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Wien Modern: Starkomponistin Olga Neuwirth zeigt zwei Projekte

Olga Neuwirth bringt zwei große Projekt in Wien Modern.
Olga Neuwirth bringt zwei große Projekt in Wien Modern. ©APA/Hans Klaus Techt
Ein Schwerpunkt bei Wien Modern werden heuer zwei große Projekte der österreichischen Komponistin Olga Neuwirth sein. Am 7. November geht es los.

Wien Modern widmet Olga Neuwirth heuer einen Schwerpunkt mit zwei großen Projekten. Die österreichische Komponistin, die am 4. August ihren 50er gefeiert hat, wird erst kurzfristig anreisen, arbeitet sie doch unter Hochdruck an ihrer Oper “Orlando”, deren Uraufführung die Wiener Staatsoper für Dezember 2019 angekündigt hat. Doch noch vor Wien gibt es einen wichtigen Termin in Los Angeles.

Start mit Olga Neuwirth am 7. November

Am 28. Oktober wird die Jubiläumssaison der angesehenen “Community Arts Music Association of Santa Barbara” (CAMA) durch die Los Angeles Philharmonics mit einer Komposition von Olga Neuwirth eröffnet. “Ich freue mich sehr darüber und fühle mich wirklich geehrt”, so die Komponistin zur APA über das Konzert im Granada Theatre. Daniel Harding wird Neuwirths großes Orchesterwerk “Masaot/Clocks With No Hands” dirigieren, das er selbst 2015 in Köln mit den Wiener Philharmonikern zur Uraufführung gebracht hat. Mit Anton Bruckners Vierter Sinfonie ist auch das musikalische “Begleitprogramm” denkbar prominent.

Bei Wien Modern, wo sie in den vergangenen Jahren immer wieder vertreten war, startet das Neuwirth-Programm einige Tage später gleich mit einem Triple-Pack: Am 7. November findet ab 14 Uhr im Studio 2 der Musikhochschule ein Symposium über Neuwirths Musik zu Stummfilmen statt. Um 18.30 Uhr folgt im Wotruba-Salon des Wiener Konzerthauses ein von Julia Heimerdinger moderierter Round Table mit der Komponistin, dem Musikwissenschafter Stefan Drees und dem Dirigenten Nacho de Paz, der eine Stunde später im Großen Saal das Ensemble PHACE bei der Uraufführung von Neuwirths neuer Musik zum Stummfilm “Die Stadt ohne Juden” dirigieren wird. Die 1924 von Hans Karl Breslauer erfolgte Verfilmung des gleichnamigen Romans von Hugo Bettauer wurde kürzlich vom Filmarchiv Austria dank eines Zufallsfunds auf einem Pariser Flohmarkt neu restauriert und vervollständigt. Der 1922 erschiene prophetische “Roman von übermorgen” beschreibt die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung und ihre Folgen für die Stadt.

Olga Neuwirth schrieb die Filmmusik

Das Wiener Konzerthaus hatte gemeinsam mit anderen Partnern Olga Neuwirth den Auftrag für eine neue Filmmusik gegeben. “Zuerst habe ich das Angebot des Wiener Konzerthauses abgelehnt, weil ich das Gefühl hatte, dass ich nicht genug Zeit hätte, diesen außergewöhnlichen Film mit Musik zu ‘kommentieren’. So eine Aufgabe ist eine riesige Verantwortung”, schildert Neuwirth in einem von Wien Modern verbreiteten Gespräch mit Jeremie Szpirglas.

“Dann, wie das im kleinen Wien so oft der Fall ist, begegnete ich Hans Hurch, dem Direktor der Viennale, zufällig auf der Straße. Er sagte mir, dass ich trotz meiner Zweifel unbedingt die Musik schreiben sollte, und dass er an mich glaube. Er war so hartnäckig und überzeugend, dass ich meine Absage zurücknahm. Deshalb ist meine Filmmusik auch Hans Hurch gewidmet, der letzten Sommer unerwartet verstarb. Es ist ganz klar, dass ich bei einem Medium, das so vergänglich ist wie die Musik, keine objektive Wahrheit zum Film beitragen kann. Daher konnte ich nur versuchen, dem Filmmaterial, nachdem ich es analysiert hatte, eine persönliche musikalische Perspektive zu geben.”

Neuproduktionen für Wien Modern

Keine Uraufführung, aber eine monumentale, revidierte Neuproduktion eines ursprünglich 2012 uraufgeführten Großprojekts folgt am 14. November: “The Outcast. Homage to Herman Melville” wird als “Video-Konzert-Installations-Theater” aufgeführt. “Das Konzerthaus hat schon vieles erlebt, aber so etwas noch nicht”, weckte Wien-Modern-Chef Bernhard Günther heute die Neugier. Die Hamburger Elbphilharmonie (wo auch “Die Stadt ohne Juden” gezeigt wird) tritt als Koproduzent auf, von der Stadt Wien gab es ein Sonderbudget von 50.000 Euro für den Abend, für dessen Gestaltung (Video, Bühne und Kostüme) die britische Regisseurin und Künstlerin Netia Jones verantwortlich zeichnet.

Von der Uraufführung der als Auftragswerk des Nationaltheaters Mannheim entstandenen Oper hatte sich die Komponistin wenige Stunden vor der Premiere distanziert und den Umgang mit ihrem Werk kritisiert. Sie sowie die beiden Librettisten Anna Mitgutsch und Barry Gifford seien in der Probenzeit “einfach missachtet” worden. Für Wien Modern ist nun eine “exemplarischen Neuproduktion” angekündigt.

“The Outcast” in Wien

Für “The Outcast” hat Neuwirth ihre langjährige Auseinandersetzung mit dem Autor Herman Melville (1819-1891), das sich u.a. in ihrem vor zwei Jahren erschienenen Buch “O Melville!” niedergeschlagen hat, fortgeführt. Dabei ließ sie sich auch in New York mit einer Fotomaske des “Moby Dick”-Autors vor dem Gesicht fotografieren. Die Figur des “Old Meville” (gesungen von Johan Leysen) zieht sich auch durch “The Outcast”, das, so Tom Michelsen, als “ein eindringliches Plädoyer gegen Fremdenhass, gegen die Angst vor dem Anderen und dem Unbekannten” gelesen werden kann und “den Finger auf Themen wie Freiheit, Machtmissbrauch, persönliche Verantwortung sowie die Ausbeutung und Zerstörung der Natur legt”.

“Die Kritik an Ausbeutung und Entfremdung war für Melville ein zentrales Anliegen – daran hat sich bis heute nichts geändert, und daher ist er so modern”, erläutert Neuwirth selbst: “Er verknüpfte Referenzen auf historische Romane von Shakespeare, auf antike See-Epen und Reiseberichte, in denen die Kultur des Seehandels verewigt ist, mit ökonomischer Theorie. Es geht mir in ‘The Outcast’ auch um die Sichtbarmachung der rücksichtslosen Ausbeutung von Ressourcen, die auf dem Mythos unendlichen Fortschritts fußt.” Die Komponistin hat die Erzählerfigur Ishmael, das einzige überlebende Besatzungsmitglied des Walfängers, einer Frau zugeordnet. Sopranistin Susanne Elmark singt die Ishmaela, Otto Katzameier den Kapitän Ahab, Andrew Watts den Harpunier Queequeg. Neben anderen Figuren taucht auch Bartleby, der Schreiber (gesungen von Georgette Dee) in “The Outcast” auf. Ilan Volkov dirigiert das ORF Radio-Symphonieorchester Wien.

(APA/Red)

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