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Wien gegen verkürzte Quarantäne-Regeln

Wien lehnt Verkürzung der Absonderung Infizierter klar ab.
Wien lehnt Verkürzung der Absonderung Infizierter klar ab. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Seit Donnerstag gelten die neuen Empfehlungen des Gesundheitsministeriums zur verkürzten Absonderung von Corona-Infizierten ohne Test. Wien lehnt diese neuen Quarantäne-Regeln klar ab.
Quarantäne-Regeln im Detail

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) verwies neben medizinischen Bedenken auch auf mögliche rechtliche Auswirkungen. "Dieses verantwortungslose Handeln wird dazu führen, dass wir die Hochinzidenzphase unnötig in die Länge ziehen. Das kommt nahezu einer gesundheitsbehördlichen Selbstaufgabe gleich", so Hacker zur APA.

Im Wiener Gesundheitssektor werden keine positiv Getesteten tätig sein

Man habe das entsprechende Dokument auch "leider erst im Laufe des Tages das erste Mal zu Gesicht bekommen und haben deshalb Zeit gebraucht, um es gewissenhaft durchzuarbeiten", erklärte Hacker in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. Fix ist für ihn jedenfalls, dass im Wiener Gesundheitssektor keine positiv Getesteten tätig sein werden, wiederholte er einmal mehr: "Infiziertes medizinisches Personal wird in Wien unter keinen Umständen arbeiten gehen."

Kritische Stimmen zur verkürzten Quarantäne aus Wien, Burgenland und Kärnten

Die neue Empfehlung von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sieht vor, dass symptomlos Corona-Infizierte sowie jene mit leichtem Krankheitsverlauf (ohne Sauerstoffbedürftigkeit) unter Auflagen nach fünf Tagen auch ohne Test aus der Absonderung entlassen werden können. Neben dem Nein aus Wien kam dazu auch aus dem Burgenland Ablehnung, Kärnten äußerste sich ebenfalls kritisch. Umsetzen will man die Vorgaben jedenfalls in Tirol, der Steiermark und in Salzburg.

Hackers Büro lieferte am Donnerstag eine umfassende Begründung für die Haltung der Stadt. "Ein Automatismus zur Beendigung der Absonderung nach fünf Tagen ohne vorheriges Testen ist eine deutliche Abkehr von der bisherigen Präzision der Gesundheitsbehörden, deren wissenschaftliche Evidenz im Dokument nicht ausreichend begründet ist", hieß es in dem Schreiben.

Kritik an komplexer Regelung der "Verkehrsbeschränkung"

Auch wird u.a. die komplexe Regelung der "Verkehrsbeschränkung" kritisiert und darüber hinaus auch die mögliche Tätigkeit der Betroffenen in "vulnerablen Bereichen". Die verschiedenen Optionen von Absonderung, Verkehrsbeschränkung bis hin zur Freitestmöglichkeit aus ebendiesen seien "kaum kommunizierbar" und würden einen "dramatischen Mehraufwand" bei den Gesundheitsbehörden verursachen. "Auch die Kontrolle dieser vielfältigen Maßnahmen wird in Österreich durch die Bezirkshauptmannschaften kaum mehr möglich sein", hieß es.

Wien: Nur zehn Prozent der Corona-Fälle nach fünf Tagen wieder negativ

Auch zeige die Erfahrung in Wien, dass nur knapp die Hälfte aller positiven Fälle mit so geringen Symptomen belastet sei, dass sie einen Freitestversuch unternehmen. Nur zehn Prozent der positiven Fälle schaffen es demnach tatsächlich, sich am fünften Tag freizutesten - weitere 20 Prozent in den Tagen sechs bis neun. "Die Regulierungen zu Freitestungen betreffen daher grundsätzlich 70 Prozent der positiven Fälle nicht." Es sei auch "zu vermuten", dass viele Personen auf die Variante der Verkehrsbeschränkungen zurückgreifen werden (und sich nicht freitesten lassen, auch wegen der geplanten Reduzierung der Tests). Daher sei davon auszugehen, dass die Vorgaben der Verkehrsbeschränkung von den Betroffenen "mangels Überwachbarkeit nicht eingehalten werden". Dadurch werde eine "unnötige Verlängerung der Hochinzidenzphase" riskiert.

Auch verwies Hacker auf die rechtliche Problematik: "Speziell in vulnerablen Bereichen wie Krankenanstalten und Pflegewohneinrichtungen kann nicht verlangt werden, ein zusätzliches Haftungsrisiko einzugehen." Denn aus dem Behandlungsvertrag bzw. Betreuungsvertrag bzw. dem Arbeitsrecht würden sich auch "Schutzpflichten" gegenüber den Patienten, Betreuten und Mitarbeitern ergeben. Darüber hinaus wären bei einem bewussten Einsatz von positiven Mitarbeitern krankenanstaltenrechtliche, berufsrechtliche aber auch strafrechtliche Folgen zu befürchten, so Hackers Büro.

Kärnten berät über neue Quarantäne-Regelung

Vom Kärntner Landespressedienst hieß es am Donnerstag auf APA-Anfrage, Quarantäne und Teststrategie werden am Nachmittag Thema bei einer Sitzung des Corona-Koordinationsgremiums sein. Erst danach könne man genauere Auskünfte erteilen, für 18.00 Uhr war eine Medieninformation anberaumt. Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) hatte aber bereits am Mittwoch Kritik an der verkürzten Quarantäne-Dauer anklingen lassen: Sie sehe diese Möglichkeit "sehr kritisch". Kärnten werde das "äußert restriktiv handhaben - nur in absoluten Ausnahmefällen und mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Das wird sicher nicht zum Regelfall werden".

