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Wer schützt Schüler vor Psychopathen?

©APA/DPA/HEIKO WOLFRAUM
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Fall aus Währing zeugt von einer erschreckenden Unbeholfenheit des Systems gegenüber gefährlichen Lehrern.

Die meisten Lehrerinnen und Lehrer verdienen Anerkennung und Respekt. Sie haben einen schwierigen Job, machen aber einen guten daraus. Das muss man vorwegschicken, ehe man zum großen Problem kommt: Wie in jeder anderen Berufsgruppe gibt es auch bei ihnen Vereinzelte, die eine Zumutung sind und die an einer Schule exakt null verloren haben. Sie hätten nie dorthin geraten dürfen; und sie hätten auch längst von dort entfernt werden müssen. Grund: Sie schikanieren, ja sie traumatisieren Kinder, die ihnen anvertraut sind.

Womit wir beim Fall aus Währing angekommen sind: Laut Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) gibt es seit sechs Jahren Beschwerden über die Mathematik-Lehrerin eines dortigen Gymnasiums. Berichtet wird, sie habe Schüler beschimpft. Und zwar mit solchen Sprüchen: „Liegt die Dummheit in eurer Familie?“ Oder: „Wenn ihr euch umbringt, macht das wenigstens nicht in der Schule.“ Allein diese Woche haben sich mehr als ein dutzend Betroffene mit weiteren Schilderungen gemeldet. Eine ehemalige Schülerin erzählte der APA, sie habe sich oft übergeben müssen, so sehr hat ihr die Lehrerin offenbar zugesetzt. Die Volksanwaltschaft ist eingeschaltet, die Lehrerin weist die Vorwürfe zurück. Und man sollte mit abschließenden Urteilen zu diesem Fall ja auch wirklich vorsichtig sein. Ehe nicht alles geklärt ist, gilt so oder so die Unschuldsvermutung.

Das Erschreckende ist jedoch die Unbeholfenheit des Systems, die hier ganz allgemein zum Ausdruck kommt: In der Privatwirtschaft wäre es selbstverständlich, jemanden, der schwerwiegende Konflikte auslöst, zumindest zu versetzen. Zeigt sich, dass sich der Mitarbeiter etwas zu Schulden kommen lassen hat, wird er gekündigt. Und zwar prompt.

Im Schulwesen ist das ganz anders. Aus einer falsch verstandenen Notwendigkeit, Lehrer gegen Anfeindungen zu schützen, werden insbesondere pragmatisierte unangreifbar gemacht. Motto: Sie haben immer recht. Ihre unmittelbaren Vorgesetzten, die Direktoren, können ihnen so schnell nichts anhaben. Von den Schülern, die im Mittelpunkt stehen sollten, ganz zu schweigen. In Einzelfällen kann das, wie man nun eben sieht, zu Verhältnissen führen, die unglaublich sind: Seit sechs Jahren leiden Kinder unter der Mathematikerin – passiert ist so gut wie nichts.

Man würde sich wünschen, Politiker würden aus diesem Fall so entschlossen Konsequenzen ziehen, wie sie das zum Beispiel bei Flüchtlingen zusammenbringen. Soll heißen: Das Mindeste wäre, Schüler ernsthaft ihre Lehrer beurteilen zu lassen. Stichwort „Feedback-Kultur“. Direktoren sollten Lehrer einstellen, aber auch entlassen können. Und beim Stadtschulrat oder wo auch immer gehört eine Schüler- und Elternanwaltschaft eingerichtet, die Beschwerden nachgeht und allenfalls nötige Konsequenzen einfordert.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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