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Wien: Installation STRICKEN beschäftigte sich mit NS-Erbe

Magda Kosinsky setzt sich mit einem neuen Aspekt der NS-Geschichte auseinander.
Magda Kosinsky setzt sich mit einem neuen Aspekt der NS-Geschichte auseinander. ©eSel.at_Lorenz Seidler
Künstlerin Magda Korsinsky setzte sich in ihrer Installation STRICKEN in der Neuen Burg mit einem kaum beachteten Aspekt des NS-Erbes auseinander.
STRICKEN

Einen kaum beachteten Aspekt des NS-Erbes thematisiert ab Donnerstag die Kunstinstallation STRICKEN im Vorraum zum oftmals als “Hitler-Balkon” bezeichneten Altan der Neuen Burg am Heldenplatz. Zu sehen sind von der Künstlerin Magda Korsinsky geführte Gespräche mit afrodeutschen Frauen, deren Großmütter in der NS-Zeit lebten. Für hdgö-Direktorin Monika Sommer historisch eine “absolute Leerstelle”.

Es sei gut, dass diese Installation jetzt bis zum 10. Juni genau an diesem geschichtsträchtigen Ort zu sehen ist, sagte die Direktorin des Haus der Geschichte Österreich (hdgö) am Mittwoch zur APA. Künstler hätten vor diesem Ort auch durchaus Respekt, so Wolfgang Schlag, Kurator der “into the city”-Schiene der Wiener Festwochen, in deren Rahmen das Werk gezeigt wird. Korsinskys Installation besteche auch im Kontrast zum Balkon, auf dem Adolf Hitler einst den verhängnisvollen “Anschluss” Österreichs an Nazi-Deutschland verkündete: “Sie hätte auch genau für diesen Raum entstanden sein können”, so Schlag.

Schwarze Frauen sprechen über ihre Familienwurzeln

Die Künstlerin hat vor rund zwei Jahren sechs schwarze Frauen im Alter zwischen 25 und 45 Jahren vor allem zu ihrer Beziehung mit ihren weißen Großmüttern ausführlich interviewt. Projiziert werden die Gespräche über sehr persönliche Auseinandersetzungen mit der Familienhistorie und der NS-Vergangenheit auf sechs großflächige Patchworks aus Textilien aus dem “weiblich konnotierten Alltagsleben” der Interviewpartnerinnen. Diese Stoffe kommen aus dem Fundus der Großmütter, die oftmals auch eine mütterliche Rolle gegenüber den befragten Frauen einnahmen.

Als Ausgangspunkt für die multimediale Arbeit, deren nunmehriger Aufstellungsort unweit des “Hitler-Balkons” der deutschen Künstlerin einen “Gänsehautmoment” beschert hat, fungierte das Buch “Amon. Mein Großvater hätte mich erschossen” von Jennifer Teege. Die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers, die mit Korsinsky am Freitag (17. Mai) im hdgö diskutieren wird, erfuhr im Alter von 38 Jahren, dass sie die Enkelin des berüchtigten, aus Wien stammenden KZ-Kommandanten Amon Göth ist. Von Teege stammt auch die Aussage “der Holocaust ist Familiengeschichte”, so Korsinsky: “Man geht aber nicht unbedingt davon aus, dass es auch eine ‘schwarze Geschichte’ sein kann”, sagte die afrodeutsche Künstlerin.

Teil von “Das Wissen der Kindheit”

Sie habe dann interessiert, wie die Rückschau auf die NS-Zeit “in der die reine Rasse propagiert wurde” in diesen besonderen Familienkonstellationen von Statten geht und wie sich die afrodeutschen Frauen, die als “deutsche Personen wahrgenommen und nicht danach gefragt werden wollen, woher sie kommen”, zum deutschen Schuldthema positionieren. Einblicke geben die Interviews, in denen es viel um Familienmuster und familiäre Verstrickungen geht – woraus sich letztendlich auch der Titel STRICKEN ableitete.

Fragen des Umgangs mit Identitätsentwicklung, dem Aufwachsen an sich und mit Rassismus seien wichtige Triebfedern für die insgesamt dreiteilige Ausstellung “Das Wissen der Kindheit”, die neben Korsinskys Installation zwei weitere Teile im ZOOM Kindermuseum im Museumsquartier und auf dem Vorplatz des Parlaments umfasst. Für Verena Melgarejo-Weinandt, Kuratorin der Schau, ist der Diskurs über die NS-Zeit und ihr Nachwirken “immer noch sehr weiß dominiert”. Korsinskys Arbeit mache hier nun eine wichtige Lücke in der Aufarbeitung auf.

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(APA/red)

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