Wien-Wahl 2025: Grünen-Spitzenkandidatin Judith Pühringer im Porträt

So schnell kann es manchmal gehen: Anfang 2020 betrat Judith Pühringer als Newcomerin die politische Bühne, als sie sich für die Wiener Grünen um einen fixen Listenplatz für die Wien-Wahl im selben Jahr bewarb. Einige Monate später war sie bereits nicht amtsführende Stadträtin, ein Jahr später Co-Parteichefin. Beim Urnengang am 27. April kämpft die 49-Jährige nun als Spitzenkandidatin für ein möglichst gutes Ergebnis und den Wiedereintritt der Ökos in die Stadtregierung.
Pühringers Weg nach oben
Dass sie einmal die Wiener Grünen als Listenerste in eine Wahl führen würde, hatte Pühringer bei ihrem Wechsel in die Kommunalpolitik wohl kaum am Plan. Vor ziemlich genau fünf Jahren wurde sie als Quereinsteigerin öffentlich präsentiert. Ins Team geholt hatte sie die damalige grüne Frontfrau, Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Birgit Hebein. Pühringer wurde bei der Listenerstellung für den Urnengang 2020 auf Platz 3 gewählt, ein Einzug in den Gemeinderat und Landtag war damit fix.
Obwohl die Grünen bei der vergangenen Wien-Wahl mit 14,8 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis einfuhren, flog die Partei nach zehn Jahren aus der Rathauskoalition. Die SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig entschied sich für die NEOS als neuen Regierungspartner. Die Folge: Hebein, die mit ihren eigenwilligen Alleingängen nicht nur die Roten zunehmend vergrault hatte, wurde im Handumdrehen von ihrer Partei abmontiert und erhielt keinen Posten mehr im Rathausklub.
Just mit dem Abstieg ihrer Mentorin begann der Aufstieg der Quereinsteigerin: Pühringer wurde Stadträtin ohne Portefeuille. Und nachdem Hebein im Groll auch den Parteivorsitz zurückgelegt hatte (und später sogar aus der Partei ausgetreten war), setzten die Ökos erstmals auf eine Doppelspitze. Damit öffnete sich für Pühringer die nächste Tür am Weg nach oben. Im Herbst 2021 wurde sie zur Co-Parteichefin der Wiener Grünen gewählt - gemeinsam mit Peter Kraus, ebenfalls nicht amtsführender Stadtrat. Die Basis bestätigte im Vorjahr das Führungsduo im Amt, mit einer Zustimmung von etwas über drei Viertel der Stimmen.
Im 18. Bezirk aufgewachsen
Mit in die Politik gebracht hat Pühringer ihre langjährige Expertise in den Bereichen Arbeit, Wirtschaft und Soziales. Schließlich ist die am 19. Jänner 1976 geborene Wienerin, die in Währing aufwuchs und als Kind einmal Schriftstellerin und "Schreiben können wie Astrid Lindgren" wollte, studierte Betriebswirtin. Als eine der ersten Erasmus-Teilnehmerinnen verbrachte sie in der zweiten Hälfte der 90er eine Zeit lang an der University of Sussex in Brighton (Großbritannien) und war dabei, "als Fatboy Slim und Cornershop ihre Release-Party im kleinen Club" gefeiert hatten, wie sie auf ihrer persönlichen Website stolz festhält.
Vor ihrem Andocken bei den Grünen war Pühringer neben zahlreichen diversen europäischen Netzwerken und Bündnissen mit Schwerpunkt Arbeit und Soziales 15 Jahre lang als Geschäftsführerin des gemeinnützigen Unternehmens arbeit plus und als Vorsitzende der Österreichischen Armutskonferenz tätig. Als politische Vorbilder nennt sie u.a. Rosa Luxemburg, Johanna Dohnal und Alma Zadić, abseits der Politik schätzt sie Patti Smith oder Maria Lassnig.
An der Parteispitze setzte Pühringer mehr auf konstruktive Kritik als auf schrille Frontalangriffe. Da die gerade auslaufende Legislaturperiode am Anfang von Corona und später von Krisen wie Ukrainekrieg, Nahost oder Teuerung überlagert war, gelang es den Grünen in der Oppositionsrolle und somit auch der nunmehrigen Spitzenkandidatin nur schwer, an Profil zu gewinnen.
"ZiB2"-Auftritt vor Wien-Wahl
Dass sie durchaus selbstironisch sein kann, beweist Pühringer etwa, wenn man sie auf ihre zuletzt immer noch eher mäßigen Bekanntheitswerte anspricht. "Spätestens nach dem Sager in der 'ZiB2' geht's glaube ich steil bergauf", spielt sie im APA-Interview auf ihren kürzlichen Auftritt in der ORF-Nachrichtensendung an. Wegen eines dort schlampig ausgesprochenen Halbsatzes wurde ihr in Sozialen Netzwerken und vom Boulevard fälschlicherweise attestiert, Bäume zu gendern.
Zur Person: Judith Pühringer, geboren am 19. Jänner 1976 in Wien, 1994-2006 Studium der Betriebswirtschaftslehre in Wien, 2004-2020 Geschäftsführerin des gemeinnützigen Unternehmens arbeit plus und Vorsitzende der Armutskonferenz, seit 2020 Gemeinderatsmandatarin und nicht amtsführende Stadträtin, seit 2021 Co-Parteichefin, Wahl zur Spitzenkandidatin im Februar 2025.
(APA/Red)