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Welt-Aids-Tag: Coronakrise sorgt auch für mehr HIV-Infektionen und Aids-Tote

Auch dieses Jahr trägt das Parlament in der Hofburg wieder eine große rote Schleife zum Welt-Aids-Tag.
Auch dieses Jahr trägt das Parlament in der Hofburg wieder eine große rote Schleife zum Welt-Aids-Tag. ©APA
Am heutigen Welt-Aids-Tag wird darauf aufmerksam gemacht, dass fast 300.000 zusätzliche HIV-Infektionen und bis zu knapp 150.000 zusätzliche Aids-Tote bis Ende 2022 auf das Konto der Corona-Pandemie und ihrer Folgen gehen könnten. So lauten die Schätzungen des Programms der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS). Hauptgrund für die zusätzlichen Probleme sind Unterbrechungen in der Gesundheitsversorgung,

Im vergangenen Jahr haben sich UNAIDS zufolge 1,7 Millionen Menschen mit dem HI-Virus angesteckt. Geschätzte zwölf Millionen Infizierte haben keinen Zugang zu Medikamenten gehabt. Die UN-Organisation rief Länder, in denen HIV-positive Menschen noch stigmatisiert und diskriminiert werden, auf, ihre Politik zu ändern. Doch es gibt auch eine Perspektive, nicht zuletzt aufgrund der Coronakrise: Wenn die Welt im Zusammenhang mit der Pandemie deutlich mehr in Gesundheitssysteme investiert und sich ehrgeizige Ziele setze, könnte es gelingen, dass Aids 2030 keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit mehr sei, heißt es in einem UNAIDS-Bericht. In Wien wird der Red Ribbon als Zeichen der Solidarität mit HIV-Infizierten und Aids-Patienten am Parlament und am Rathaus angebracht.

Rote Schleife am Parlament in Wien

Eine überdimensionale rote Schleife, weltweites Symbol der Solidarität mit HIV-Infizierten und Aids-Kranken, prangt diese Woche am Ausweichquartier des Parlaments in der Wiener Hofburg. "Wir setzen damit ein deutlich sichtbares Zeichen für Toleranz und gegen Ausgrenzung", sagte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka anlässlich des Welt-Aids-Tages am (heutigen) 1. Dezember. In Österreich wird im Schnitt täglich mindestens eine HIV-Neudiagnose gestellt.

Rund 13.630 Menschen leben in Österreich mit der Diagnose HIV, davon haben sich 430 Menschen im Jahr 2019 neu infiziert, erinnerte die Pharmig, die Interessenvertretung der heimischen Pharmaindustrie. "Besonders den niederschwelligen Zugang zu Medikamenten und zu Tests betreffend, haben wir eine gemeinsame Verantwortung", betonte Sobotka. Ralph Schallmeiner, Gesundheitssprecher der Grünen, verwies auf die Bedeutung von Aufklärung besonders von Jugendlichen: "HIV ist eine Krankheit in der Mitte unserer Gesellschaft."

"Wer einen HIV-Test durchführt, schafft für sich selbst Klarheit, kann schnell eine Therapie beginnen, damit die Chance erhöhen, ein normales, von HIV oder gar Aids uneingeschränktes Leben zu führen und verringert so auch das Risiko, andere unwissentlich mit HIV anzustecken", sagte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Durch wirksame Arzneimittel sei HIV zu einer chronischen Erkrankung geworden, die Diagnose erfolge aber oft viel zu spät. In Österreich würden jedes Jahr 400 bis 500 HIV-Neudiagnosen gestellt, die Dunkelziffer sei mit Sicherheit höher. "Einige Patienten verschweigen ihre Infektion aus Angst vor Stigmatisierung. Dabei wirkt sich eine frühzeitige Diagnose positiv auf den Therapieerfolg der Betroffenen aus", so Herzog.

