Wie Red Bull die Tour de France verändert

Keine Feier, nicht mal ein gemeinsames Essen. Nachdem der Vertrag unterzeichnet war, ging Ralph Denk (50) zurück ins Büro und arbeitete weiter, als wäre nichts Besonderes geschehen. Dabei hatte Deutschlands mächtigster Rad-Manager gerade eine neue Ära im Radsport eingeläutet. Er brachte Red Bull in sein Team Bora-hansgrohe und will nun die Radsportwelt aufmischen. „Wir waren bislang eines der besten Teams, aber wir wollen DAS beste sein“, sagt er zu BILD.

Ein Global Player im Radsport
Wenn am Samstag in Florenz die 111. Tour de France startet, heißt das Team aus dem bayerischen Raubling Red Bull-Bora-hansgrohe. Denk erläutert: „Es ist ein großes Zeichen, wenn sich ein Global Player wie Red Bull für den Radsport entscheidet. Das ist ein Ritterschlag. Dann muss auch der Sex Appeal stimmen.“
Der Star der Mannschaft ist Primoz Roglic (34), ein ehemaliger Skispringer, der erst seit elf Jahren Profi ist. Der Junioren-Weltmeister mit dem slowenischen Team zeigt auch auf dem Fahrrad eine herausragende Leistung. Er gewann von 2019 bis 2021 dreimal die Vuelta, 2023 den Giro und 2021 olympisches Gold im Einzelzeitfahren in Tokio.
Teamstruktur um Roglic
Das Team ist ganz auf Roglic zugeschnitten. „Fünf Bodyguards und zwei Helfer in den Bergen“, beschreibt es Denk lachend. Roglic geht immer volles Risiko und stürzt oft. „Da muss man ihn vor sich selbst schützen. Das sollen die fünf übernehmen.“

Der Weg zum Red-Bull-Deal
Wie kam der Red-Bull-Deal zustande? Denk erklärt: „Ich habe einen Brief an den inzwischen verstorbenen Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz geschrieben, den ich jedoch nie persönlich kennenlernte. Das Unternehmen antwortete und wir tauschten uns aus. Beim DFB-Pokal-Halbfinale 2022 von RB Leipzig gegen Union Berlin war ich im Stadion und sprach mit Oliver Mintzlaff: Rad und Fußball, was könnte da möglich sein?“
Ein Glückstag! Denn Mintzlaff ist inzwischen CEO Corporate Projects bei Red Bull. Er kam zur Tour de France und ihm gefiel, was er sah: „Wie groß der Radsport ist, wie viele Leute am Straßenrand stehen, die Reichweite. Das war der Startpunkt.“
Zukunftsvisionen
Was nahm Denk vom Fußball mit? „Ich sah, wie sich der Fußball in Leipzig entwickelt. Die haben damals auch nicht Cristiano Ronaldo und Messi gekauft. So werden wir nicht Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar aus ihren Verträgen kaufen. Leipzig hat eine Akademie und auch wir werden am Nachwuchs arbeiten, ein U23-Team aufbauen, sodass die bei uns ausgebildeten Fahrer eines Tages für uns bei den Profis siegen.“
Teamchef Ralph Denk begann einst mit einer Amateur-Mannschaft, nun führt er einen der größten Rennställe der Welt. Dass sein Rennstall nun zu den reichsten gehört, ist Denk bewusst. Zwischen 45 und 50 Mio. Euro soll nach BILD-Informationen das Budget für 2025 betragen. Das sind ähnliche Dimensionen wie bei UAE Emirates (Pogacar) und Visma-Lease a Bike (Vingegaard). „Die Teamchefs haben mir alle zum Red-Bull-Deal gratuliert. Das ist Anerkennung auch für mich, wenn die, mit denen man sich duelliert, das schätzen“, sagt Denk.

Herausforderungen und Hoffnungen
Da Pogacar übermächtig ist, muss Red Bull wohl noch auf den größten Erfolg im Radsport warten. „Pogacar ist der Top-Favorit. Der hat den Giro gewonnen und blieb im Gegensatz zu Primoz sturzfrei und unverletzt. Da muss Primoz reagieren, sobald sich die kleinste Chance ergibt.“
Oliver Mintzlaff und Red-Bull-Boss Mark Mateschitz lassen sich in die Rad-Szene einführen. Dass er nur noch 49 Prozent am Unternehmen hält und 51 Prozent dem Getränkehersteller gehören, stört Denk nicht. „Ich bin der CEO und entscheide nach wie vor die sportlichen Fragen. Ich glaube sehr an die Perspektive. Wir werden jetzt nicht die Österreich-Rundfahrt fahren, nur weil wir Red Bull als Namenssponsor haben.“
(VOL.AT)