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Wien: Betretungsverbot für Doskozil!?

Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber.
Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Gastkommentar von Johannes Huber. Bewohner der Stadt dürfen nicht mehr an den Neusiedlersee. Der Bauch schreit „Rache!“. Der Kopf sagt, dass sich das Niveau des Burgenländers nicht durchsetzen darf. 

WDie österreichische Staatsbürgerschaft ist in der Coronakrise wertlos geworden. Tirol hat schon Mitte März alle Leute rausgeschmissen, die keinen Wohnsitz im Land haben. Das Salzkammergut hat Wienerinnen und Wiener wiederum wissen lassen, dass sie sich schleichen sollen. Und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat gerade eine Verordnung angekündigt, die es Bewohnerinnen und Bewohnern der Bundeshauptstadt untersagt, den Neusiedlersee zu besuchen. Natürlich, genau genommen gilt das Verbot für alle Männer, Frauen und Kinder, die weiter als 15 Kilometer entfernt vom riesigen Naherholungsgebiet wohnen. Praktisch trifft das aber halt vor allem Wienerinnen und Wiener: Sie machen in gewöhnlichen Zeiten den größten Teil der Tagesgäste aus. 

Wie auch immer: Die Doskozil-Aktion ist niederträchtig. Das Argument, dass es Beschwerden der örtlichen Bevölkerung gegeben habe, wonach der Mindestabstand zwischen Erholungssuchenden in den letzten Tagen und Wochen nicht mehr eingehalten worden sei, ist lächerlich. Niemand hätte etwas gegen entsprechende Regelungen oder im Falle des Falles auch regulierte Besucherströme einzuwenden. Auch Strafen würden in der Natur der Sache liegen. Das ist doch logisch!

Aber einfach alle Fremden aussperren? Doskozil bedient zutiefst verunsicherte Landsleute. Das ist vielleicht auch durch den Populisten erklärbar, der in ihm steckt. Ganz nüchtern betrachtet schauen die Verhältnisse jedoch so aus: Das Coronavirus ist nach wie vor unter uns und gebietet zur Vorsicht. Es befindet sich aber auf dem Rückzug. Zweitens: Wien und das Burgenland bilden Regionen, in denen es verhältnismäßig wenige Infektionen gibt. Da könnte der Landeshauptmann besonnen agieren.

Zu alledem kommt aber noch etwas ganz anderes dazu: Provinzpolitiker wie Doskozil fügen ganz Österreich immensen Schaden zu. Sie erklären alle Nicht-Orts- oder Landesbewohner zu unerwünschten Bürgern. Burgenländer sollen demnach genauso allein sich selbst am Nächsten sein wie Tiroler oder Leute aus dem Salzkammergut. 

Nicht böse sein: Das könnte man sich für kommende Urlaubspläne merken. Mit fatalen Folgen für den Tourismus in den erwähnten Regionen: Nach Tirol oder ins Burgenland wird heuer ohnehin schon kaum ein ausländischer Tourist mehr kommen. Und den zahlreichen Wienerinnen und Wienern wird gerade mitgeteilt, dass sie nur dann anreisen sollen, wenn sie erstens Geld mitbringen und es zweitens den Einheimischen gerade passt. Unter diesen Umständen wird man vielleicht doch besser zu Hause bleiben. 

Andererseits: Sich auf pannonisches Niveau herabzulassen und es Doskozil und seinen Landsleuten letzten Endes gar auch noch umgekehrt zu verbieten, nach Wien zu reisen, wäre würdelos und dumm. Wir leben noch immer in einer Republik mit neun Bundesländern bzw. 94 Bezirken bzw. 2096 Gemeinden bzw. 8,9 Millionen Menschen. Und zwar nicht nur neben-, sondern auch mit- und voneinander. Das sollte gepflegt werden, so lange es geht. 

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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