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Weiter Kritik an neuen Coronagesetzen von Anschober

"Verbesserungsvorschläge" kamen auch aus anderen Ministerien.
"Verbesserungsvorschläge" kamen auch aus anderen Ministerien. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Die neue Novelle der Coronagesetze aus dem Gesundheitsministerium wird von allen Seiten kritisiert. Verbesserungsvorschläge kommen auch aus der Regierung selbst.
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Die Begutachtungsfrist für die geplante Novelle der Corona-Gesetze endet am heutigen Freitag. Der Entwurf von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zu Änderungen am Epidemiegesetz und am Covid-19-Maßnahmengesetz stößt auch zum Abschluss der Frist weiter auf Kritik. Nicht nur Arbeiter- und Wirtschaftskammer gaben Stellungnahmen ab, sondern auch aus zwei Ministerien kamen Verbesserungsvorschläge.

Das Finanzministerium bittet das Gesundheitsministerium etwa um eine Abschätzung der finanziellen Auswirkungen bezüglich der geplanten Entlastung der Gerichte und der geänderten Strafbestimmungen. Das Wirtschaftsministerium meint, der Entwurf könnte in verschiedenen Bereichen zu Missverständnissen führen, empfiehlt daher Konkretisierungen und spricht in seiner Stellungnahme von "Kann-Bestimmungen".

"Kompetenzwirrwarr" bei Gesetzen

Die Arbeiterkammer sieht in dem neuen Entwurf erneut zu große Spielräume für das Verhängen von Ausgangssperren und ortet ein "Kompetenzwirrwarr", das Rechtsunsicherheit schaffen könnte. Gefordert werden von der Interessensvertretung daher eine sinnvoll strukturierte Verordnungskompetenz der verschiedenen Ebenen - damit nicht Minister, Landeshauptleute und Bezirkshauptleute verschiedene Maßnahmen verordnen können -, eine einheitliche Kundmachung für die Verordnungen und einen gesammelten Überblick über die Rechtsnormen, die im jeweiligen Bundesland gelten.

Die verpflichtende Kundendatenerhebung von Veranstaltern und Unternehmen zum Zwecke des "Contact Tracing" sieht die Arbeiterkammer ebenfalls kritisch. Unklar sei demnach, welche Daten gemeint sind, wer sie sammeln muss und wie diese gespeichert werden sollen. Für diese Punkte wünscht sich die Arbeiterkammer klare Kriterien, wie sie in ihrer Stellungnahme schreibt.

Wirtschaftskammer gegen "Gastro-Listen"

Klarheit fordert auch die Wirtschaftskammer. Sie sieht in dem Vorhaben, Kontaktdaten von Gästen, Besuchern, Kunden und Mitarbeitern für 28 Tage aufzubewahren und den Gesundheitsbehörden im Anlassfall zur Verfügung zu stellen, einige Schwierigkeiten. Angeregt wird in der WKO-Rückmeldung zum Gesetzesentwurf sogar die Streichung der Datenerhebung, "da sie ihren Zweck nicht erfüllen kann und der Aufwand für Unternehmen in keinem Verhältnis zum Nutzen steht".

Allgemein sind der Wirtschaftskammer die Verpflichtungen in der vorliegenden Fassung "zu bürokratisch". Sie werden als nicht zielführend gesehen und würden die Betriebe belasten - "sowohl administrativ als auch finanziell", heißt es.

Überarbeitung der Novelle verlangt

Eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfs verlangte am Freitag auch die Kinder- & Jugendanwaltschaft Wien. Die Organisation fordert, dass die Lebenssituationen von Kindern explizit Berücksichtigung findet und vermisst bisher eine Prüfung des Kinderwohlvorrangs.

SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim fürchtet erneut eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof, sollte der Entwurf nicht mehr überarbeitet werden, teilte sie am Freitag mit. In der geplanten Novelle werde "auf problematische Weise in die Grundrechte eingegriffen", kritisierte sie per Aussendung und nannte Freiheitsbeschränkungen, das Versammlungsrecht, den Datenschutz oder die Weitergabe von Kontaktdaten als Beispiele.

Regierung signalisiert Kooperationsbereitschaft

Nachdem es bereits in den vergangenen Tagen zu zahlreiche Beschwerden über den vorliegenden Gesetzesentwurf gekommen war, hat Gesundheitsminister Anschober die Klubobleute der Parlamentsparteien für kommende zu Gesprächen über das Corona-Gesetz eingeladen. Dabei soll die in der Begutachtung vorgebrachte Kritik erörtert werden, hieß es bereits am Donnerstag.

Die Regierung signalisierte zuletzt jedenfalls, den Kritikern in einigen Punkten entgegenkommen zu wollen. So könnte es etwa doch noch zu einer besseren Einbindung des Parlaments, etwa über den Hauptausschuss, kommen, hieß es aus Regierungskreisen.

Kurz kündigt stärkere Einbindung des Parlaments an

Die vom Gesundheitsministerium erlassenen Verordnungen und geplanten Gesetze zur Bekämpfung der Coronapandemie sorgen immer wieder für heftige Kritik. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nahm das vom grünen Minister Rudolf Anschober geführte Ressort am Freitag in Schutz. "Das Gesundheitsministerium versucht eine solide gesetzliche Basis zu schaffen, wir gehen auf die Kritik ein."

Das Ziel sei es, demokratiepolitische Aspekte zu berücksichtigen, aber gleichzeitig auch den Behörden im Kampf gegen die Pandemie Handlungsmöglichkeiten zu geben. Er sei optimistisch, bei den geplanten Novellen zum Covid-Maßnahmengesetz und Epidemiegesetz zu guten Lösungen zu kommen. Dazu soll der ständige Unterausschuss des Hauptausschusses eingebunden werde. Anschober hat bereits angekündigt, die Klubobleute der Parlamentsparteien zu Gesprächen zu laden.

Das Gesundheitsministerium greife zudem verstärkt auf den Verfassungsdienst zurück, sagte Kurz auf die Frage nach möglichen Konsequenzen aus dem Gesetzemurks der letzten Monate.

Neues Krisengesetz angekündigt

Der Kanzler kündigte in seiner Erklärung am Freitag zudem ein neues Krisengesetz an. "Corona hat das letzte halbe Jahr uns als Politik sehr herausgefordert und viele öffentliche Institutionen an ihre Grenzen gebracht. In manchen Situationen haben wir gesehen, dass wir eine bessere gesetzliche Grundlage für rasches und effektives Handeln in Krisenzeiten brauchen. Wir werden daher als Bundesregierung ein neues Krisensicherheitsgesetz erarbeiten." Das neue Gesetz soll eine moderne Grundlage für abgestimmtes Handeln einzelner Behörden aber auch unbürokratische Beschaffungsvorgänge ermöglichen, "damit wir für die nächste Herausforderung gerüstet sind - ganz gleich ob es sich um eine Pandemie, einen Terroranschlag oder einen Cyberangriff handelt", so Kurz.

(APA/red)

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