HIV und Aids: Diagnosemöglichkeiten

Diagnosemöglichkeiten sind gut verfügbar, beispielsweise Schnelltests aus Apotheken. Zusätzlich gibt es Prä- und Post-Expositions-Prophylaxen, das sind Arzneimittel, mit denen eine HIV-Infektion verhindert werden könne, so die Pharmig. Für Infizierte stehen mehr als 35 Präparate als Einzelwirkstoffe oder fixe Kombinationen von bis zu vier Wirkstoffen zur Verfügung.

72 Arbeitgeber unterzeichneten indes mit den Aids-Hilfen Österreichs eine Deklaration gegen Diskriminierung von HIV-Positiven im Arbeitsleben. Nach dem Launch am Welt-Aids-Tag sollen fortlaufend weitere Unternehmen und Organisationen dafür gewonnen werden.

Der Welt-Aids-Tag wurde 1988 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen und wird jedes Jahr von der UNAIDS, dem Gemeinsamen Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids, unter ein Motto gestellt, das heuer lautet: "Globale Solidarität, gemeinsame Verantwortung". Weltweit leben laut WHO etwa 37,9 Millionen Menschen mit HIV, mehr als 20 Prozent davon wissen nichts von ihrer Ansteckung.

Neue Initiative gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz

Um sich für mehr Akzeptanz und eine Gleichstellung im Berufsleben einzusetzen, haben die Aids-Hilfen Österreichs mit zu Beginn 72 Unternehmen das Projekt "Positiv arbeiten" ins Leben gerufen. Weitere Arbeitgeber werden dazu aufgerufen, sich gegen Diskriminierung von HIV-positiven Menschen einzusetzen und sie wie alle anderen zu behandeln. Denn die Krankheit habe keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, hieß es bei der Vorstellung zum Welt-Aids-Tag am Dienstag.

"Leider gibt es in der Bevölkerung immer noch viele Ängste und Unsicherheiten", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zu Beginn der Pressekonferenz in einem Video-Statement. Deshalb sei es wichtig zu informieren, aufzuklären und die unbegründeten Ängste der Menschen zu nehmen. "HIV ist im Alltag kein Thema", fügte Manfred Rupp, Projektleiter und Geschäftsführer der Aids-Hilfe Steiermark, an. Dennoch sei Ausgrenzung für viele Menschen im Berufsleben alltäglich, wogegen die Initiative vorgehen möchte. "Solange das nicht in die DNA der Betriebe reingekommen ist, besteht eine unterschwellige Diskriminierung", sagte Rupp.

Mit IBM und SAP treten zwei große Arbeitgeber in Österreich bereits seit mehreren Jahren gegen die Ungleichbehandlung ein und sind Teil des Projekts. "Es bedeutet für uns eine Anerkennung und Wertschätzung gegenüber den Menschen", sagte Patricia Neumann, Geschäftsführerin von IBM Österreich. "Diese vollkommene Gleichstellung von HIV-positiven Personen ist wirklich ein zentrales Element", fügte Christoph Kränkl, Geschäftsführer von SAP Österreich, an. Denn es sei medizinisch längst klar, dass kein Unterschied zwischen Menschen mit und ohne HIV bestehe.

"Wenn man einem Thema kein Gesicht gibt, verliert es natürlich an Sichtbarkeit", betonte Jörg Beißel, der eine von vielen Personen ist, die die Kampagne repräsentieren. Der Schritt, sich zu outen, stelle für viele Menschen eine Herausforderung da, weil niemand genau wisse, wie das Umfeld reagiere. "Es ist extrem wichtig, dass wir uns sicher fühlen und wieder Boden unter den Füßen haben", sagte Beißel. "Wenn man immer geheimnisvoll tun muss, dann kann man auch nicht richtig abliefern", ist sich Andreas Krenn sicher, der ebenfalls ein Gesicht der Kampagne ist.

Unter anderem haben bereits die ÖBB, A1, die TU Wien und der Getränkehersteller Almdudler die "Deklaration für Respekt und Selbstverständlichkeit" der Aids-Hilfen unterzeichnet.

(APA/Red.)

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