiel mein Zeug und das war’s.”

Die neuen Songs, auf die man sich natürlich auch im Konzert einstellen kann, durchzieht ein gegensätzlicher Charakter: mal intim und ruhig, dann die Weite suchend und durchaus pulsierend. Für Fennesz ging es dabei nicht nur um die Spannung zwischen der titelgebenden Agora und dem engen Künstlerzimmer, wo die Stücke entstanden sind. “Die Rolle des öffentlichen Marktplatzes erfüllen heutzutage wohl die Sozialen Medien, in denen man sich trifft und austauscht. Aber andererseits gibt es die Agoraphobie: Es gibt Menschen, die sich nicht mehr mit der Welt verbinden wollen. Diese Dichotomie wollte ich als Denkanstoß einbauen.”

Fennesz: Bin kein politischer Künstler

Sein Ziel ist jedenfalls schnell erklärt. “Ich wollte eigentlich nur, dass die Menschen, die das hören, träumen können. Genauso wie ich es tue, wenn ich so was höre.” Trotz prononcierter Kritik an kommunikativen Auswüchsen in Social Media (“Es ist eine Katastrophe, da gibt es keine moralischen Grenzen!”), würde er sich nicht als politischer Künstler definieren. “Aber natürlich bin ich ein politischer Mensch, weil ich hier leben muss”, argumentiert Fennesz. “Ich würde allerdings nie versuchen, mit meiner Kunst politische Dinge zu verfolgen.” Vielleicht sei schon die Anleitung zum Träumen politisch. So oder so ist “Agora” erneut ein überzeugendes Album geworden, das allerlei Denkanstöße bietet.

(APA/red)

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