Wenn Lesen oder Rechtschreiben schwer fällt

Individuelle Lese- und Rechtschreibförderung ist im Volksschulbereich zunehmend nötig.
(amp) Der achtjährige Pascal setzt Wörter mit Doppelkonsonanten zusammen und trennt diese in Zusammenhang mit einer körperlichen Bewegungsübung. Wortherleitungen mit Verdoppelungen (z.B. rennen – rennt) werden mit speziell “greifbaren” Buchstabenbausteinen zusammengefügt und verändert. Aufgestellte und flachliegende Legobausteine simulieren Groß- und Kleinschreibung im Satz. Pascal hat im Einzelunterricht die Chance, seine Rechtschreibprobleme zusammen mit der Lehrerin für Spezifische Lernförderung Annelies Fliri-Burtscher in den Griff zu bekommen. Und dass da einiges vorwärts geht, sieht man nicht zuletzt auch an der Begeisterung des Kindes und seiner engagierten Mitarbeit. Zirka 35 Minuten dauert so eine “Einzelsitzung”, je nach Konzentrationsfähigkeit des Kindes.
Pilotprojekt
Was vor neun Jahren von Bezirksschulinspektorin Maria Riener, SPZ-Leiterin Ruth Grasser-Vonier und der Schulpsychologin Brigitta Amann im Bezirk Bludenz als Pilotprojekt gestartet wurde, gilt seit 2009 landesweit als Konzept zur frühzeitigen Erkennung von Lese- und Rechtschreibschwächen. “Der Schwerpunkt der Förderung liegt in der Grundstufe I, also bei Kindern mit Problemen beim Lese- und Rechtschreiberwerb. In diesem Stadium sprechen wir noch nicht von Legasthenie”, so die LfSL Annelies Fliri-Burtscher.
Ursachen für Lese- Rechtschreib- und Sprachdefiziten gibt es sicher viele. “Eine davon, dass die Sprache vieler Kinder verkümmert, ist ganz einfach, weil das Vorlesen in der Kinderstube zunehmend verloren geht. Es werden kaum mehr Lieder gesungen, Reime gebildet, miteinander Bilderbücher besprochen. Alles Bausteine für den Schriftspracherwerb”, weiß Annelies Fliri- Burtscher, die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für Spezifische Lernförderung im Bezirk Bludenz. Derzeit bemühen sich im Bezirk zwölf eigens für die Lese- und Rechtschreibförderung ausgebildete Pädagogen. Sie betreuen ihnen zugeteilte Volksschulen. Früherfassung und Frühförderung, Beratungen für Lehrer und Eltern, Vermitteln von wissenschaftlichen Förderprogrammen und Einzelförderungen gehören zu ihren Tätigkeiten. “50 Wochenstunden dafür sind viel und doch wieder nicht”, sieht Annelies Fliri-Burtscher immer mehr Herausforderungen auf ihr Team zukommen.
Elternkontakt – Lehrergespräch
Die Einzelförderung findet in enger Zusammenarbeit mit Eltern und Klassenlehrer statt. Die meisten Eltern sind dankbar. Dort, wo die Verantwortung allerdings voll auf die Schule “abgeschoben” wird, ist der Erfolg auch geringer. Regelmäßiges Training bringt Erfolg und stärkt Motivation und Selbstwert des Kindes.
Gestartet wurde im Bezirk Bludenz auch eine Rechenbetreuung. Auch dort ist eine frühe Erfassung der Rechenschwäche und Förderung wichtig, damit die Kinder baldmöglichst wieder dem Unterricht folgen können. Und wie sieht es bei den Migrantenkindern aus? “Entscheidend ist die Beherrschung der deutschen Sprache, dann kommt die Rechtschreibung”, macht Annelies Fliri-Burtscher auf Schwierigkeiten mit Doppeldefiziten aufmerksam. “Unsere Aufgabe ist vielseitig und abwechslungsreich”. Langweilig wird der engagierten Pädagogin jedenfalls nicht.
Infos unter http://www.lsr-vbg.gv.at/page/ oder den Bezirk Bludenz betreffende Anfragen an annelies.fliri@vol.at