Niederösterreich setzt Empfehlungen um - auch Gurgeltests bleiben

Niederösterreich wird den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums zur verkürzten Absonderung von Corona-Infizierten ohne Test folgen. Dies sei nach "ausführlichen Beratungen" entschieden worden, teilten LHStv. Stephan Pernkopf (ÖVP) und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) mit. Als Begründung wurde u.a. genannt, dass andernfalls Verwaltungsverfahren drohen könnten.

Man betonte, dass die Empfehlungen des Bundes "als Handlungsanleitung für die Gesundheitsbehörden in den Ländern hohen Leitliniencharakter" besitzen würden. Nachdem sich auch die Ampelkommission mehrheitlich für die neuen Regelungen ausgesprochen habe, sei entschieden worden, sich den Vorgaben ebenfalls anzuschließen. "Die rechtliche Prüfung ergab, dass vor allem aufgrund des vollkommenen Freiheitsentzuges Verwaltungsverfahren drohen könnten - insbesondere weil auch das Gesundheitsministerium ein gelinderes Mittel durch die Verkehrsbeschränkung mit Maskenpflicht als ausreichend definierte", skizzierte Königsberger-Ludwig. Sie appelliert jedoch eindringlich, dass erkrankte Menschen ohne Freitestung nur dann ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen sollten, wenn sie tatsächlich mindestens 48 Stunden symptomfrei seien, um keine Selbst- und Fremdgefährdung zu riskieren. Bei "geringsten Symptomen" solle man sich weiterhin freitesten lassen.

Beim Personal in den der Landesgesundheitsagentur (LGA) unerstehenden Kliniken und Pflegezentren werden die Empfehlungen des Gesundheitsministers "nur in begründeten und dringenden Ausnahmefällen herangezogen. Das soll aber nur anlassbezogen vor Ort und unter Einbindung der Belegschaftsvertreter entschieden werden", betonte Pernkopf.

Weitergeführt werden soll "Niederösterreich gurgelt" mit jedenfalls fünf kostenlosen Tests pro Monat. Unklar ist aufgrund fehlender Vorgaben des Bundes hingegen die weitere Finanzierung der Testungen in Apotheken.

Änderungen bei Quarantäneregeln in der Steiermark

Seitens der steirischen Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hieß es gegenüber der APA zunächst, dass die Verordnung des Bundes in Sachen Absonderung "eins zu eins" umgesetzt werden wird. Am Abend wurden dann aber eigenständige Änderungen bei den Quarantäneregeln verkündet: Demnach kann bei Symptomlosigkeit die Quarantäne ab dem sechsten Tag auf Initiative der infizierten Person zur Verkehrsbeschränkung umgewandelt werden. Diese beinhaltet eine FFP2-Maskenpflicht und ein Fernhalten von vulnerablen Personen, Großveranstaltungen und der Gastronomie.

Salzburg will Empfehlungen des Bundes umsetzen

Wie die fünftägige Quarantäne in Tirol künftig kontrolliert wird, war am Donnerstag noch Gegenstand "interner Abstimmungen, nachdem die Bundesregelung gestern spätabends übermittelt wurde", hieß es aus dem Landhaus. Die neue Möglichkeit werde allerdings nicht für Personen gelten, die vor dem morgigen Freitag bereits aufgrund eines positiven Testergebnisses abgesondert worden waren.

Aus dem Bundesland Salzburg hieß es, man werde die Empfehlungen des Bundes umsetzen, wie Oberst Peter Schinnerl, Leiter des Corona-Managements des Landes, gegenüber der APA erklärte. Konkret wird das Land die abgesonderten Personen am fünften Tag mit einem SMS kontaktieren und darauf hinweisen, dass man in die Verkehrsbeschränkung wechseln kann, wenn man 48 Stunden symptomfrei ist. Sollte das zutreffen, muss der Betroffene ein SMS mit der Bestätigung zurückschicken. Sollte man aber beispielsweise erst am siebenten Tag der Quarantäne die zwei symptomfreien Tage hinter sich haben, könne man auch dann die SMS abschicken.

Linzer Bürgermeister über Quarantäne-Kürzung schockiert

Für den Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) hingegen ist es "schockierend", die Quarantäne zu verkürzen. "Niemand möchte, dass seine Mutter oder sein Vater in einem Krankenhaus von jemandem, der möglicherweise nach fünf Tagen noch ansteckend ist, betreut wird." Er kritisierte in einer Videobotschaft auch, dass man in der Schule nicht die Maskenpflicht wieder einführe.

Vorarlberg setzt auf Eigenverantwortung der Bürger

Aus dem Vorarlberger Landhaus hieß es am Donnerstagabend, man werde die Empfehlungen eins zu eins umsetzen, Kontrollen erfolgten stichprobenartig. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) erklärte gegenüber "Vorarlberg Live" in Hinblick auf die Symptomfreiheit, sie vertraue auf die Eigenverantwortung der Bürger. "Helfen Sie uns, schützen Sie sich, schützen Sie andere!", appellierte Rüscher. Derzeit gebe es zudem wenige schwere Verläufe. Sollte das wegen einer neuen Mutation oder im Herbst anders sein, wären neuerlich schärfere Maßnahmen möglich. Dass ab hundert Personen 3G oder Maskenpflicht gilt, halte sie für den richtigen Weg. Eine Maskenpflicht hätte eine erneute Schließung der Nachtgastronomie zur Folge gehabt. Sie empfahl dennoch, wo möglich, Maske zu tragen.

(APA/Red)

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