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Wiener Ehrenzeichen für Cerha und Rhomberg

©© APA
Mit dem "Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien" wurden am Mittwochvormittag in Wien der Komponist Friedrich Cerha und der Bregenzer Festspielpräsident Günter Rhomberg ausgezeichnet.

“Cerhas Musik ist nachhaltig und erweist sich als auf der Höhe der Zeit stehend, aber völlig abgelöst von Modeerscheinungen”, sagte Laudator Lothar Knessl. “Zwei Seelen” wohnen in der Brust von Rhomberg, so Laudator Alfred Wopmann über den în Wirtschaft und Kultur erfolgreichen Manager.

Cerha, der zu Beginn seiner Karriere im “künstlerischen Untergrund” arbeitete und damals öffentliche Ehrenbezeichnungen wohl als unangebracht angesehen hätte, fragte: “Was ist geschehen? Heute sitzen wir brav und sittsam auf den Stühlen und bedanken uns meist ohne Kommentar für die Auszeichnung. Ist das Lethargie einer beginnenden Senilität? Ein Gefühl für die Aufrichtigkeit der Wertschätzung? Wahrscheinlich liegt in all dem ein Stückchen Wahrheit.” Cerha betonte erneut, dass bei Diskussionen um die Zukunft des ORF-Radio Symphonieorchesters “ernsthafter, nicht wieder gut zu machender Schaden droht”.

Das Schaffen des Komponisten “gewinnt Kraft dadurch, dass er konsequent seinen eigenen Weg gegangen ist”, sagte Knessl über Cerha. Der Laudator lobte den “unverwechselbaren Personalstil”, eine Bezeichnung, die zwar “heute nicht mehr sehr beliebt ist, aber andernfalls müsste ich ihn ein Genie heißen”. Dies sei jedoch wegen der “inflationären Verwendung” des Begriffes Genie unmöglich, denn “jeder Fußballer, trifft er einmal ins Tor, wird gleich als Genie hochgelobt”. Cerha, u.a. “Maler und Steingestalter, Musikherausgeber, vor allem aber Komponist” (Knessl), habe “uns eine Musik geschenkt, die unser Wahrnehmungsvermögen geradezu suggestiv bereichert”.

Bregenz war “never too small for me”, sagte Rhomberg in seiner Dankesrede. Er wolle nicht “von Erfolgen der Vergangenheit zehren. Die Zukunft hat längst begonnen.” Im Kulturbereich dürfe “der Markt auf keinen Fall die Ultima Ratio sein”. Man müsse in der Kunst das Risiko auf sich nehmen können, “neue Wege zu gehen. Das ist eine Frage der Mittel.” Es gebe “keine großkoalitionäre österreichische Kulturpolitik”, man müsse “darum kämpfen, dass dieser Raum größer wird, oder auf jeden Fall nicht kleiner”.

Rhombergs Name könnte auf einem Theater-Besetzungszettel für viele Rollen stehen, durchaus auch für “diametral entgegengesetzte”, sagte Wopmann. Der Sohn eines Bauunternehmers habe schon als Kind seine Liebe zur darstellenden Kunst bewiesen und mit einem Freund einen Zirkus gegründet, erzählte Wopmann. Der Festspiel-Präsident habe eine “dauerhafte Absicherung der Bregenzer Festspiele” Realität werden lassen.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) sagte “ein wenig pathetisch” über Cerha, dass dieser “einer der ganz, ganz großen bedeutenden zeitgenössischen Komponisten” auch international sei. Rhomberg wiederum sei “einer der ganz großen erfolgreichen Kulturmanager dieses Landes, und es gibt nicht viele, die sich auf die Schultern genommen haben, zwei große Kulturinstitutionen zu managen.”

Der am 17.2.1926 geborene Wiener Cerha hat das Publikum seiner Heimatstadt an die zeitgenössische Musik herangeführt, mit Kurt Schwertsik das Ensemble “die reihe” gegründet und mit seiner Vervollständigung der Oper “Lulu” von Alban Berg Musikgeschichte geschrieben. Von 1959 bis 1987 lehrte Cerha an der Wiener Musikhochschule, ab 1969 als Professor für Komposition, Notation und Interpretation. Als Komponist schaffte Cerha, der lange auch intensiv als Dirigent wirkte, den internationalen Durchbruch mit seiner Brecht-Oper “Baal”, die 1981 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde. Neben “Baal” zählen u.a. die musikdramatischen Werke “Spiegel” und “Netzwerk” und die Literaturoper “Der Rattenfänger” (nach Zuckmayer) zu Cerhas bekanntesten Kompositionen.

2002 wurde seine gemeinsam mit Peter Turrini verfasste Oper “Der Riese vom Steinfeld” in der Wiener Staatsoper uraufgeführt, 2004 präsentierte er mit seinem Requiem sein “Opus summum”. Cerha selbst war erklärter Gegner des NS-Regimes, desertierte und flüchtete auf eine Tiroler Almhütte. Er erhielt u.a. den Preis der Stadt Wien (1974), den Großen Österreichischen Staatspreis (1986) und das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (2005). 2006 hat Cerha den erstmals vergebenen “Goldenen Löwen” der Musikbiennale in Venedig erhalten.

Günter Rhomberg wurde am 10. Juni 1938 in Bregenz geboren und hat in Graz Wirtschaft und Technik bis zum Abschluss als Diplomingenieur studiert. Er machte zuerst im Wirtschaftsbereich als Manager eines großen Wäsche-Unternehmens Karriere, bevor er sich der Kultur zuwandte. Rhomberg ist seit mehr als einem Vierteljahrhundert, seit 1981, Präsident der Bregenzer Festspiele, eine Funktion, die auch schon sein Vater innehatte. 2005 hat er darüber hinaus auch den Vorsitz im Stiftungsvorstand des Theaters in der Josefstadt übernommen. 1995 wurde ihm das Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg in Gold verliehen.

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