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Wenn die Donau geigt, hat die EURO Pause

„Wannst mit so aner Hundstruppm Vierter bist, dann waaßt, wie stoak die Liga is“. Die Anhänger des SV Gersthof sind ein bisserl sauer auf die Eigenen.

Da fährt man extra nach Kaisermühlen, und dann das. In der 38. Minute reißt einem Donau-Spieler die Flanke ab, der Ball senkt sich unhaltbar hinter dem Gäste-Goalie ins Netz, 0:1. In der Pause gibt es nur ein Thema: Das Nationalteam. Nein, Scherz. Die EURO 2008 interessiert am Donau-Platz niemanden. Viel wichtiger ist, dass der LAC schon wieder gewonnen hat und Helfort deshalb jetzt Letzter ist.

„Rosa 17 und Grün 19!“, plärrt der Platzsprecher. Keiner rührt ein Ohrwaschl. Der Tombola-Hauptgewinn steht auch zehn Minuten nach der Ziehung unberührt neben dem Kassa-Häuschen. Im Geschenkkorb schwitzen Würstel, Käse, Weißwein und Schokolade. Noch ein Versuch: „Rosa 17 und Grün 19!“ Nichts. Mit viel gutem Willen sind 150 Zuschauer gekommen, das Kantinenpersonal inkludiert. Ein paar Meter weiter drüben stapeln sich die Massen im Gänsehäufel.

Gersthof ist technisch ein bisserl besser beschlagen, bei der Donau, acht Plätze weiter hinten in der Tabelle, gibt’s ein paar lästige Wadelbeißer. „Seawas, dass ma di a amoi siecht“. Die Auswärts-Fans haben es sich auf den alten, schattigen Holzbankerln gemütlich gemacht. „Heut simma aber a klane Gemeinde“, sagt ein Pensionist am Sonntagnachmittag zum anderen. „Jo, i hob ma extra zwa Stunden frei nehmen müssen von der Arbeit.“ Es riecht nach
Schnitzelsemmel, Sommerspritzer und Milde Sorte. Ein Gersthofer Filigrantechniker dribbelt: „Brich da ned die Fiaß!“

„Ein Halbzeitstand aus der Bundesliga: Austria Salzburg gegen Rapid 1:1“, wird via Lautsprecher bekannt gegeben. „Für wen, hat er wieder ned g’sogt.“ Der Schmäh rennt nicht, er galoppiert. Reflexartig werden Stronach und Mateschitz mit unflätigen Ausdrücken bedacht. Die sollen gefälligst ein paar Millionen in die Landesligen stecken. „Dann könnt ma wos mochn!“ Der Gersthofer Stürmer schwalbt, sieht gelb und matschkert. Die alteingesessene Donau-Garde hinter dem Tor ist begeistert: „Bravo Schiri, gib eam glei no ane!“

Hinter den Spielerbänken blüht der Raps, die UNO-City schaut den Akteuren beim Kampf um und vor allem mit dem Ball geduldig über die Schulter. „Wos? Zwa-ans für Salzburg? Na, des woa eh kloa.“ Doch die Bundesliga-Resultate werden nur nebenbei registriert. Der LAC hat schon wieder gewonnen, und Ostbahn XI hat die Wienerberger, den Tabellenführer, weggeputzt, auswärts, fünf-eins! Helfort hat ein null-drei gegen den Fav/AC aufgeholt und noch ausgeglichen. Dennoch sind die Ottakringer jetzt am Tabellenende. „Hätt’ ma si a ned docht, gö?“

Die Zeit drängt, Gersthof auch. „Wos san des für Pass?“ Die Ungeduld der Fans wächst, der Trainer springt wie das Rumpelstilzchen auf und ab. Bei den Donau-Sympathisanten wird derweil analysiert: „Wir brauchen a zweites Goal.“ „Geh, Bledsinn! Wir brauchen goa kan’s mehr, wann die anderen kan’s schiaßn.“ Auf den schattigen Holzbankerln schwindet langsam die Hoffnung auf ein Remis. Und überhaupt, der Wolferl hätte letztens einen Sitzer vergeben gegen Donaufeld – aus acht Metern neben das leere Tor! „Naja, wenns kane
anderen gibt…“

Der Schiri gibt die lautstark geforderte „Knallrote“ nicht, zückt nur den gelben Karton. Die Nummer 11 von Gersthof scheint ein schwieriger Typ zu sein, seit geraumer Zeit bettelt er um den Platzverweis. Er renne zwar jedem Ball hinterher, aber die „Pappn“ könne er nicht halten, unlängst habe er in der Kabine randaliert, werden Vereinsinterna preisgegeben. „Oba er kriegt jo a kane gscheiten Bälle.“ Die 90. Minute ist um. „Schiri, schau auf die Uhr!
Blos eine!“ Dann bläst er tatsächlich. Kurzer Jubel, zufriedenes Nicken der Donau-Fans, Kopfschütteln beim Gegner. „Na, dann bis zum nächsten Mal, pfiat eich!“

Auf Höhe des Kassa-Häuschens kommt die EURO 2008 dann doch noch
zur Sprache: „Wos is, host du Koatn kriegt?“ „Na, oba is eh wuascht. Weißt ja eh ned, wer gegen wen spielt.“ Der Geschenkkorb ist dann doch noch abgeholt worden.

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