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Wien: Kopflose FPÖ

Ein Jahr vor der Gemeinderatswahl in Wien kämpft die FPÖ mit einem Kandidatenproblem.
Ein Jahr vor der Gemeinderatswahl in Wien kämpft die FPÖ mit einem Kandidatenproblem. ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Affären um Strache machen der Partei vor allem in der Bundeshauptstadt zu schaffen. Und das ein Jahr vor der Gemeinderatswahl.

Dass Heinz-Christian Strache wenige Tage nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos bei der EU-Wahl ganze 44.751 Vorzugsstimmen erhielt, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er zu einer Belastung für seine Partei, die FPÖ, geworden ist. Die Zwischenbilanz: Die Partei ist aus der Regierung geflogen. Sie hat bei der EU-Wahl verloren und letzten Endes gerade einmal drei Prozentpunkte mehr erreicht als die Grünen. Auch im Hinblick auf die Nationalratswahl Ende September drohen ihr Verluste.

Zuzuschreiben ist all das den mittlerweile einfachen Parteimitgliedern Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus: Unfreiwillig haben sie über das Ibiza-Video ganz Österreich mitgeteilt, was Macht für sie bedeutet: Willkürliche Auftragsvergaben, illegale Parteienfinanzierung und brutale Medienpolitik, die allein darauf ausgerichtet ist, Stimmung für die FPÖ zu machen. Dem nicht genug, gibt’s jetzt auch noch die Casinos-Affäre: Sie bestätigt zumindest, dass Strache Postenschacher zu verantworten hat, wie er für die Republik zwar nicht ungewöhnlich ist, von ihm selbst aber immer angeprangert wurde. Sprich: Seine Glaubwürdigkeit ist endgültig dahin.

Für die Bundespartei ist Strache zur Belastung geworden. Norbert Hofer und Co. bestätigen das insofern, als sie sich distanzieren. Ob das aufgeht, ist fraglich. Immerhin aber hat Hofer das Zeug dazu, einen Totalabsturz der FPÖ abzuwenden: Bei den Bundespräsidenten-Wahlen 2016 hat er gezeigt, was er kann – damals holte er mehr Stimmen, als es einem Freiheitlichen je zuvor gelungen war.

Ganz anders die Ausgangslage für die Partei in der Bundeshauptstadt, wo im kommenden Jahr eine Gemeinderatswahl stattfindet: Mit Strache und Gudenus sind ihre bekanntesten Leute weg. Genau genommen existiert in ihren Reihen nur noch eine Person, die auch Nicht-Insidern von Döbling bis Simmering bzw. von Liesing bis Floridsdorf ein Begriff ist: Ursula Stenzel. Doch sie ist unberechenbar und zudem keine urfreiheitliche, sondern eine ehemalige Politikerin der ÖVP. 

Geschäftsführender Landesparteiobmann und wohl auch Spitzenkandidat bei der Gemeinderatswahl ist Dominik Nepp. Nie gehört? Der 37-Jährige ist auch Vizebürgermeister. Ein eigenständiges Profil hat er noch nicht entwickeln können. Öffentlich wahrnehmbar ist er bisher auch kaum gewesen. Doch das liegt in der Natur der Sache: Neben einem so dominierenden Chef wie Strache ist es schwer, aufzufallen und Akzente zu setzen. Anders ausgedrückt: Ohne Strache müssen Leute wie Nepp erst bei null anfangen. Grundsätzlich könnte das eine Chance sein. So knapp vor der Gemeinderatswahl ist es aber eher eine Katastrophe für sie bzw. ihre Partei, die FPÖ.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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